Krefeld Türkischer Kulturverein positioniert sich gegen die Politik von Staatschef Erdogan

Krefeld · Am Samstag informiert der Verein auf der Neusser Straße über die Auswirkungen des Referendums für die Türkei.

 Zeynep Durna-Metin macht sich Sorgen um die politische Entwicklung in der Türkei. Als Vorstandsmitglied des deutsch-türkischen Kulturvereins EKIN sagt sie "Nein" zur Politik von Staatschef Erdogan.

Zeynep Durna-Metin macht sich Sorgen um die politische Entwicklung in der Türkei. Als Vorstandsmitglied des deutsch-türkischen Kulturvereins EKIN sagt sie "Nein" zur Politik von Staatschef Erdogan.

Foto: T. Lammertz

"Hayir" steht in dicken Lettern auf den Plakaten. "Hayir" ist türkisch und bedeutet "Nein". In Zeiten, in denen der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan fast täglich für neue Negativ-Schlagzeilen sorgt, steht das Wort "Hayir" aber vor allem für Widerstand - gegen das von Erdogan geplante Präsidialsystem und damit gegen das geplanten Referendum, durch das die Türkei quasi zur Diktatur würde. In Krefeld schließen sich rund 60 Mitglieder des deutsch-türkischen Kulturvereins EKIN dem "Hayir"-Protest an. Jeden Samstag klären sie zurzeit auf der Neusser Straße über die verheerenden Auswirkungen auf, die das Referendum für die Türkei hätte.

"An diesem Samstag werden Mitglieder unseres Vereins zum dritten Mal auf der Neusser Straße stehen. Es ist wichtig jetzt etwas zu tun, bevor ein Protest gar nicht mehr möglich ist. Vielen Türken, die in Krefeld leben, ist einfach nicht klar, wie ernst die Lage ist", sagt Vorstandsmitglied Zeynep Durna-Metin. Die 42-Jährige ist in Deutschland aufgewachsen und schätzt Demokratie und Meinungsfreiheit. Die politische Entwicklung in der Türkei, in der viele ihrer Verwandten und Freunde leben, beunruhigen sie sehr. "Nicht alle Türken befürworten die Erdogan-Politik, auch wenn es manchmal in den Medien so aussieht. Den Mitgliedern des Kulturvereins ist es wichtig, zu betonen, dass sie gegen das geplante Referendum sind und sich für demokratische Werte einsetzen."

 Am Samstag informiert der Kulturverein auf der Neusser Straße gegenüber von Saturn. "Hayir" heißt "Nein" und steht für Widerstand.

Am Samstag informiert der Kulturverein auf der Neusser Straße gegenüber von Saturn. "Hayir" heißt "Nein" und steht für Widerstand.

Foto: Kulturverein

"Hayir"-Sympathisanten werden in der Türkei inzwischen als "Terroristen" verfolgt und landen nicht selten sogar im Gefängnis. Auch in Deutschland wächst die Sorge der politisch Aktiven vor Repressionen. "Ich mache mir natürlich auch Gedanken, wie es weitergeht, wenn das Referendum positiv ausgeht. Kann ich dann noch ohne Probleme in die Türkei einreisen und meine Verwandten besuchen? Ich weiß es nicht." Zeynep Durna-Metin verfolgt besorgt die aktuellen Entwicklungen. Sie hat Angst, dass durch Erdogans politische Entgleisungen die Stimmung in Deutschland kippt und ein friedvolles Miteinander von Türken und Deutschen unmöglich macht. "Viele merken jetzt schon, dass sich etwas geändert hat. Der Umgangston ist rauer geworden, schneller als sonst fallen auch schon mal Schimpfwörter mit dem Hinweis, der türkische Staatschef würde es ja auch so machen."

Die Unkenntnis vieler in Deutschland lebender Türken über die Inhalte der von Erdogan vorangetriebenen Politik versteht die politisch Interessierte nicht. "Obwohl sehr viele inzwischen die Auswirkungen auch persönlich mitbekommen, sei es, dass Geschäfte von Familienangehörigen in der Türkei boykottiert oder Freunde zu Unrecht verurteilt werden, sehen sie noch immer nicht den Ernst der Lage. Umso wichtiger ist es, dass wir sie aufwecken und informieren."

Rund 1,4 Millionen Türken sind in Deutschland wahlberechtigt. Viele von ihnen sind beeinflusst durch die türkischen Medien, die wiederum zum überwiegenden Teil der türkischen Regierung verpflichtet sind. Kritische Töne sind entsprechend nicht vorgesehen. "Wir stellen bei Gesprächen an unserem Info-Stand fest, dass es viel Aufklärungsbedarf bei den türkischen Mitbürgern gibt. Von den Deutschen wiederum bekommen wir vor allem Zustimmung zu hören. Sie sind auch deutlich besser informiert", sagt Durna-Metin.

Das Referendum ist für den 16. April terminiert. Bis dahin werden die Mitglieder des deutsch-türkischen Kulturvereins in Krefeld auch weiterhin samstags auf der Neusser Straße gegenüber von Saturn zu finden sein. Sie geben so schnell nicht auf. Auch wenn der politische Diskurs inzwischen auch einige Familien in Erdogan-Befürworter und Gegner spaltet.

"Ich fühle mich der deutschen und der türkischen Kultur verbunden und bin in beiden Ländern zu Hause. Demokratie ist für unsere Familie immer selbstverständlich gewesen. Nun ist sie es in der Türkei auf einmal nicht mehr. Das tut weh", sagt Zeynep Durna-Metin, und fügt optimistisch hinzu: "Es wird für die Türkei immer Hoffnung geben. Dafür setzen wir uns ein und daran glauben wir."

(RP)
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