Krefeld Tom Gaebel: Zwischen Pomp und Peinlichkeit

Krefeld · Tadellose Leistungen der Instrumentalisten und ein schwacher Frontmann: Tom Gaebel sang sich durch bekannte amerikanische Weihnachtslieder, seine lustig gemeinten Animateur-Einlagen wirkten allerdings albern.

 Stimmlich konnte Tom Gaebel bei Liedern wie "New York, New York" und "Goldfinger" absolut überzeugen. Der Entertainer verlor sich bei seinem Konzert im Seidenweberhaus jedoch streckenweise in teils billiger Unterhaltung.

Stimmlich konnte Tom Gaebel bei Liedern wie "New York, New York" und "Goldfinger" absolut überzeugen. Der Entertainer verlor sich bei seinem Konzert im Seidenweberhaus jedoch streckenweise in teils billiger Unterhaltung.

Foto: Strücken

Am Donnerstag lud die Kufa wieder einmal ins Seidenweberhaus, und zwar die Fans des Sängers Tom Gaebel & His Orchestra. Nachdem die zwölfköpfige Band die Titel "Jingle Bells" und "Winter Wonderland" ohne ihren Chef gespielt hatte, ließ der sich ankündigen wie ein Boxer auf dem Weg zum Ring, was die Vermutung nahelegte, dass hier nicht nur ein Weihnachtskonzert geplant war, obwohl "A Swinging Christmas" auf der Eintrittskarte stand.

Gaebel, der 41-jährige Gelsenkirchener, wandelte auf dem Grat zwischen dem einstigen Pomp von Las Vegas und dem Easy-Listening-Sound, wie seine Generation ihn versteht. Dabei darf man seinen Instrumentalisten durchaus Komplimente machen, sie lösten ihre Aufgaben im großen Ganzen tadellos: Sie swingten zwar nicht immer, wenn sie hätten sollen, was unter anderem am gar zu trocken eingestellten E-Bass lag, dafür bauten sie aber Elemente von Atlantic Soul in ihren Sound ein, und das hörte sich prima an. Schöne Solo-Leistungen gab es auch immer mal wieder, und mit einem seriösen Künstler als Frontmann hätten sie ein tolles Konzert zuwege bringen können.

Tom Gaebel selbst jedoch stieß immer wieder leichtfertig um, was seine Band gerade aufgebaut hatte. Man nehme je zehn Prozent Frank Sinatra und Harald Juhnke, beide ohne Alkohol, letzterer aber inklusive seiner permanenten Selbstüberschätzung, gebe weitere zehn Prozent zu vom bis zur Strafbarkeit gutgelaunten Roberto Blanco, natürlich mit Gelsenkirchener Blässe, und zehn Prozent Tom Jones. Den mag man mögen oder nicht, aber der einstige Kohlekumpel aus Wales bleibt als Sänger in seiner Art unerreicht. Diese Mischung beschreibt in etwa den Sänger Gaebel, so wie er am Donnerstag zu erleben war. Und so sang er sich durch bekannte amerikanische Weihnachtslieder wie "Santa Claus Is Coming To Town", "Frosty The Snow Man", "Let It Snow" und "Rudolph, The Red Nosed Reindeer", aber auch durch stimmungsmäßig dazu passende Pop-Songs wie Randy Newmans "You've Got A Friend In Me" und Chris Reas "Driving Home For Christmas". Die restlichen 60 Prozent entsprachen dem, wie man sich einen All-Inklusive-Urlaubshotelanlagen-Animateur vorstellt. Sprüche wie "New York, das Krefeld Amerikas", oder er habe für diese Tour nur seine "intelligentesten, schönsten und besten Musiker" mitgenommen, wirkten nicht lustig, sondern albern. Auf der Bühne hatte er eine Tom-Gaebel-Wunschtüte eingerichtet, leistete sich aber mehr als einmal die Peinlichkeit, die dort eingeworfenen Wünsche nicht erfüllen zu können, nicht mal alle Song-Wünsche. Und die Krone billiger Unterhaltung lieferte er mit seinem Tom-Gaebel-Glücksrad, mit dessen Hilfe er eine der Damen, die er aus dem nicht mal halb besetzten Saal auf die Bühne gelockt hatte, zu einem Tänzchen nötigte.

Dabei könnte man aus dem Sänger Tom Gaebel durchaus genug machen, um den Animateur auf höchstens 20 Prozent zurückzuschneiden. Wer dem Tonumfang von "New York, New York" und den zickigen Intervallen von "Goldfinger" gewachsen ist, der wäre auch sonst noch ausbaufähig. Und zumindest mit einem Lied gelang ihm eine echte Überraschung, nämlich mit dem wenig bekannten, aber allerliebsten "The Bell That Couldn't Jingle".

(RP)
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