In Krefeld stehen Keller unter Wasser, Autos in überfluteten Unterführungen Unwetter in Krefeld – Schule überschwemmt

Krefeld · Das Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium wurde in Teilen überflutet, der Unterricht fällt aus. Bis zwei Uhr in der Nacht waren bereits mehr als 2000 Anrufe in der Leitstelle der Feuerwehr eingegangen, davon mehr als 800 Notrufe.

 Der Innenhof der Kulturfabrik stand komplett unter Wasser. Der Biergarten ist weggespült worden.

Der Innenhof der Kulturfabrik stand komplett unter Wasser. Der Biergarten ist weggespült worden.

Foto: Kultzrfabrik Krefeld/Kufa

Ein außergewöhnlich intensiver Starkregen, der am Abend und in der Nacht zu Mittwoch über dem mittleren und südlichen Stadtgebiet niederging hat für hunderte vollgelaufene Keller und überflutete Straßen gesorgt. Es entstanden erhebliche Sachschäden. Das Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium an der Johannes-Blum-Straße – zwischen Innenstadt und Fischeln im Bereich Königshof – wurde in Teilen überflutet, der Unterricht fiel am Mittwoch aus. „Große Teile des Schulgebäudes sind voll Wasser gelaufen und daher nicht benutzbar“, hieß es auf der Homepage des Gymnasiums. Das Wasser sei durch die Türen ins Souterrain und in den Keller der Schule geflossen, sagt Schulleiter Olaf Muti. „Das Wasser stand teilweise knietief und lief wie in Bächen über die Treppen“, ergänzt der stellvertretende Schulleiter Stefan Holl, der noch in der Nacht durch die Hausmeister verständigt worden war und später dann einen Frosch aus den Wassermassen rettete. Insgesamt seien zwölf Räume des Gymnasiums sowie der Keller betroffen. Jetzt wird noch geprüft, ob die Gebäudetechnik in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Vor allem werden die Stromleitungen überprüft“, sagt Holl. Unterricht wird bis zu den Ferien dort nicht mehr stattfinden. „Im diesem Fall müssen wir die Schüler dann am Freitag auf den Schulhof bestellen und dort die Zeugnisse aushändigen. Als hätte der ganze Ärger um Corona nicht schon gereicht.“ Genaueres werde die Schule über ihre Internetseite www.msm-krefeld.de bekannt geben. Bis mindestens Freitag ist auch der Standort Alte Flur  der Bodelschwingh-Schule geschlossen. Auch dort war es – nach Aussage von Baudezernnet Marcus Beyer – zu Wassereinbrüchen gekommen. Zu leichteten Schäden sei es an rund 70 städtischen Gebäuden gekommen.

Am Vormittag war das Wasser nach Angaben der SMG-Schulleitung größtenteils von selbst wieder abgeflossen. „Die Feuerwehr hat es in der Nacht gar nicht bis zu uns geschafft“, erklärt Muti. Die Einsatzkräfte wurden angefordert, um im Laufe des Tages das noch im Keller stehende Wasser abzupumpen. Mittwochfrüh sei dann ein Reinigungstrupp der Stadt vor Ort gewesen, um einen Teil der Schäden zu beseitigen. Größere Schäden gab es auch an weiteren Stellen: So sind beispielsweise bei einem Küchenstudio Teile des Daches eingestürzt, da dieses den Wassermassen nicht mehr standhalten konnte. Zahlreiche Tiefgaragen liefen bis zur Decke voll mit Wasser, eine Straße wurde unterspült.

Die gesamte Feuerwehr Krefeld, die Hilfsorganisationen DRK, MHD und THW sowie überörtliche Kräfte aus den Kreisen Neuss, Viersen und der Stadt Duisburg halfen bei der Beseitigung der größten Wassermassen. „Es sind nur leichte Personenschäden zu vermelden, hauptsächlich Prellungen, aber auch ein Knochenbruch, die in erster Linie aufgrund von Stürzen in den Wassermassen entstanden sind“, so ein Sprecher der Wehr noch in der Nacht.

