Krefeld The Hooters - würdevolle Nachlassverwalter

Krefeld · In der prächtig besuchten Kulturfabrik spielten The Hooters ein umjubeltes Best-Of-Programm mit Überraschungseffekten. Der Abend offenbarte jedoch auch eine große Tragik.

 Optisch in die Jahre gekommen, aber musikalisch rissen The Hooters das Publikum in der Kulturfabrik mit.

Optisch in die Jahre gekommen, aber musikalisch rissen The Hooters das Publikum in der Kulturfabrik mit.

Foto: samla.de

Irgendwann kam der Moment im Konzert, als man dachte, dass Eric Bazilian und Rob Hyman gleich auch "Yesterday" oder "Hey Jude" von den Beatles spielen würden und darauf verweisen könnten, dass doch eigentlich sie es waren, die glorreichen Hooters, die diese Hits geschrieben haben. Für etliche Stars hat das Komponistenduo Bazilian/Hyman Hits geschrieben. Und wenn man an diesem tollen Konzertabend in der Kulturfabrik das Haar in der Suppe suchen wollte, dann war es dieser "Was wäre wenn"-Moment, als man überlegte, welch große Band die Herren da oben hätten werden können, wenn all die Lieder, an denen sie mitgewirkt haben, ihre eigenen geworden wären. Sie spielten "One Of Us" von Joan Osbourne, sie spielten "Time After Time" von Cyndi Lauper - eigentlich waren es auch ihre Songs und sie interpretierten diese mit voller Wucht, ohne die Orientierung auf einen Radiomarkt. "Wir covern nicht, wir covern lieber unsere eigenen Songs", kommentierte Eric Bazilian die eigene Urheberschaft an den Liedern. Irgendwann also der Gedanke: Vielleicht würde man heute nicht zuerst an die amerikanische Systemgastronomiekette gleichen Namens denken, in der die Bedienung aufreizend gekleidet ist und auf deren im Brustbereich eng anliegenden T-Shirts "Hooters" steht.

Zu Hunderten kamen die Musikfans aus ganz Nordrhein-Westfalen nach Krefeld. Sie wollten ihre Hooters sehen, 1980 in Philadelphia/Pennsylvania gegründet, zu internationalem Ruf durch einen Auftritt beim Live-Aid-Festival 1985 gelangt. 1995 lösten sie sich auf, gründeten sich 2001 neu.

Die ganz große Karriere bis in die Gegenwart hinein blieb ihnen verwehrt, trotz zahlreicher Hits. Die sechs Musiker spielten sie alle: Natürlich den ersten großen Song "All You Zombies", bei dem man erst in der Live-Version spürt, wie sehr die Hooters auch Reggaeband sind. Sie spielten "Karla With A K" und "500 Miles", sie spielten "Private Emotion" (trotz Ricky-Martin-Cover immer noch ein großer Song) und natürlich "Johnny B", bei dessen Refrain der ganze Saal einstimmte: "Johnny B, how much there is to see/ Just open your eyes and listen to me". Ein grandioser Moment!

Natürlich wurde es ein Best-Of-Abend, einer dieser Auftritte, die mit dem eigentlichen Rock'n'Roll nicht mehr viel zu tun haben, weil es hier nicht mehr um Aufbruch geht, sondern um Konservierung des Bestehenden. Manche der Rockstar-Gesten, die die sechs Herren auf der Bühne zeigten, wirkten folglich reichlich angestaubt. Alte Männer mit schütterem Haar vor Windmaschinen sollten eigentlich verboten werden. Bisweilen setzte das Gefühl ein, das man als junger Mensch hat, wenn die ältere Verwandtschaft bei der Silberhochzeit zu Oldies ausflippt. Umschreiben wir also die Performance der Hooters mit "liebenswert peinlich" und bewerten wir die musikalische Leistung. Hier erwiesen sich die sechs Männer als überaus würdevoller Verwalter des eigenen Erbes, mit großer Spielfreude, technischen Raffinessen und einer Instrumentenvielfalt, die stets Spannung erzeugte. Ihr eingängiger Folkrock wirkte keineswegs aus der Zeit gefallen, die Orientierung auf den prägnanten Refrain hat mehr denn je Berechtigung.

Man hatte das Gefühl, dass zwischen Publikum und Band eine besondere Magie entstanden war. Vielleicht liegt das auch an der Verbindung der Hooters-Heimatstadt Philadelphia zu Krefeld, deren Namen die Hooters immer wieder nannten. Sänger Eric Bazilian erzählte die Anekdote, dass es in Philadelphia eine "Crefeld-Street" gebe. Auf die nähere Bedeutung dieser Straße, die Geschichte der 13 Krefelder Auswandererfamilien, die 1683 in Philadelphia landeten, ging er nicht weiter ein. Stattdessen lobte er die Kufa-Besucher dafür, dass die Stimmung noch besser gewesen sei als zuvor beim Auftritt in Hamburg.

Der kurioseste Moment ergab sich dann im Zugabenteil: The Hooters spielten den NDW-Klassiker "Major Tom" von Peter Schilling als halbe Folkrock-Nummer.

Er klang mal wieder wie ein Hooters-eigenes Stück - das Publikum rastete aus.

Und seitdem sind wir nicht sicher, ob nicht irgendwann Peter Schilling auspackt und die Wahrheit über die Entstehung von "Major Tom" verrät.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort