Zum Tage Von Wahlen und Verlierern

Krefeld · Das Abstimmungsergebnis ist deutlich unter den Erwartungen geblieben. Ob der Gewählte darauf aufbauen kann, muss bezweifelt werden. Das Vertrauen in seine Führungsfähigkeiten ist fraglich."

 Dieter Hudasch ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Uerdingen

Dieter Hudasch ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Uerdingen

Foto: Lammertz Thomas

Solche oder ähnliche Kommentare höre ich nach Wahlen oder Abstimmungen immer öfter. Da werden aktuelle Abstimmungsergebnisse mit früheren verglichen; da werden vergangene Taten aktuellen Problemen gegenübergestellt. Und die Menschen fallen durch.

Ich frage mich, ob jede Wahl und jede Abstimmung bessere Ergebnisse bringen muss als die vorherige. Was ist, wenn die berühmten 100 Prozent erreicht sind? Müssen es dann beim nächsten Mal 110 Prozente sein?

Und die Menschen, die falsch gehandelt haben, sind dann "weg vom Fenster", werden zur Unperson, mit denen keiner mehr redet.

Welches Licht wirft dieses Verhalten auf uns Menschen in Deutschland? Und wie sehen insbesondere wir Christen aus?

Wenn die frühen Taten des Paulus keine "Jugendsünden" waren, sondern seine Einstellung und Überzeugung sich in seiner Ausbildung und dann in seiner Arbeit (Christen zu verfolgen) immer wieder bestätigt haben, dann hätte er bei der Suche nach einem Missionar gar nicht in die engere Wahl kommen dürfen.

Beim Blättern in der Bibel finde ich viele auf diese Art "belasteten" Menschen.

Gott lässt "Gescheiterte" nicht fallen. Er gibt ihnen eine neue Chance. Wer solche Erfahrungen von Niederlagen gemacht hat, der kennt sich anders aus im Leben als die, die immer nur Sieger sind, der weiß: Zum Leben gehören Fehler dazu, die Bibel nennt Menschen Sünder. In den Augen Gottes gehört dazu auch die Vergebung: Ich kann neu anfangen und muss mich nicht festlegen lassen auf ein Wort, das ich einmal gesagt habe. Und ich kann mein Verhalten ändern. Ich muss es nur wollen.

Paulus hat diese Umkehr geschafft. Und ich glaube, viele andere können das auch.

Dann müssten wir das doch auch schaffen: Menschen als Menschen sehen - mit ihren Fähigkeiten und Grenzen. Und dann sollten wir ihnen auch so begegnen und auch so über sie sprechen.

Die Passionszeit bietet viele Möglichkeiten, diese Art des Umgangs miteinander einzuüben: über Menschen, die ein falsches Wort gesagt oder einen Fehler gemacht haben, nicht abwertend zu reden, sie nicht wegzuschieben auf das "Abstellgleis" oder auf den "Abfallhaufen".

"Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie", sagt Jesus (Johannes 8,7).

Ich wünsche eine nachdenkliche Passionszeit.

(RP)
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