Wespenplage Wespen bei Hitze stärker auf Menschen fixiert

Derzeit beschweren sich viele Bürger über Wespen. Experten wie Martin Sorg vom Entomologischen Verein in Krefeld mahnen zu Gelassenheit. Die Tiere seien nicht per se aggressiv und wären ob der derzeitigen Trockenheit vor allem auf der Suche nach Wasser.

 Hornissen stünden zu Unrecht in schlechtem Ruf. Ihr Stich sei nicht schlimmer als der einer Wespe. Ferner seien sie keineswegs aggressiv gegen Menschen, sagt Experte Martin Sorg.

Hornissen stünden zu Unrecht in schlechtem Ruf. Ihr Stich sei nicht schlimmer als der einer Wespe. Ferner seien sie keineswegs aggressiv gegen Menschen, sagt Experte Martin Sorg.

Foto: ddp

Es erscheint derzeit vielen Bürgern, als sei Krefeld, oder gar Deutschland, fest in der Hand einer Wespenplage. Entsprechend stehen die Telefone der Beratungsstelle, die die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Entomologischen Verein betreibt, kaum still. Die scheinbare Plage sei aber eigentlich gar nicht vorhanden, sagt Insektenforscher Dr. Markus Sorg. „Wir haben noch keine belastbaren Zahlen, denn die Auswertung unserer Fallen erfolgt erst im Herbst. Aber meiner Einschätzung nach gibt es in diesem Jahr nicht mehr Wespen als sonst. Sie verhalten sich nur anders“, erläutert er. Die Dürre bringe die Tiere dazu, besonders eifrig nach Wasser zu suchen. Das sei aber in Dürrezeiten vor allem da, wo Menschen sind: an Häusern, in Gärten und natürlich auch an Seen.

Ist dieses Wasser dann auch noch verbunden mit Zucker, wie in Softdrinks, dann sei das für die Tiere besonders anziehend. „Wespen jagen eigentlich andere Insekten und sind damit Nützlinge. Aber die Beute ist vor allem als Futter für die Larven und damit das Nest gedacht. Das Individuum braucht vor allem Zucker für seine Versorgung. Den findet es in Blüten, aber auch bei Blattläusen und so weiter. In Zeiten der Trockenheit ist aber auch hier weniger Wasser, weshalb zuckerhaltige Getränke eine enorme Anziehung haben“, sagt Andrea Funke von der Unteren Naturschutzbehörde Krefeld.

Dabei sei aber Panik völlig fehl am Platze. „Eigentlich gibt es nur zwei Wespenarten, die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe, die überhaupt scheinbar aggressives Verhalten zeigen. Dies sind aber auch die mit Abstand häufigsten. Die anderen Arten sind noch viel friedfertiger und haben oft nur wenige hundert Individuen in ihren Nestern“, sagt Sorg. Viele Arten seien auch so selten, dass sie unter strengem Naturschutz stünden. Wichtig sei, nicht in Panik zu geraten. Die Tiere ließen sich mit langsamen Bewegungen gut vertreiben. „Wespen greifen Menschen nicht an. Sie haben kein Interesse, uns zu stechen“, sagt der Experte. Stiche seien eigentlich immer Unfälle oder Missverständnisse.

 Martin Sorg, Andrea Funke und Marian Amend (v. l.) gaben gestern Tipps zur Verhaltensweise gegenüber Wespen, Hornissen, Bienen und anderen Insekten.

Martin Sorg, Andrea Funke und Marian Amend (v. l.) gaben gestern Tipps zur Verhaltensweise gegenüber Wespen, Hornissen, Bienen und anderen Insekten.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Einzige Ausnahme: Sehen die Tiere ihr Nest bedroht, greifen sie an. „Aber auch hier ist Panik fehl am Platze. Auch einen Meter oder weniger vom Nest entfernt nehmen sie einen Menschen nicht als Bedrohung wahr. Das Nest anzufassen oder mit einem Stock hineinzustechen, löst aber einen sofortigen Angriff aus“, sagt er. Dann könne es, je nach Art und Witterung, bis zu einer Stunde dauern, bis das Volk sich wieder beruhigt habe. Die Devise lautet also: Leben und leben lassen.

Nur in seltenen Fällen sei es nötig, ein Nest zu entfernen. „Ist beispielsweise eines in Fußhöhe direkt neben der Tür, dann ist das eventuell ein Problem“, sagt Funke. Im Normalfall reichten aber einfache Verhaltensänderungen aus, um sicher zu sein. „Wir dürfen nicht vergessen, dass es Wildtiere sind, auf die man sich eben einstellen muss“, gibt Sorg zu bedenken. Ganz schlecht sei, die Nester auf eigene Faust beseitigen zu wollen. Dem pflichtet auch Marian Amend vom Krefelder Imkerverein bei. „Die Menschen kommen auf die verrücktesten Ideen. Manche haben sich schon das Haus angezündet oder sich selbst vergiftet“, sagt er.

Überdies würden auch viele Menschen Nester ganz falsch identifizieren. „Manche rufen wegen eines Wespennestes an. Am Ende sind es dann Hummeln oder Wildbienen, die vollkommen friedlich sind“, sagt der Imker. Alle drei Experten stimmen überein, dass ein Anruf schon viele Fragen klären kann. Meist reicht eine Beratung aus. Die Anzahl der Flugbewegungen pro Minute, die Beschaffenheit des Nestes, dessen Lage, das sind Indizien, die die Art bestimmen helfen. Hier lassen sich in den meisten Fällen Maßnahmen sofort ableiten.

 Manche Anrufer bei der Hotline hielten aus Unkenntnis friedliche Hummeln für Wespen oder Hornissen, berichten die Fachleute.

Manche Anrufer bei der Hotline hielten aus Unkenntnis friedliche Hummeln für Wespen oder Hornissen, berichten die Fachleute.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte
 Wespen sind derzeit für viele Bürger ein Ärgernis. Eine Plage gebe es aber nicht, die Trockenheit bewirke laut den Experten eine Verhaltensänderung.

Wespen sind derzeit für viele Bürger ein Ärgernis. Eine Plage gebe es aber nicht, die Trockenheit bewirke laut den Experten eine Verhaltensänderung.

Foto: Busch, Franz-Heinrich (bsen)/Busch, Franz Heinrich (bsen)

Allerdings werben sie ebenso unisono um Verständnis, dass nicht immer sofort jemand zu erreichen sei. „Wir machen auch Ortstermine. Und eine Beratung führen wir zu Ende, auch wenn es in der Leitung anklopft“, sagt Sorg. Immerhin sei es nie ein akutes Problem, die Nester seien seit dem Frühjahr angelegt. „Wir sind nicht die Feuerwehr, wo es auf Minuten ankommt“, sagt er schmunzelnd. Übrigens: Hornissen, die weit größer sind und bedrohlich wirken, griffen eigentlich nie Menschen an, die ihre Nester in Ruhe ließen. Sie jagen auch Wespen und vertreiben sie eher. Ein Stich einer Hornisse sei übrigens entgegen landläufiger Meinung nicht schlimmer als der einer Wespe. Und: Ein Nest erhöhe nicht die Zahl der Wespen im Garten. Das Jagdrevier sei bei allen Insekten mehrere hundert Meter im Radius, meist werde nicht ums Nest herum gejagt, sondern ab 50 bis 500 Metern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort