Missbrauchsvorwürfe in Krefeld Waldorf-Kita kündigt Gegengutachten an

Krefeld · Der Vorstand stellt sich hinter zwei ehemalige Mitarbeiterinnen: Es habe weder sexuellen Missbrauch von Kindern noch brutale Erziehungsmethoden gegeben. Vielmehr seien die Kinder unglaubwürdig.

 Die Waldorfkindergärten an der Kaiserstraße (Foto) und an der Kreuzbergstraße sind am 26. Juni 2012 von der Staatsanwaltschaft durchsucht worden.

Die Waldorfkindergärten an der Kaiserstraße (Foto) und an der Kreuzbergstraße sind am 26. Juni 2012 von der Staatsanwaltschaft durchsucht worden.

Foto: T.L.

In einer dreiseitigen Stellungnahme hat der Vorstand des Rudolf Steiner Waldorfkindergartens gestern Abend alle Vorwürfe um angeblichen sexuellen Missbrauch und brutale Erziehungsmethoden von zwei Mitarbeiterinnen zurückgewiesen und angekündigt, ein Gegengutachten zu dem der Staatsanwaltschaft vorzulegen, in dem die Berichte der Kinder als teilweise glaubhaft bewertet wurden. Der Vorstand wirft der verantwortlichen Psychologin vor, "leider die besondere Problematik der Verhaltensauffälligkeiten der Kinder nicht" zu berücksichtigen. So weise das Gutachten "erhebliche Angriffspunkte" auf. Unterm Strich sieht sich der Kindergarten als Opfer einer Kampagne von "zehn bis elf Personen".

Der Vorstand wirft der Gutachterin vor, bestimmte Schilderungen der Kinder nicht zu berücksichtigen: "Schilderungen wie z. B., sie hätten den Kindergarten angezündet, dabei seien alle Kinder verbrannt, oder im Garten der Einrichtung befände sich ein Tunnel, in dem ein Hund wohne, werden im Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Kinder nicht berücksichtigt", heißt es in der Erklärung.

Auffällig bei den beiden Kindern, die angeblich Opfer von Übergriffen geworden sein sollen, sei "eine aggressive, gewaltdurchsetzte Phantasievorstellung, mit der sie auch anderen Kindern Angst einflößten", gewesen. Sogar Erzieher seien mit Schlägen, Tritten und Besteck attackiert worden. Nach Rücksprache mit einem Arzt und den Erziehungsberechtigten seien aus heilpädagogischen Gedanken heraus "Fußeinreibungen", später Bauchmassagen vorgenommen worden. Beide Maßnahmen seien nach wenigen Anwendungen auf Anraten einer Psychologin wieder eingestellt worden, und zwar "wegen der körperlichen Distanzlosigkeit des Kindes". Ein Junge habe dazu geneigt, "sich gerne auszuziehen und sich häufig im Genitalbereich anzufassen"; laut Therapeutenbericht "zeige dieses Verhalten ein ständiges Ausloten des Körperschemas durch taktile Wahrnehmungsreize" — die Einreibungen wurden vor diesem Hintergrund offenbar als wirkungslos eingestuft.

Der Vorstand betont weiter, dass er Vorwürfen gegen die Erzieherinnen durch Eltern umgehend und umfassend nachgegangen sei und auch die Elternschaft darüber informiert habe. Vorwürfe, die Kinder seien im Keller eingesperrt worden, oder Berichten über Drohungen, eine fleischfressende Schlange bewache den Kindergarten, oder über Strafen, bei denen Hände unter heißes Wasser gehalten worden seien, seien "durch Befragungen anderer Erzieher und Eltern" untersucht worden; die Vorwürfe hätten sich nicht bestätigen lassen. Danach sei Strafanzeige gegen die Eltern erstattet und das Jugendamt informiert worden.

Die Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft im Juni 2012 habe kein belastendes Material ergeben: "Die Durchsuchungsbeamten konnten sich davon überzeugen, dass Kellerräume nicht abschließbar sind, die Wassertemperatur so niedrig eingestellt ist, dass lediglich handwarmes Wasser zur Verfügung steht." Ausdrücklich bekräftigt der Vorstand: "Zu keinem Zeitpunkt wurden Kinder in einem Keller eingesperrt. Auch werden keine Angst einflößenden Geschichten erzählt. In der Einrichtung werden auch keine Kinder auf den Tisch gestellt, um um Verzeihung zu bitten. Alleine den moralischen Begriff der Verzeihung verwenden wir in unserer Pädagogik nicht."

Die beiden Mitarbeiterinnen seien auch nicht infolge der Beschuldigungen suspendiert worden; "vielmehr haben beide Mitarbeiterinnen in der Zwischenzeit ihre Arbeitsverhältnisse aus eigenem Entschluss gekündigt", so die Erklärung weiter.

(vo)
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