Krefeld Untätigkeit verursacht 400.000 Euro Schaden

Krefeld · Aus der Vergangenheit nichts gelernt: Unkenntnis, fehlende Kontrolle und andere Mängel im Fachbereich Jugendhilfe sind laut vertraulichem Bericht Krefelder Rechnungsprüfer die Ursache dafür, dass der Stadt erneut ein finanzieller Schaden in Höhe von mehr als 100.000 Euro entstanden ist. In der Summe sind bereits 400.000 Euro offiziell. Akten sind verschwunden. Einige Politiker halten das nur für die Spitze des Eisbergs.

Der nicht-öffentliche Bericht Nr.08/2017 des Rechnungsprüfungsamtes enthält brisanten Stoff: Er belegt, wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Fachbereich Jugendhilfe finanzielle Schäden zulasten der Stadt in Höhe von mehreren hunderttausend Euro durch Untätigkeit verursacht haben. Das Schlimme dabei: An der mangelhaften Verwaltungspraxis hat sich trotz frühzeitiger Hinweise auf personelle und strukturelle Probleme offenbar nichts geändert.

Es ist kaum vorstellbar, dass im Fachbereich Jugendhilfe gesetzliche Vorschriften auch 30 Jahre nach Inkrafttreten weitgehend unbekannt waren. Verkürzt dargestellt geht es um Folgendes: Auf Antrag erhalten Opfer einer Gewalttat und deren Hinterbliebenen, die durch die Tat einen körperlichen oder seelischen Schaden erlitten haben, Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). In der Regel kann sich die Stadt die Ausgaben vom Landschaftsverband Rheinland erstatten lassen. Die Prüfer schreiben dazu: "Die systematische Verfolgung von Ansprüchen nach dem Gesetz verspricht dem Fachbereich Jugendhilfe der Stadt Krefeld Einnahmen in Millionenhöhe."

Natürlich nur, wenn die Ansprüche angemeldet und fristgerecht abgerechnet werden. Und eben daran hapert es in der Krefelder Stadtverwaltung seit vielen Jahren. Die erneute Prüfung habe "wiederum gravierende Mängel auf der Sachbearbeitungs- und organisatorischen Ebene" ergeben. Die mangelnden Kenntnisse seien im Grunde nicht nachzuvollziehen, heißt es weiter.

Die Liste der Unzulänglichkeiten und Versäumnisse im Verwaltungsalltag ist laut Bericht Nummer 08/2017 lang:

• Standardabläufe seien nicht beachtet worden.

• Schäden in Höhe von 249.000 seien dem Rechnungsprüfungsamt nicht angezeigt worden.

• Wichtige Akten seien verloren gegangen.

• Trotz mehrerer Erinnerungen einer Versicherung sei eine Schadensbezifferung, deren Ermittlung nur geringen Verwaltungsaufwand erfordert hätte, innerhalb von neun Jahren nicht erfolgt.

• Der Verlust von fünf finanzwirtschaftlich und datenschutzrechtlich bedeutsamen Akten sei nicht nachvollziehbar.

• Die Anfertigung von Ersatzakten sei weder dokumentiert noch erkennbar.

• Dies sei als besonders kritisch zu bewerten, weil zum Jahreswechsel wiederum Anspruchsverjährung drohe.

Die Prüfer stellen fest, dass alle Schäden sowohl auf fortgesetzten Sachbearbeitungsmängeln als auch auf grundlegenden organisatorischen Defiziten beruhen, denen trotz Hinweisen der Rechnungsprüfung im Bericht 2006 bislang gar nicht oder nicht angemessen begegnet wurde. Auch mit der Kontrolle war es laut Bericht nicht weit her. "Die Arbeitsabläufe der Abteilung unterliegen keinem systematischen Vieraugenprinzip." Das treffe sowohl auf die Fallsachbearbeitung als auch auf das Kassenverfahren zu. Dies sei als Sicherheitslücke zu werten. Die Beanstandung sei von grundsätzlicher Natur. Es fehle eine Innenrevision. Der im Rahmen der Prüfung festgestellte Gesamtschaden betrage mindestens 397.000 Euro.

Die von der Kritik betroffenen Mitarbeiter im Fachbereich Jugendhilfe machen vor allem Personalmangel über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren als Ursache für die Rückstände und Versäumnisse geltend. Mehrmals erklären sie, dass sich "Gründe nicht mehr nachvollziehen" lassen. Hinsichtlich der entstandenen Schäden in Höhe von knapp 400.000 Euro wird der Terminus "Rechtsirrtum" zur Erklärung bemüht.

Auch Selbstkritik klingt bisweilen an: "Insgesamt mus festgestellt werden, dass die Sachbearbeitung in allen fünf Fällen nicht zeitnah und mit der gebotenen Sorgfalt erfolgte." Der Schaden in den fünf Fällen beträgt 148.000 Euro.

(sti)
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