Kultur Kunst mit und um Adolf Luthers Linsen herum

Krefeld · Adolf Luther hätte die Installation des Düsseldorfers Manuel Franke wahrscheinlich aus mehreren Gründen gefallen. Seine raumgreifende Plastik Colormaster F im berühmten Frankfurter Städel-Museum ist ein Wert an sich.  Besonders spannend: Franke integriert die Stehlinsen des Krefelder Künstlers und Juristen, die als Dauerleihgabe der Krefelder Luther-Stiftung präsentiert werden. Auch unter dem Blickpunkt Urheberrecht eine bemerkenswerte Arbeit.

 Der Düsseldorfer Künstler Manuel Franke gestaltet den Garten des Städel-Museums in Frankfurt am Main Mit Colormaster F künstlerisch und integriert dabei die Lichtskulpturen des Krefelders Adolf Luther.

Der Düsseldorfer Künstler Manuel Franke gestaltet den Garten des Städel-Museums in Frankfurt am Main Mit Colormaster F künstlerisch und integriert dabei die Lichtskulpturen des Krefelders Adolf Luther.

Foto: Städel Museum

Adolf Luther konnte als Mensch und Künstler fünf gerade sein lassen. Anders hätte er auch ein Freundschaft zu seinem umtriebigen Krefelder Künstlerfreund Herbert Zangs nicht pflegen können. Für den Avantgardisten Zangs gab es keine Grenzen. Dennoch verstanden sich die beiden gut. So dürfte der 1990 verstorbene ehemalige Richter den Umgang mit seinem künstlerischen Nachlass im Frankfurter Städel-Museum nicht unter rechtlichen Gesichtspunkten bewertet haben. Stattdessen ist anzunehmen, dass er sich über die Herangehensweise des jungen Düsseldorfers Manuel Franke gefreut hätte. Der hat für seine Installation Colormaster F im Museumsgarten die Stehlinsen Luthers kurzerhand in sein Kunstwerk integriert und damit neu in Szene gesetzt.

Das Museum beschreibt die Interaktion so: „Genauso wird auch die Architektur des Städel Gartens sowie des Städel Museums zum integralen Bestandteil von Colormaster F, indem sich die Skulptur auf ihr architektonisches Gegenüber bezieht. Auffällig bei Frankes Intervention sind die Aussparungen im Bereich von Adolf Luthers Integration Stehlinsen (1990). Seit 2013 befindet sich diese Dauerleihgabe der Adolf-Luther-Stiftung aus Krefeld halb auf der Wiese, halb auf der Wegfläche des Städel Gartens. Die Skulptur Colormaster F unterbricht ihren Weg von Rasenkante zu Rasenkante nicht, bezieht jedoch die Stelen mit ein. Wiederholt hat Franke das Einschließen anderer Kunstwerke zum Thema gemacht – so integrierte er 2006 James Lee Byars’ Arbeit Die Träne (1986) an der Außenmauer der Düsseldorfer Kunsthalle.“

Mit den Stehlinsen Luthers ist es übrigens nicht getan. Von der Museumswand hoch über der Rasenfläche reflektiert ein weiteres Luther-Werk das Licht auf vielfältige Weise über Mensch, Natur und Architektur. Der Frankfurter Förderkreis „Städel Gartengesellschaft“ hat vor fünf Jahren die aus 50 Spiegeln bestehende Arbeit des Lichtkünstlers und Vorreiters der Optical Art, Adolf Luther, erworben. Das Werk, das seit Mitte der 1980-er Jahre am Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Krefeld (SWK) gehangen hatte, gehört seitdem dem Museum.

