Theater Krefeld Markus Heinrich ist ein Tenor in 100 Rollen

Krefeld · Er ist einer der vielseitigsten Sänger im Ensemble. Seit 25 Jahren singt der Tenor am Theater. Als er sich für das Zwei-Städte-Haus am Niederrhein entschied, wurde er für die Agentur, die ihm Gastspiele vermitteln wollte, zur „Karteileiche“. Aber: „Ich habe die Entscheidung keinen Tag bereut“, sagt der Sänger.

 In der Corona-Revue „Alle maskiert“ spielt Markus Heinrich fünf verschiedene Rollen.So war er vor dem Lockdown auf der Bühne zu sehen.

In der Corona-Revue „Alle maskiert“ spielt Markus Heinrich fünf verschiedene Rollen.So war er vor dem Lockdown auf der Bühne zu sehen.

Foto: Matthias Stutte

Es gibt wichtige Dinge, die auch zu Coronazeiten nicht unter den Tisch fallen dürfen. Da ist zum Beispiel das 25-Jahre-Bühnenjubiläum von Markus Heinrich, das in die Theaterferien im Sommer fiel.

Am 1. August 1995 trat der 1967 in Warstein geborene Tenor – bestens gerüstet durch ein Gesangsstudium bei Prof. Gunnel Tasch-Ohlsson an der Musikhochschule Frankfurt – sein erstes Engagement an. Als Robert in der Produktion „Feuerwerk“ von Paul Burkard betrat er zum ersten Mal die Bretter der Vereinigten Bühnen Krefeld-Mönchengladbach, ohne zu ahnen, dass er ihnen auf Dauer treu bleiben würde. „Vom ersten Tag an fühlte ich mich sauwohl“ schwärmt der Tenor noch heute, „die Atmosphäre stimmte, die Kollegen waren nett und halfen, wo sie konnten. Damals trat ich die Nachfolge von Bernhard Schneider an und musste neben den „Feuerwerk“-Proben auch den Pedrillo in den Aufführungen von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ übernehmen. So lernte ich in kürzester Zeit das ganze Ensemble kennen, was mir den Einstieg wesentlich erleichterte“.

 In der Operette „Die Fledermaus“ war Heinrich (M.) mit Michael Siemon und Dara Hobbs zu sehen.

In der Operette „Die Fledermaus“ war Heinrich (M.) mit Michael Siemon und Dara Hobbs zu sehen.

Foto: Matthias Stutte/Stutte, Matthias (stut)

Neben vielen netten Kollegen erwähnt der Sänger vor allem seine Partnerin Debra Hays, mit der er in ungezählten Aufführungen das Buffo-Paar bildete, die Tenorkollegen Reiner Roon und Peter Lüthke, mit dem er häufig alternierte. Nach zwei Jahren fragte seine Agentur an, ob er nicht erneut auf Vorsingtour gehen wolle. Doch Heinrich konnte sich dazu nicht entschließen – „so wurde ich zur Karteileiche“, konstatiert er ohne jedes Bedauern.

 Tanzen kann er auch: hier mit Gabriela Kuhn in der Operette „Die Faschingsfee“.

Tanzen kann er auch: hier mit Gabriela Kuhn in der Operette „Die Faschingsfee“.

Foto: Matthias Stutte

Das heißt nicht, dass der Tenor nicht an anderen Spielstätten gesungen hätte – ganz im Gegenteil. Bei den Bad Hersfelder Festspielen war er ebenso zu Gast wie bei der Kammeroper Frankfurt, den Seefestspielen Mörbisch, den Kasseler Musiktagen und der Internationalen Sommerakademie Mozarteum in Salzburg. Weitere Gastspielorte waren die Bühnen Wuppertal, Gelsenkirchen, Rostock, Hannover, Mainz, Trier, Osnabrück, Bielefeld, Bremerhaven, Münster oder Dortmund. In weit mehr als 100 Partien war dieses bei den Kollegen wie beim Publikum äußerst beliebte Ensemblemitglied im Laufe der Jahre zu erleben – alle hat er engagiert mit Leben gefüllt, was seine Vielseitigkeit unter Beweis stellt. Von einigen schwärmt er besonders. Da ist einmal der Pedrillo („Entführung“), dann die großartige „Comedian Harmonist“-Produktion, an der sich das Publikum mehrere Spielzeiten lang erfreuen durfte. Im Studio gab es 46(!) Mal „I love You,You are Perfect“ – die Vorstellungen waren fast immer ausverkauft. In bester Erinnerung sind dem Sänger auch „Die Liebe zu den drei Orangen“, „Rusalka“ für Kinder, „Hänsel und Gretel“ – da verkörperte er hinreißend die Hexe –, die „Lustigen Nibelungen“, als zum ersten Mal Hinrich Horstkotte Regie führte, und die rasante „Brexit“-Persiflage im vergangenen Jahr. „Meine allerschönste Probezeit war die zu „My fair Lady“, und als Higgins habe ich mich besonders wohl gefühlt“, denkt Markus Heinrich noch gerne an die erfolgreiche Produktion im Jahre 2013 zurück.

 Den Basilio gab er in der Oper „Die Hochzeit des Figaro“, hier eine Szene mit Laura Nicorescu.

Den Basilio gab er in der Oper „Die Hochzeit des Figaro“, hier eine Szene mit Laura Nicorescu.

Foto: Matthias Stutte/Stutte, Matthias (stut)

Als Konzertsänger in Messen, Kantaten und Oratorien ist der auch in diesem Metier versierte Sänger ebenfalls gefragt. Gerne erinnert er sich – neben zahlreichen geistlichen Konzerten in Kirchen unserer Region – an eine Konzertreise nach Russland mit Haydns „Schöpfung“ und eine ganz Besondere nach Israel mit sieben Aufführungen des „Messias“ von Händel in englischer Sprache. Beteiligt waren hier lediglich 16 Sängerinnen und Sänger, sodass die Solisten neben ihren umfangreichen Parts auch noch bei allen Chorsätzen mitwirken mussten.

 Als Spaßmacher Truffaldino begeisterte er in „Die Liebe zu den drei Orangen“

Als Spaßmacher Truffaldino begeisterte er in „Die Liebe zu den drei Orangen“

Foto: Copyright: Matthias Stutte (sieh

Zur Zeit ist – coronabedingt –  nicht allzu viel im Theater zu tun, und der Tenor hat Zeit, mit seinem Hund den ihm inzwischen  liebgewonnenen Niederrhein zu erkunden. In den ersten Jahren war die flache  Landschaft für den an Berge gewöhnten Sauerländer nicht so einfach.

 In der spielfreien Zeit trägt Markus Heinrich auch gerne mal Bart

In der spielfreien Zeit trägt Markus Heinrich auch gerne mal Bart

Foto: Matthias Stutte

Markus Heinrich hofft, dass sich die Türen „seines“ Theaters bald wieder öffnen – in der Coronarevue „Alle maskiert – wir können ein Lied davon singen“ hat er dankbare vokale Aufgaben, und das Kinderstück „Schaf“ wartet auf seine Premiere. Weitere Planungen sind noch nicht möglich, doch der Sänger brennt darauf, wieder proben und spielen zu können.

„Keinen Tag habe ich bereut, bei den Vereinigten Bühnen geblieben zu sein“ ist sein berührendes Fazit.

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