Krefeld Starbariton Quasthoff lästert als Kabarettist über "Blockflötentrauma"

Krefeld · Der Starbariton und der Schauspieler auf einer Bühne - es wurde bissig im Stadttheater.

 Zwei, die sich verstehen: Michael Frowin (l.) und Thomas Quasthoff traten Donnerstagabend im Stadttheater auf und brannten ein kleines, aber feines Feuerwerk der Bösartigkeiten ab.

Zwei, die sich verstehen: Michael Frowin (l.) und Thomas Quasthoff traten Donnerstagabend im Stadttheater auf und brannten ein kleines, aber feines Feuerwerk der Bösartigkeiten ab.

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In der Frühphase des Donnerstagabendprogramms mit dem Titel "Keine Kunst" mag manch ein Gast des Stadttheaters irritiert gewesen sein, denn Thomas Quasthoff warf dort mit Vulgärausdrücken um sich, meinte abfällig, dass auf dieser Bühne wohl schon lange keiner mehr zwei Oktaven in die Tiefe gesungen hätte, und absolvierte einen cholerischen Anfall übelster Sorte, als sein Partner Michael Frowin es wagte, eine Blockflöte zu zücken.

Die Blockflöte, für Quasthoff angeblich mit einem Kindheitstrauma verknüpft, avancierte später zum Running Gag, und überhaupt wurde es rasch lustiger - wenn auch nicht weniger bissig. Was man denn überhaupt als Kunst und Kultur bezeichnen könne, fragte Quasthoff rhetorisch und gab gleich selbst die Namensliste der üblichen Säulenheiligen zur Antwort.

Frowin setzte frech das "Dschungelcamp" dagegen. Wenn ein geschmacklich äußerst grenzwertiges Opus des Performance- und Video-Künstlers Paul McCarthey es bis ins New Yorker MoMA schaffe, so beweise dies, dass die Lust am Ekelhaften in der Welt der großen Kunst hoffähig sei, und mithin müsse man auch das "Dschungelcamp" als Kunst einstufen. Quasthoff hielt trocken dagegen: Wenn jemand gar nichts könne, das aber besonders gut, und als soziale Vollwaise niemanden hätte, der ihn zurückhielte, dann fände er halt in den Casting-Shows auch das passende Publikum.

Mit viel Wortwitz und etlichen versteckten Neben-Pointen brannten die beiden ein kleines Feuerwerk der Bösartigkeiten über die provinziellen und noch schlimmeren Schwächen des deutschen Kulturbetriebs ab, ließen auch eitle Foyer-Gespräche, die holen Köpfe mancher Konzert- und Kunstkritiker, die Umwandlung der Rundfunk- und Fernsehgebühren in eine Haushaltszwangsabgabe und das Thüringer Bratwurst-Museum nicht ungeschoren, zogen in einem Atemzug Markus Lanz und Adolf Hitler und übrigens auch sich selbst durch den Kakao, sangen dabei zu Jochen Kilians Klavierbegleitung mal wie Otto Reutter, mal wie Reinhard Mey und öfter so wie einst die Ensembles in der Lach- und Schießgesellschaft und im Kom(m)ödchen. Zwar verhunzten sie auch Blues und Chanson, bereiteten aber Spitzenvergnügen mit ihrem Wunsch, nach all den schon errungenen Auszeichnungen doch endlich auch mal zu Krawattenmännern des Jahres gekürt zu werden. Das schmeichelte den Krefeldern und sie vergaßen für ein paar Minuten glatt, dass diese Ehrung schon seit Jahren nicht mehr mit ihrer Stadt verbunden ist. Schließlich gab es auch noch Frowins Blockflöten-Solo und eine weitere Zugabe.

(RP)
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