Luther ist 1912 in Uerdingen geboren. Er studiert in Bonn Rechtswissenschaften, promovierte und arbeitet bis 1947 als Richter. Danach widmete er sich ganz seinem künstlerischen Tun. Seit 1958 beschäftigte er sich mit den Einflüssen des Lichts in seinen energetisch-optischen Eigenschaften. Seit Beginn der 1970er Jahre bezog er auch Laserstrahlen in seine Arbeit ein. Bekannt wurde er vor allem mit seinen Hohlspiegelobjekten, die er unter anderem für die Olympischen Spiele 1972 in München, fürs Kanzleramt Bonn, die Tonhalle in Düsseldorf und das Bundestagsgebäude Altes Wasserwerk in Bonn fertigte. 1979 wurde ihm in Nordrhein-Westfalen der Professorentitel verliehen. 1990, in seinem Todesjahr, wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Krefeld.

 Der Düsseldorfer Künstler Manuel Franke hat Erfahrung darin, Arbeiten anderer Künstler in sein Werk zu integrieren.

Der Düsseldorfer Künstler Manuel Franke hat Erfahrung darin, Arbeiten anderer Künstler in sein Werk zu integrieren.

Foto: Städel Museum

Im Städel-Museum sind seine Stehlinsen noch bis zum 23. September als Teil eines monumentalen, 50 Meter langen, 2,5 Meter hohen und für den Garten des Museums entwickelten Kunstwerks zu sehen. Der Garten zwischen Museum und Städelschule erhält durch diese raumgreifende Geste eine neue, körperlich erfahrbare Begrenzung. Halb Skulptur, halb Malerei, setzt Colormaster F der auf drei Seiten von Gebäuden begrenzten Rasenfläche eine gebogene Membran in leuchtenden monochromen Farben entgegen. Als unüberwindliches Hindernis versperrt Manuel Frankes Objekt einerseits den gewohnten Blick, macht den Rasenhügel andererseits jedoch in ganz neuer Weise erfahrbar. Colormaster F verändert nicht nur den Garten in seiner räumlichen Konstellation, sondern schafft auch einen weiteren, zusätzlichen Raum innerhalb des Gartens, der gleichermaßen offen wie abgeschlossen ist.

 Adolf Luthers Arbeiten im Garten des Städel-Museums — noch ohne Grandmaster F von Manuel Franke.

Adolf Luthers Arbeiten im Garten des Städel-Museums — noch ohne Grandmaster F von Manuel Franke.

Foto: Norbert Miguletz

„Wir wollten Manuel Franke für unseren Garten gewinnen, weil seine Fragestellungen sich stets mit den Grenzen von Kunst und Gesellschaft auseinandersetzen und wir unseren Garten mit einem seiner gattungsübergreifenden künstlerischen Eingriffe temporär bereichern wollen. Seine Skulptur, die auf einem mächtigen Fundament aus himmelblau eingefärbtem Beton ruht, ist ein Zwitter aus Industriefassade und Museum, aus Malerei und Skulptur, aus Halfpipe und Sitzbank. Sie regt die Besucher zur Partizipation an, indem sie diese etwa einlädt, sich ganz entspannt darauf niederzulassen“, so Martin Engler, Leiter der Sammlung Gegenwartskunst am Städel.

 Manuel Franke  hat mit einer Skizze seine Installation im Garten des Städel-Museums vorbereitet und dabei auch die Standorte der Stehlinsen von Adolf Luther berücksichtigt.

Manuel Franke  hat mit einer Skizze seine Installation im Garten des Städel-Museums vorbereitet und dabei auch die Standorte der Stehlinsen von Adolf Luther berücksichtigt.

Foto: Städel Museum

„Der Städel Garten ist für einen Künstler eine Herausforderung, weil er bereits perfekt durchgestaltet ist und ein Wahrzeichen für das Haus darstellt. Meine Welle dehnt sich mit der rosafarbenen Seite wie ein riesiges Segel über den Rasen – der dadurch wie ein grünes Farbfeld mit der gleichen Farbdominanz wirkt. Einerseits friedet das Objekt den Garten ein, andererseits schwappt das Museum quasi in einer rasanten Bewegung in knalligem Orange in den Stadtraum hinaus“, beschreibt Franke sein Kunstwerk.

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