Kr Wie Krefeld Türkische Turbulenzen

Krefeld · Vorweg: Wenn die SPD den Streit um die SPD-Ratsfrau Halide Özkurt als Wahlkampf abtut, betreibt sie selber Wahlkampf. Natürlich möchten die Krefelder Sozialdemokraten die quälende Debatte um die Demokratietreue der hier lebenden Türken kleinhalten, denn sie haben dort viele Wähler. Zur Pflege dieser Allianz feiert die sonst von weltlich-aufklärerischer Geistigkeit getragene SPD in Krefeld ja sogar Fastenbrechen mit den Muslimen. Solche Nähe wäre belastet, wenn der Konflikt auf lokaler Ebene Formen annimmt wie auf Bundesebene, wo führende Sozialdemokraten mit Erdogan hart ins Gericht gehen.

Ist es also diffamierend, wenn die CDU von Halide Özkurt ein Bekenntnis zur Demokratie verlangt, weil sie den türkischen Präsidenten Erdogan bislang nicht explizit kritisiert hat? Immerhin lebt Özkurt Demokratie glaubwürdig als Ratsfrau; sie hat sich nie demokratiefeindlich geäußert und sich, wenn auch in butterweichen Formeln, indirekt von anti-demokratischen Tendenzen in der Türkei distanziert. Die Türkische Union reklamiert für sich, selbstverständlich zur Demokratie zu stehen, und empfindet den Ruf nach einem Bekenntnis zur Freiheit als diffamierend.

Nun, Misstrauen besiegt man nicht mit dem Appell, nicht mehr misstrauisch zu sein. Es stimmt eben nachdenklich, wenn eine Frau immer streitbar demokratisch für die Rechte von Migranten kämpft, aber kein klares Wort für die Vorgänge in der Türkei findet. Zudem gilt: Die deutschen Türken sind selbst tief zerstritten. Die Debatte, die Blondins CDU angezettelt hat, ist für die Türken keine von außen aufgezwungene, sie brodelt längst in der türkischen Gemeinschaft selbst.

So wird es nicht gelingen, den Diskurs über Erdogan zu tabuisieren. So wie Deutschland eine Pro-Erdogan-Demonstration in Köln aushalten muss, müssen hier lebende Türken Fragen nach ihrem Demokratieverständnis aushalten. Und antworten.

(RP)
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