Unter Corona-Verdacht Eine Betroffene aus Krefeld erzählt

Krefeld · Melanie Hindenberg war Kontaktperson eines Corona-Infizierten, der in Bayern getestet und über das Ergebnis verspätet informiert wurde. Obwohl sie dem Gesundheitsamt des Kreises Viersen als Kontaktperson gemeldet war, kam keine Aufforderung, sich testen zu lassen und in Quarantäne zu gehen. Weil sie sich über die Nachlässigkeit der Behörden wundert, erzählt sie uns ihre Geschichte.

 Melanie Hindenberg: Nach Quarantäne und Tests steht fest, dass sie nicht mit Corona infiziert war.

Melanie Hindenberg: Nach Quarantäne und Tests steht fest, dass sie nicht mit Corona infiziert war.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Hier der Bericht von Melanie Hindenberg über den langen Weg, bis die Behörden klare Anweisungen über ihr Verhalten nach einer möglichen Corona-Infektion gegeben haben. Sie erzählt ihre Geschichte auch, um aufzuklären, wie man sich als Betroffener verhalten muss:

„Nach einem Besuch bei Freunden am Mittwoch (12. August) erreichte mich am Donnerstagabend die Nachricht, dass der Vater und ein Sohn dieser vierköpfigen Familie positiv auf Corona getestet worden seien. Dieser Test war am Freitag zuvor  (7. August) in Bayern erfolgt, und leider gehört diese Familie zu denjenigen, die von den bayerischen Behörden nicht umgehend über ihr Testergebnis informiert wurden.

Nun begann für meine Familie und mich eine Odyssee, um zu erfahren, wie wir uns richtig zu verhalten haben. Ein Anruf am Freitagmorgen beim Gesundheitsamt Krefeld ergab einen Testtermin für den Nachmittag. Auf meine Frage, ob denn der Zeitpunkt der Testung zwei Tage nach dem Kontakt mit Infizierten sinnvoll sei, wurde dies bestätigt. Weitere Informationen, was nach Erhalt des Testergebnisses zu beachten sei, sollten wir im Diagnosezentrum erhalten. Bis zum Vorliegen der Ergebnisse gelte häusliche Quarantäne. Getestet wurden wir alle vier, obwohl nur zwei von uns Kontaktpersonen sind. Im Diagnosezentrum war der Ablauf reibungslos, doch erfuhren wir dort nichts weiter mit Verweis auf das Gesundheitsamt. Am Samstag lagen unsere negativen Befunde vor. Wir blieben in Quarantäne.

Montagmorgen mein erneuter Anruf beim Gesundheitsamt: An der Corona-Hotline 86-222 erfolgte die Bitte, unsere Befunde und Daten per E-Mail an eine Kollegin zu schicken. Auf die entsprechende E-Mail erhielt ich eine automatische Antwort, dass diese bis zum 8. September im Urlaub sei. Tatsächlich rief mich kurze Zeit später ihre Vertreterin an, die meine E-Mail gelesen hatte. Frau A hörte sich unsere Geschichte an und nannte mir die Ansprechpartnerin Frau B in der Abteilung Infektionsschutz. Sie werde unsere Fragen weiterleiten und versuchen, einen gleichtägigen Rückruf von Frau B bei uns zu erwirken. Wir blieben weiter in Quarantäne.

Ein Rückruf blieb am Montag aus, am Dienstag erreichte ich über die Zentrale der Stadt Krefeld Frau B direkt. Sie war noch nicht mit unserem Vorgang betraut, konnte mir aber nach meiner Schilderung weiterhelfen. Für die beiden Kontaktpersonen gilt eine Quarantäne von 14 Tagen, für die beiden anderen gilt diese nicht – unabhängig vom negativen Testergebnis.

Diese Information ist insofern wichtig, als dass meine Tochter wieder die Schule besuchen kann und mein Mann wieder ins Büro darf. Dafür gelte im Haushalt, dass wir Abstand voneinander halten, Mahlzeiten möglichst im Freien einnehmen und das Haus gut durchlüften sollten.

Am Freitag, 21. August, werden die beiden Kontaktpersonen erneut getestet; der erste Testzeitpunkt sei tatsächlich verfrüht gewesen, hieß es; ich werde einen weiteren Anruf erhalten, in dem wir aufgefordert würden, ein Fiebertagebuch zu führen. Dieser Anruf erreichte mich erst am Mittwoch. Frau C hatte erstaunlicherweise nur meine Daten vorliegen, nicht die meines Sohnes, für den dieselben Quarantäneregeln gelten wie für mich. Sie kann nicht herleiten, warum.

Letztlich fehlt auch noch immer die Information des Gesundheitsamtes Viersen, bei dem unser infizierter Freund uns als Kontaktpersonen angegeben hat. Entweder hätte es sich an das für uns zuständige Amt in Krefeld oder an uns direkt wenden müssen.

Ich schildere dies alles, da ich schier fassungslos bin. Es kann doch nicht sein, dass ich als Kontaktperson, die sich bei der zuständigen Behörde meldet, nach der Testung völlig allein gelassen werde und fünf (!) Tage vergehen, bis ich letztlich die klare Anweisung erhalte, dass ich mich in Quarantäne zu begeben habe. Da uns nach eigenen Recherchen klar war, dass diese Isolation trotz aller Befunde für 14 Tage gilt, habe ich sie vom ersten Tag an eingehalten. Wäre ich uninformierter gewesen, hätte ich von Samstag (negativer Befund) bis Mittwoch (Anruf) meinem ganz normalen Alltag nachgehen können, mein Sohn wäre ohne Abstandsregeln in seine Grundschulklasse gegangen, und wir hätten im schlimmsten Fall bei einem späteren Ausbruch von Symptomen bei uns unwissend andere Menschen infiziert.

Ich frage mich auch, ob das Gesundheitsamt sich jemals bei uns gemeldet hätte oder ob der Anruf am Mittwoch nicht auf meine beharrliche Rückfrage bei diversen Mitarbeitern zurückzuführen ist.

Nachdem uns alle Corona ja schon seit mehreren Monaten begleitet und beschäftigt, ist es nicht nachvollziehbar, dass es für die zuständigen Mitarbeiter keine klare Arbeitsanweisung gibt, anhand derer sich sofort ablesen lässt, was welchem Anrufer zu empfehlen ist. Die Mitarbeiter im Gesundheitsamt bestätigten mir, dass sie sehr überarbeitet und unterbesetzt und dadurch überfordert sind. Ich klage nicht sie persönlich an, sondern das Gesamtsystem, das offensichtlich nicht funktioniert.

Ergänzend kann ich noch sagen, dass jedes Amt anders arbeitet und in verschiedenen Kommunen unterschiedliche Regeln gelten, was Testungen angeht (die Kontaktpersonen des Infizierten leben unter anderem in Köln und Aldekerk). Auch hat mein Freund seinen negativen Befund erst am 20. August erhalten (getestet am 7.August!) und konnte diesen auch erst dann in seine Corona-App einspielen.“
PROTOKOLL: JENS VOSS

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