Krefeld Stolpersteine sollen wieder glänzen

Krefeld · Das NS-Dokumentationszentrum Krefeld sucht Paten, die die derzeit 118 in der Stadt verlegten Stolpersteine pflegen.

 Ingrid Schupetta, Sibylle Kühne-Franken und Barbara Behr (v.l.) bei der gestrigen Reinigung der Gedenkplatten an der Bogenstraße 73.

Ingrid Schupetta, Sibylle Kühne-Franken und Barbara Behr (v.l.) bei der gestrigen Reinigung der Gedenkplatten an der Bogenstraße 73.

Foto: Schalljo

Seit dem Jahr 2006 werden in Krefeld immer mehr "Stolpersteine" verlegt. Diese sind keine Gefahrenstellen, die Menschen zu Fall bringen können. Vielmehr sollen sie die Aufmerksamkeit von Passanten auf die Geschichten und Schicksale von Verschleppten aus der NS-Zeit lenken. Da diese Messing-"Steine" mit der Zeit anlaufen, bedürfen sie regelmäßiger Pflege, um gut sichtbar zu bleiben. Deshalb sucht die NS-Dokumentationsstelle nun Bürger, die sich bereiterklären, eine Patenschaft für einen der Steine zu übernehmen und diesen sauber zu halten und regelmäßig mit Metallreiniger zum Glänzen zu bringen.

Aktuell sind insgesamt 118 dieser Steine vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer angebracht. 21 weitere an sechs verschiedenen Orten werden am 2. Februar 2018 hinzukommen. Einige dieser Messingplatten haben bereits Paten gefunden. So kümmern sich Schüler des Gymnasiums Fabritianum um die vor der Friedrich-Ebert-Straße 23 verlegen Mahnmale. An der Lewerentzstraße 55 pflegen mehrere Schüler des Fichte-Gymnasiums, und Ricarda-Huch-Schüler wiederum reinigen am Preußenring 13.

Doch viele weitere Stellen benötigen noch Paten. Darum unternahmen Ingrid Schupetta, Leiterin der Dokumentationsstelle, Sibylle Kühne-Franken und Barbara Behr gestern eine Wanderung durch die Stadt und rückten den angelaufenen Steinen mit Metallreiniger und Scheuertuch zu Leibe. Nach nur fünf Minuten Arbeit erstrahlten die Gedenksteine an der Bogenstraße 73 bereits wieder im neuen Glanz. Auch die Bürger der Stadt erkennen den Wert dieser Hingucker. So reinigt ein Anwohner, der nicht genannt werden möchte, regelmäßig die "Stolpersteine" vor seinem Haus. "Das ist doch selbstverständlich. Es ist eine gute Sache und richtig. Ich finde, das bedarf keiner Erwähnung", sagt er bescheiden.

 Die Stolpersteine an der Bogenstraße vor und nach der Reinigung. Die Organisatoren suchen nun Menschen, die sie dauerhaft pflegen.

Die Stolpersteine an der Bogenstraße vor und nach der Reinigung. Die Organisatoren suchen nun Menschen, die sie dauerhaft pflegen.

Foto: Schalljo

Die gestern zuerst gereinigten Steine an der Bogenstraße übrigens halfen bereits, das Schicksal eines Verschleppten zu klären. Die Gedenktafel für Edgar Goldstein nämlich besagt noch "Schicksal unbekannt" (siehe Foto). Unlängst jedoch tauchte vor diesem Stein eine Gruppe englischsprachiger Personen auf. Sie wollten das Geburtshaus ihres Großvaters besuchen und wurden auf die Steine aufmerksam. Anwohner schickten sie zur Villa Merländer, wo sie dabei halfen, das Puzzle seiner Geschichte zusammenzusetzen. Goldstein war zunächst ins Lager Westerbork in den Niederlanden und dann nach Bergen-Belsen verschleppt worden. Von dort überlebte er die Fahrt mit einem "Todeszug" ebenso wie eine Infektion mit Typhus und wanderte nach dem Krieg in die USA aus. Solche Geschichten wollen die Organisatoren im Dokumentationszentrum ausfindig machen.

Umso schlimmer findet Sibylle Kühne-Franken die derzeitige politische Lage: "Ich habe 36 Jahre Geschichte unterrichtet und versucht, Kindern zu vermitteln, wie schrecklich die Folgen von Extremismus sind. Dass heute so viele Menschen auf die Versprechungen von Rechten hereinfallen, finde ich äußerst erschütternd und frage mich, was falsch gelaufen ist."

Unter www.villamerlaender.de finden Interessenten nähre Informationen. Melden können sich Paten für "Stolpersteine" unter stolpersteine-krefeld@gmx.de.

(RP)
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