Krefeld Traditionslokale wieder im Trend

Krefeld · Seit Jahren hat die Gastronomie mit rückläufigen Gästezahlen zu kämpfen. Viele Betriebe haben schon zumachen müssen. Dagegen zeigen Gleumes und Herbst Pitt mit ihren Konzepten, wie ein Neubeginn gelingen kann.

 Klaus Rudolph hat vor einem Jahr das Herbst Pitt, übernommen.

Klaus Rudolph hat vor einem Jahr das Herbst Pitt, übernommen.

Foto: Thomas Lammertz

Lange Jahre stand die Traditionsgaststätte Herbst Pitt leer. Dann wurde das Haus vor acht Jahren von Grund auf saniert; trotzdem mussten mehrere Pächter die Segel streichen. Vor genau einem Jahr übernahm dann der erfahrene Klaus Rudolph das Haus und schrieb schon in ersten Jahr "vernünftige schwarze Zahlen". Auch Patrick Hagen erarbeitete ein neues Konzept, als er das auf absteigendem Ast befindliche Brauhaus Gleumes nach dreimonatiger Sanierung im September 2011 übernahm und seither frische, neue Ideen umsetzt: "Es reicht nicht, die Tür aufzumachen und auf Gäste zu warten."

Qualität und Ambiente

Ganz wichtig, so Rudolph, seien ein stimmiges Konzept, die gleichbleibend gute Qualität, die Präsenz des Wirtes oder — wenn vorhanden — wenigstens des Stammpersonals. "Ich habe die Speisenkarten aller Brauhäuser der weiteren Umgebung studiert und ein Konzept für Krefeld erarbeitet. Das heißt, dass ich mit anderen Preisen kalkuliere als in Großstädten; deshalb konnte ich die Preise bis heute auch halten. In einem Haus wie Herbst Pit muss die Karte groß genug sein, um Kleinigkeiten ab drei, vier Euro, Brauhausspezialitäten und auch Klassiker für den anspruchsvolleren Gast anbieten zu können. Die älteren Gäste bringen — insbesondere bei den vierteljährlichen Auftritten bekannter Bands — die Jüngeren dann schon mit."

Eine "riesige Rolle" spiele das Ambiente mit blanken Holztischen. Deckchen, Blumen und passendem Dekor. "Sie können nicht einfach über billigen Möbeln Kalenderblätter aufhängen. Wenn zu Lieblosigkeit noch Unfreundlichkeit oder gar mangelnde Hygiene hinzukommen, ist das der Tod jeder Gaststätte." Dennoch, so Rudolph, könnten unter bestimmten Bedingungen auch kleinere Kneipen existieren, nämlich "wenn sie unbelastetes Eigentum sind, kein Geld von Banken benötigt wird und der Wirt seinen geringen Stundenlohn mit der Freude am Gast kompensiert". Das gehe auch ohne Küche, denn man könne auch ansprechend präsentierte Fertigprodukte zum Bier reichen. Allerdings wird nach Rudolphs Einschätzung das Rauchverbot künftig Probleme bereiten.

Eine jüngere Zielgruppe als Rudolph sprechen Gleumes-Inhaber Patrick Hagen und sein Chefkoch Hans van Lieshout an: "Brauhaus-Gastronomie ist eine zeitlose Geschichte; das heißt aber nicht, dass die Zeit stillstehen darf. Deshalb versuchen wir, das Traditionshaus Gleumes weiter zu entwickeln. So haben wir unser Klientel völlig gedreht: grob gesagt von der älteren Generation auf nunmehr Gäste zwischen 20 und Mitte 50."

Auf der Speisenkarte, die alle drei Monate inklusive Gastkommentar und Terminkalender neu gestaltet wird, finden sich zwar für ein Brauhaus typische, aber witzig dargebotene Speisen: Käse und die Gurke vom "Halve Hahn", Flönz und Sauerkraut oder der Grünkohl mit Mettwurst kommen jetzt — nicht so riesig portioniert wie früher — auf Flammkuchen. Mini-Haxen, "Falsches Häschen" und andere Klassiker können jetzt als "Kleinkram" — nach Anzahl dem Appetit entsprechend — im Stil von Tapas bestellt werden. Und weil der Bierumsatz allgemein rückläufig ist, gibt es bei Gleumes jetzt auch Wein — und zwar vom Fass.

Internet und Show-Kochen

Hagen vermarktet das Brauhaus Gleumes stark über Internet und Facebook. "Die ganze Kommunikation und das Ausgehverhalten haben sich ja geändert. In Zeiten von Handy und Smartphone muss man nicht mehr täglich in die Kneipe gehen, um sich auszutauschen. Heute gehen die Leute eher nur einmal in der Woche aus. Dann achten sie aber nicht nur auf frische Küche, sondern auch auf einen gewissen Unterhaltungswert", sagt Hagen.

Deshalb hat er nicht nur drei Flachbildschirme für die inzwischen gut besuchten Sportübertragungen aufgehängt. Er bietet auch Events wie Vorlesungen oder Show-Kochen, wie es dort zuletzt an fünf Stationen in den Gasträumen der Sternekoch Nelson Müller getan und anschließen auch noch mit einer Band gesungen hat. Weitere Aktionen stehen auf der Speisenkarte, denn, so Hagen: "Mit Einfallslosigkeit kann man heute keine Gaststätte mehr führen."

(RP)
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