Kunst in Krefeld Die Pop-Farben des Jazz

Krefeld · Malerei und Jazz waren die großen Leidenschaften von Sigi Oberlaender. Der verein Kunst und Krefeld erinnert mit einer Ausstellung an den Künstler. Sein „Jazz“-Zyklus ist von der Pop Art inspiriert.

 Die Weggefährten Paul Janßen (l.) und Rudi Walde vor dem Bild „Riverside Jazz Band“ von Sigi Oberländer.

Die Weggefährten Paul Janßen (l.) und Rudi Walde vor dem Bild „Riverside Jazz Band“ von Sigi Oberländer.

Foto: Petra Diederichs

Die Geschichte beginnt im Frühjahr 1951. Sigi Oberlaender ist neun Jahre alt und zieht mit seinen Eltern nach Krefeld. 1943 ist die Familie aus Polen nach Deutschland umgesiedelt und wohnte zunächst bei Nürnberg. „In der Flüchtlingssiedlung am Korekamp waren wir Nachbarn. Sigi und ich sind schnell Freunde geworden“, erzählt Rudi Walde. Die Freundschaft hielt durch die Schulzeit und die Lehrjahre als technische Zeichner. Beide waren strebsam und absolvierten die Ingenieursschule für Maschinenwesen (heute Hochschule Niederrhein). Dort stieß Paul Janßen dazu. Das Kleeblatt war komplett. Auch als Sigi Oberlaender beruflich ins Ausland ging, sich schließlich in Florida endgültig niederließ, blieb der Kontakt der Drei bestehen.  Es ist ein Freundschaftsdienst, dass Walde und Janßen sieben Jahre nach Oberlaenders Tod ein Teil von ihm nach Krefeld zurückbringen: den 14-teiligen Gemälde-Zyklus „Jazz“, der an den Verein Kunst und Krefeld ging und ab Sonntag in der „Alten Post“ ausgestellt wird.

Malerei und Jazz waren die großen Leidenschaften Oberlaenders. „Seine Mutter sagte, er sei mit dem Bleistift im Mund geboren worden“, erinnert sich Janßen. Seine Schulhefte dekorierte er mit Cowboys, Rittern und Disney-Figuren; später hielt er Lehrer, Ausbilder und Situationen aus dem Studienalltag mit wenigen, aber gekonnten Strichen fest. „Das hat den Zusammenhalt  gefördert“, sagt Janßen.

 Sigi Oberlaender hat seine Idole gemalt: Charlie Parker

Sigi Oberlaender hat seine Idole gemalt: Charlie Parker

Foto: Petra Diederichs

Ein Bild gegenüber der Eingangstür zeigt die Riverside Jazzband. Eine Erinnerung an die Krefelder Jugendjahre. Sigi und Freund Rudi wollten damals Jazz spielen – wie die Vorbilder aus USA. „Daran war so kurz nach dem Krieg nicht zu denken, wir hatten doch keine Instrumente“, erzählt Walde. Deshalb gründeten die 15-Jährigen über die evangelische Gemeinde Oppum ein Posaunencorps. Das war die Geburt von Oberlaenders erster Jazzcombo, der Riverside Jazzband. Auch in den USA gehörte er Jazzformationen, zum Teil mit großem Erfolg, an.

 Billie Holiday, eine Ikone des Blues.

Billie Holiday, eine Ikone des Blues.

Foto: Petra Diederichs

Wie sehr er die Musik fühlte, zeigen die Bilder, die jetzt in der Alten Post zu sehen sind: Acrylfarbenräusche, denen der Pinsel einen swingartigen Rhythmus gibt. Seine Idole hat Oberlaender inspiriert von der Pop Art in Acryl auf Leinwand und Papier verewigt: Billie Holiday, Miles Davis, Dizzie Gillespie, Mr. Acker Bilk, Charlie Parker – und George Harrison. Alle sind in Aktion zu sehen, in ihrem Element in der Musik. Die Bilder wirken wie Momentaufnahmen, wie Stills aus einem Musikvideo, die mit Temperament und Wucht coloriert sind. Wer die Malerei ansieht, spürt, wie der Sound geklungen haben muss.

 Ex-Beatle George Harrison bei einem flammenden Solo

Ex-Beatle George Harrison bei einem flammenden Solo

Foto: Petra Diederichs

Oberlaender hat keine akademische Ausbildung gehabt, weder für die Kunst noch für die Musik. Aber die Leidenschaft, mit der er sich ausprobiert und weiterentwickelt hat, ist eine Kraft, die auch diesen Arbeiten, die in den 2000er Jahren in Florida entstanden sind, innewohnt. „Er hatte ja auch die Freiheit, dass er durch seinen Beruf finanziell gesichert war und in der Welt herum kam. Da war er vielen freien Künstlern gegenüber im Vorteil“, erklärt Janßen. Aber Oberlaender gab vieles zurück: Als er 1966 wegen einer schweren Krankheit seinen Beruf aufgeben musste, hat er sich der Malerei und der Musik ganz verschrieben und diese Leidenschaft in soziale Projekte in Schulen, Jugendzentren und Gefängnissen eingebracht.

Es ist die erste Oberlaender-Einzelausstellung in Krefeld und eine Gelegenheit, ihn zu entdecken – als Maler und durch seine Bilder auch ein bisschen als Musiker.

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