Krefeld TKN – Gebete für Arbeitsplätze

Krefeld · Die Atmosphäre in der zweiten Verhandlungsrunde rund um den Verkauf von ThyssenKrupp Nirosta an den finnischen Konkurrenten Outokumpu wird als "schwierig und eisig" bezeichnet.

TKN-Mitarbeiter demonstrieren in Krefeld
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Die Mitarbeiter des Stahlwerks von ThyssenKrupp Nirosta (TKN) haben gestern mit einer Menschenkette und einem ökumenischen Gottesdienst für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Sie begleiteten damit den zweiten Verhandlungstag über den Verkauf von TKN an den finnischen Stahlkonzern Outokumpu. Viele Stunden lang konferierten gestern Manager von ThyssenKrupp und Outokumpu sowie Vertreter der Belegschaft. TKN-Betriebsrat Norbert Kalwa bezeichnete die Gesprächsatmosphäre auf Anfrage unserer Zeitung als "eisig". Er habe solche schwierige Gespräche noch nicht erlebt, sagte Kalwa. Das Treffen hatte um 12 Uhr begonnen und dauerte bis 21 Uhr. Sie werden heute fortgesetzt.

Hintergrund: ThyssenKrupp will seine Edelstahlsparte Inoxum verkaufen; befürchtet wird, dass die Finnen Teile der Produktion oder ganze Standorte in Deutschland schließen. Als akut bedroht gelten die "Flüssigphasen" in Bochum und Krefeld mit je 500 Mitarbeitern.

Die Gewerkschaft IG Metall sah diese Angst gestern bestätigt: Mehrere Nachrichtenagenturen meldeten aus Unternehmerkreisen, die Schließung der Flüssigphasen sei Voraussetzung für eine Konsolidierung des Edelstahlmarkts; "ohne die Schließung wird es nicht gehen", hieß es. In diesem Zusammenhang sei ein Personalabbau nicht zu vermeiden. TKN-Betriebsrat Norbert Kalwa kommentierte diese Meldung mit den Worten: "Daran sehen Sie, wie berechtigt unsere Befürchtungen sind." Kalwa zeigte sich dankbar für zahlreiche Solidaritätsbekundungen an die Adresse der Stahlwerker: "Wir sind geschlossen und gestärkt durch die vielen Anrufe und Mails."

Zum Inhalt der Verhandlungen in Krefeld sagte er nichts; beide Seiten hatten Stillschweigen vereinbart. Die Edelstahlsparte Inoxum hat weltweit 11 000 Mitarbeiter, davon in Deutschland 4000 und in Krefeld 2100.

Zwei Stunden nach Verhandlungsbeginn versammelten sich viele hundert Stahlwerker und ihre Familien zu einer langen Menschenkette entlang des Werksgeländes in Stahldorf. Am Abend zelebrierten drei Geistliche einen ökumenischen Gottesdienst an der Mahnwache vor Werkstor 2. Bei 3 Grad Celsius und Regen hörten Hunderte Menschen zu. "Wir sind nicht hier, um fromme Worte zu sagen", erklärte Pfarrerin Sylvia Pleger. Statt einer Predigt ließ sie Stahlarbeiter berichten. Peter Glasmacher erzählte von seiner Familie. "Mein Großvater hat hier im Stahlwerk gearbeitet, mein Vater auch, und ich bin nun schon seit 36 Jahren dabei." Seit Beginn der Proteste sei er von 7 Uhr morgens bis 23 Uhr dabei. Pfarrer Jörg Geyer berichtete vom Taufbecken in seiner Kirche. Es ist aus Edelstahl gefertigt — vor 50 Jahren gestiftet von Stahlarbeitern. "Gott ist bei denen, die im täglichen Einsatz im Schichtdienst arbeiten", rief er den Stahlwerkern zu. "Es dürfen keine neuen Schicksale geschaffen werden wie 2003!" Damals hatte Outokumpu in Krefeld ein Werk geschlossen und rund 170 Mitarbeiter entlassen.

(RP/url)
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