 Auch die Kulturfabrik hat es getroffen.  Der Innenhof und Teile der Sanitäranlagen sind voll Wasser gelaufen. „Der Bodenbelag des Biergartens ist in der gesamten Nachbarschaft verteilt worden, im Innenhof stand das Wasser zeitweilig 30 Zentimeter hoch“, berichtet Kufa-sprecherin Katharina Schneider-Bodien. Mindestens am Donnerstag und Freitag soll der jüngst erst neu gestaltete Biergarten geschlossen bleiben. „Binnen kürzester Zeit erreichten uns zahlreiche Hilfsangebote von Gästen, die aufgrund der anhaltenden Corona-Situation leider abgelehnt werden mussten. Die Mitglieder und Angestellten arbeiten nun mit vereinten Kräften am Wiederaufbau.“

Der Himmel über der Seidenstadt öffnete quasi mit dem Ausscheiden des deutschen Teams bei der Fußball-Europameisterschaft seine Schleusen. Kurz nach 20 Uhr begann der Regen über Krefeld niederzugehen, steigerte sich sehr schnell, Straßen verwandelten sich in Sturzbäche, die Aufnahmekapazitäten der Kanalisation und Wasserabflüsse im Stadtgebiet waren überfordert. Bis zwei Uhr in der Nacht waren bereits mehr als 2000 Anrufe in der Leitstelle der Feuerwehr eingegangen, davon mehr als 800 Notrufe, die bis zu dem Zeitpunkt bereits 500 Einsatzstellen zur Folge hatten.

Hauptsächlich im Süden der Stadt waren hunderte Keller zum Teil bis zum Erdgeschoss voll Wasser gelaufen. Mehrere Anrufer meldeten, dass sie mit ihren Fahrzeugen in überfluteten Unterführungen, aber auch auf der offenen Straße in den Wassermassen stecken geblieben waren und sich nicht mehr aus eigener Kraft aus den Fahrzeugen befreien konnten. Vertrackt war die Situation in der Unterführung Weiden/Hochfelder Straße. Dort sind in den Abendstunden immer wieder Autos liegen geblieben, weil das Wasser so hoch stand, dass die Luftfilter es ansaugten und die Motoren versagten.

Im Bereich der Hafelsstraße stürzte ein Teil eines Flachdaches ein, das den Wassermassen nicht mehr standgehalten hatte. Zudem fuhren die Feuerwehreinheiten zahlreiche Einsätze, die durch Nebenerscheinungen des Wetters entstanden waren, wie Rauchentwicklungen aufgrund von nässebedingten Kurzschlüssen, Gasgerüchen aufgrund aufgeschwemmter Substanzen oder Öle, Fehlalarme durch Brandmeldeanlagen oder wegen feuchter Leitungen. Noch in der Nacht waren 300 Kräfte von Feuerwehr, THW, DRK, MHD und aus den benachbarten Kreisen und Städten tätig.

Die Hilferufe rissen auch am frühen Morgen nicht ab. „Es laufen in der Leitstelle der Feuerwehr immer noch fast minütlich Einsätze auf, die auf das Unwetter zurückzuführen sind“, so ein Sprecher am Mittwochvormittag. „Von den gemeldeten Einsätzen waren zu diesem Zeitpunkt rund 130 noch nicht abgearbeitet. Bei der Menge der eingegangenen Notrufe war die Einsatzleitung gezwungen, die Einsätze zu priorisieren.“ Die Konsequenz: Bürgern mussten teils stundenlang auf Hilfe warten, da alle in Krefeld zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte im Einsatz waren oder für den Grundschutz und besonders kritische Einsätze zurückgehalten werden mussten. „Anrufer, die kleinere Schäden meldeten, mussten teilweise abgewiesen werden“, so die Einsatzleitung.

 Bis zu den Knien stand das Wasser in den Technikräumen des MSM-Gymnasiums.

Bis zu den Knien stand das Wasser in den Technikräumen des MSM-Gymnasiums.

Foto: MSM
 Auch in einige Klassenzimmer drang Wasser ein. Noch ist unklar, wann die Schule wieder öffnet.

Auch in einige Klassenzimmer drang Wasser ein. Noch ist unklar, wann die Schule wieder öffnet.

Foto: dpa/Alexander Forstreuter
 Das Wasser lief über die Stufen hinab in den Keller und überflutete dort die Flure.

Das Wasser lief über die Stufen hinab in den Keller und überflutete dort die Flure.

Foto: Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium

Da die Einheiten, die in der Nacht eingesetzt waren, dringend abgelöst werden mussten, hatte sich die Einsatzleitung frühzeitig entschieden, eine Feuerwehrbereitschaft im Rahmen der sogenannten vorgeplanten überörtlichen Hilfe NRW anzufordern. Hierbei handelt es sich um sehr leistungsfähige Einheiten, die aus rund 135 Einsatzkräften bestehen und die in relativ kurzer Zeit aus anderen Städten vorgeplant angefordert werden können. „Diese Einheiten sind in der Lage, auch größere Einsatzlagen eigenständig abzuarbeiten, und sind somit ein wichtiger Baustein im System der Gefahrenabwehr in NRW“, beschreibt Feuerwehrchef Andreas Klos die Situation. „Daher kann es durchaus sein, dass Feuerwehrfahrzeuge aus Wuppertal, Remscheid oder Solingen Einsätze in Krefeld abarbeiten.“

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