Wochenkommentar Warum es schade um die Hauptschule ist

Krefeld · Der Krefelder Schulkonsens, wie er im Schulentwicklungsplan fraktionsübergreifend verabschiedet wurde, besiegelt das Aus für die Hauptschule.

Sogar die Hauptschulen selbst haben am Ende dafür plädiert — nicht weil sie schlechte Bildungsarbeit abgeliefert hätten, sondern weil sie das Gefühl hatten, gegen den schlechten Ruf dieser Schulform in der Elternschaft nicht mehr anzukommen — egal wie gut die Arbeit war, die sie leisteten. Die Hauptschulen sind demnach mehr an einer PR-Katastrophe als an der Realität in den Schulen gescheitert — und eben das ist beunruhigend, denn es bedeutet: In der Realität ist noch nichts gewonnen. Nichts wird gut, nur weil es keine Hauptschulen mehr gibt.

Es ist schon Ironie der Geschichte, dass das Ende der Hauptschule in Krefeld zu einem Zeitpunkt eingeläutet wird, an dem die Kreishandwerkerschaft dieser Schulform bescheinigt, einen Sprung nach vorn gemacht zu haben. Die Hauptschule hat ein feines Instrumentarium der Begabungs- und Berufsvorbereitung entwickelt, mit dem Schüler tatsächlich vorankommen. Die Kreishandwerker appellieren daher fast flehentlich, dieses Instrumentarium nicht auch untergehen zu lassen. Man kann nur hoffen, dass sie gehört werden.

Hauptschulen sind kleine Einheiten von 200 Schülern — Gesamtschulen haben mehr als 1000 Schüler. Es wird sich noch zeigen, ob diese Großsysteme so intensiv mit Hauptschülern arbeiten werden, wie es Hauptschulen zu tun gelernt haben. So steht die Gesamtschule eigentlich erst jetzt wirklich vor der Nagelprobe ihrer Leistungsfähigkeit: Bisher war das Interesse stark auf das Abitur-Niveau an Gesamtschulen konzentriert. Nun wird sich die Aufmerksamkeit mindestens genauso auf die Bildungsschicksale von Hauptschülern richten.

Man darf nicht vergessen: Die Lage der Krefelder Gesamtschulen war bislang relativ komfortabel. Bei der Fülle an Anmeldungen konnten sie sich ihre Schüler aussuchen. Eben das konnten die Hauptschulen nie: Aufgenommen wurde, wer kam; sie haben wirklich kein Kind verloren gegeben und auch mit dem schwierigsten gearbeitet. Die Gesamtschulen müssen erst noch beweisen, dass sie eben das so erfolgreich, so intensiv, so ambitioniert machen, wie es die Hauptschulen mittlerweile tun.

Die Erfahrungen aus der Wirtschaft legen ohnehin längst nahe, dass erfolgversprechend nicht die 180. Schulsystem-Änderung ist, sondern Anstrengungen im Schule-Beruf-Übergangsfeld. Das Starthilfe-Programm im Uerdinger Chempark hat auch eine deprimierende Botschaft: Selbst Jugendliche mit ordentlichen Abschlüssen bekommen keine Lehrstelle; erst das Starthilfe-Training, das eng am Beruf orientiert ist, macht ihre Fähigkeiten sichtbar. Das heißt ja wohl: Ein Zeugnis ist ein trügerischer Kompass; erst der Kontakt mit der Realität in den Unternehmen legt offen, was in einem Kandidaten steckt.

Das ist eine Lektion, die ausgerechnet die Schulform am besten gelernt hat, die wir jetzt abschaffen: die Hauptschule. Die Schüler bleiben dieselben; manche von ihnen haben ein schweres Päckchen zu tragen. Man kann nur hoffen, dass Gesamtschulen ersetzen können, was die Hauptschulen an Bildungs- und Erziehungsarbeit leisten.

Ausgemacht ist das noch nicht.

(RP/jco)
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