Krefeld Trauer um den Meister des Lichts

Krefeld · Er war einer der herausragenden Vertreter der bundesdeutschen Nachkriegskunst: Hubert Spierling. Für bedeutende Kirchen wie den Limburger Dom und Maria Laach hat er Glasfenster gestaltet. Auch für Hüls. Die Fenster der Konventskirche waren sein letztes großes Werk. Im Alter von 92 Jahren ist der Künstler gestorben.

 Hubert Spierling mit seinen Entwürfen für die Fenster der Hülser Konventskirche. Die 2013 eingesetzten Fenster waren das letzte große Werk des Glaskünstlers, dessen Arbeiten bundesweit Akzente setzt.

Hubert Spierling mit seinen Entwürfen für die Fenster der Hülser Konventskirche. Die 2013 eingesetzten Fenster waren das letzte große Werk des Glaskünstlers, dessen Arbeiten bundesweit Akzente setzt.

Foto: Thomas Lammertz

Die Steigerung des Niederrheinhimmels war für Hubert Spierling ein von oben nach unten abklingendes Blau. So beschrieb der Glaskünstler ein Fenster, das er für die Hülser Pfarrkirche St. Cyriakus entworfen hat. Der Krefelder Künstler hatte die Gabe, dieses Blau auch mit dem spärlichen Licht eines Novembertags leuchten zu lassen. Wer ihm das sagte, erntete ein flüchtiges Lächeln. Das dunklere Blau, erklärte Spierling dann, sei auch Blendschutz, wenn die Sonne hoch stehe. Lob misstraute Spierling meist, viele Worte waren seine Sache nicht. Aber dem, der seine Kunst verstand, öffnete er sein Herz.

Für zahlreiche und bedeutende Kirchen hat Spierling Kunstwerke geschaffen: für den Limburger Dom, die Abteikirche Maria Laach, für den Dom in Soest - und für Krefeld. Die Fenster der Hülser Konventskirche, die 2013 eingesetzt wurden, waren sein letztes großes Werk. Ein Abschluss in der Heimat, das war für Spierling gelungene Vollendung, um die er - wie immer - kein wortreiches Aufheben machte. Neben dem Künstlereigensinn, der bei Qualität keine Abstriche duldete, besaß Spierling jene Bescheidenheit, die eigene Person hinter die Kunst zurückzustellen. Als er für St. Cyriakus die Fenster entwarf, die im Krieg zerbombt und nur durch Uni-Glas ersetzt worden waren, hat er mit unverwechselbarem eigenem Stil und feinem Farbgefühl die Stimmungen aufgenommen, die die prächtigen Darstellungen in den noch erhaltenen Kirchenfenstern von Heinrich Dieckmann und Gustav Fünders, seinem Lehrer, vorgaben - und eine neue Spierling-Stimmung hinzugefügt.

"Fenster können einen Raum steigern oder stören", sagte er einmal. Deshalb überließ er seine Entwürfe niemals dem Zufall. Regelmäßig reiste er in die Glaswerkstatt nach Kevelaer, um die Umsetzung seiner Ideen zu verfolgen und einzugreifen, sobald ein Farbton nicht exakt getroffen war. "Ein schönes Fenster ist leicht zu machen, ein richtiges für einen bestimmten Raum zu machen, das ist schwer", war seine Maxime. Seine Entwürfe hatten keine biblische oder theologische Thematik, das betonte der Künstler. Doch mit den Farbsetzungen lenkte Spierling Fantasien und Gedanken auf die Spur existenzieller Themen. Das gelang auch bei seinen Arbeiten für weltliche Gebäude - zum Beispiel mit dem Bogenfenster in der Halle des Krefelder Hauptbahnhofs. Für Bauten von namhaften Architekten hat er Glaswände und -fenster entworfen: Gottfried Böhm, Hans Schilling, Hans Schwippert und Emil Steffann. Der Kunsthistoriker und Glasmalerei-Experte Holger Brülls, Mitautor der umfangreichen Spierling-Werkausgabe, würdigt den Krefelder: "Neben anderen, meist im Rheinland wirkenden Künstlern wie Georg Meistermann, Ludwig Schaffrath, Joachim Klos, Jochem Poensgen, Wilhelm Buschulte und Johannes Schreiter leistete Spierling seit den 1950er Jahren einen gewichtigen Beitrag zum künstlerischen Weltruf der modernen deutschen Glasmalerei, die im Zuge des Wiederauf- und Neubaus zahlloser Kirchen und Profanbauten einen beispiellosen Aufschwung erlebte."

Spierling, am 6. Juli 1925 im Sauerland geboren, kam 1949 nach Krefeld. Er studierte in Düsseldorf und an der Krefelder Werkkunstschule bei Gustav Fünders. Krefeld zeichnete ihn mit der Thorn-Prikker-Medaille aus. Doch neben der Glaskunst liebte Spierling die Malerei. "Die Malerei war und ist nicht vorbereitend für die Glasfenster", sagte er, als der Verein Kunst und Krefeld diese Sparte seines Werks 2010 mit einer Ausstellung würdigte. Die Malerei blieb, als Krankheit und Gehbehinderung ihn immer stärker einschränkten. Es entstand ein Konvolut, das Brülls bezeichnet als "Fülle von malerischen Arbeiten auf Papier, deren Leichthändigkeit und Frische deutlich macht, dass es Hubert Spierling schlechterdings nicht möglich war, ,Alterswerke' zu schaffen. Noch die letzten Blätter wirken wie leichtes Spiel. Diesen bildnerischen Schatz kann die Zukunft heben."

Am vergangenen Samstag ist Spierling in seinem Haus in Kliedbruch gestorben. Er wurde 92 Jahre alt. Am Mittwoch, 9. Mai, beginnt um 12.15 Uhr die Auferstehungsmesse in der St. Hubertus-Kirche, Hohen Dyk 130; um 14 Uhr ist die Beisetzung auf dem Waldfriedhof Verberg, Hüttenallee 258.

(RP)
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