Theater Krefeld Aus Israel ins Land der großen Meister

Krefeld · Der Musiker Avishay Shalom gehört seit August zum „Jungen Theater“ an den Vereinigten Bühnen. Der Dirigent ist glücklich, in dem Land zu arbeiten, aus dem so viele große Komponisten kommen. Zurzeit erarbeitet er „Don Pasquale“.

 Avishay Shalom will die Zeit, die durch Corona frei geworden ist, fürs intensive Klavierspielen nutzen.

Avishay Shalom will die Zeit, die durch Corona frei geworden ist, fürs intensive Klavierspielen nutzen.

Foto: A.S.

Eine einzige Frage kann Avishay Shalom am Ende eines  interessanten Gespräches nicht beantworten: die nach einem Lieblingskomponisten oder einer bevorzugten musikalischen Epoche. „Da bin ich wirklich überfragt“ meint der begeisterungsfähige Musiker. Seit August ist er Mitglied des „Jungen Theaters“ der Vereinigten Bühnen Krefeld-Mönchengladbach. „Für mich ist immer das Werk, an dem ich gerade arbeite und in das ich immer tiefer eindringen möchte, das Schönste.“

1986 wurde er als Ältester von vier Geschwistern in Haifa geboren – nur einer seiner Brüder hat sich ebenfalls für die Laufbahn eines Berufsmusikers entschieden – er ist Hornist und hat einige Zeit im Orchester der Dresdner Semperoper gespielt. Avishay, der seit seinem achten Lebensjahr Klarinette spielt, hatte das Glück, sein Abitur an einem Gymnasium machen zu können, dessen Schwerpunkte Kunst, Musik und Theater sind. Er schwärmt von „tollen Lehrern“ und intensiver Förderung – bei einem der zahlreichen Schulprojekte durfte er dirigieren, und damit war sein unumstößliches Berufsziel festgeschrieben.

Die in Israel verpflichtenden drei Jahre Militärdienst empfand Shalom nicht als Belastung. Seine Klarinettenfertigkeiten bescherten ihm eine gute Position im erstklassigen, häufig auch konzertant eingesetzten Militärorchester. Außerdem konnte er dort dirigieren und Arrangements für diverse Orchesterkonstellationen verfassen – seine zweite Passion.

Ein Studium in Komposition, Chorleitung und Orchesterdirigieren – einschließlich der diversen Praktika mit Chören und Instrumentalensembles – an der Hochschule für Musik in Jerusalem schloss sich an. Der Student arbeitete auch ein Jahr als Geschäftsführer des Hochschulorchesters. „Ein ausgezeichnetes Training, in jeder Beziehung“ betont Shalom.

Das nächste Ziel des strebsamen Musikers war ein Studium an der Universität von Cincinnati (USA) bei Mark Gibson. Er war glücklich, dass sich die Investition des Flugs über den großen Teich (das war nötig für das Vordirigat) gelohnt hatte – er wurde angenommen. Die drei Jahre dort – mit dem Master-Abschluss – beinhalteten neben dem eigentlichen Studium Assistententätigkeiten bei den Hochschulorchestern und drei Opernproduktionen, unter anderem Claudio Monteverdis „Krönung der Poppea“.

Dann ergab sich durch ein Austausch-Programm für Avishay Shalom die Möglichkeit, für ein Jahr nach München zu kommen. Damit erfüllte sich für ihn ein großer Wunsch: Er wollte unbedingt im Land so vieler großer Komponisten leben und  arbeiten. Nicht nur, dass er hier seine Freundin, eine Sängerin, kennenlernte – er konnte auch mit so bekannten Dirigenten wie Marcus Bosch, Georg Fritsch und Alexander Liebreich arbeiten und Meisterkurse bei erstklassigen Orchestern belegen wie beispielsweise bei der Münchner Hofkapelle. Hier gab es eine Besonderheit: Nicht der jeweilige Dozent beurteilte oder kritisierte das Dirigat der Studenten, sondern die Instrumentalisten selbst aus ihrer Position als Mitwirkende – eine  praxisbezogene und hilfreiche Methode.

2018 war Berlin das nächste Ziel. Hier gab es Chöre und Instrumentalgruppen, die einen Dirigenten suchten, so war auch endlich Geldverdienen möglich.

Im Juli 2020 schließlich bekam der junge Dirigent den freigewordenen Platz beim „Jungen Theater“ der Vereinigten Bühnen. Kaum angekommen, durfte er gleich die Einstudierung und Leitung des Kinderstücks „Schaf“ übernehmen, eines Schauspiels mit Barockmusik, das er vom Cembalo aus leitet, unterstützt von einer Geige und einem Cello. Parallel dazu verkleinerte er den Orchestersatz der Donizetti-Oper „Don Pasquale“ in eine Corona-konforme Fassung für 21 Instrumente. Und nun arbeitet er an seinem Beitrag zum Neujahrskonzert. Leider liegen alle diese Projekte zurzeit auf Eis und harren ihrer Aufführungen. „Doch Corona hat auch etwas Positives, jetzt kann ich intensiv Klavier üben. Und für April bereiten wir mit den Opernstudiosängern ein interessantes Projekt mit völlig unbekannten Werken von Wolfgang Amadeus Mozart vor“ berichtet der freundliche Israeli voller Optimismus.

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