Krefeld Stadtbad: Marode Schönheit

Krefeld · Am Mittwoch wird eine Fotoausstellung eröffnet, die das Stadtbad zwischen Schönheit und Verfall zeigt. Von außen bietet das Stadtbad an der Neusser Straße ein Bild der Trostlosigkeit, von innen ist es teils berückend schön, wenn auch durchzogen vom morbiden Charme des Verfalls.

Krefelds Stadtbad von 1890: Eine marode Schönheit
25 Bilder

Krefelds Stadtbad von 1890: Eine marode Schönheit

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Foto: Andreas Willems

Der Krefelder Fotograf Andreas Willems hat beides im Bild einfangen wollen — seine Fotografien sind in einer Ausstellung zu sehen, die heute, 18 Uhr, in der Arztpraxis an der Uerdinger Straße 62 eröffnet wird. Die Bilderserie entstand im Sommer 2006 und Frühjahr 2008 und dokumentiert das Ende einer Ära: Bekanntlich soll das Bad von einem Hamburger Investor zu einer Basar-Passage umgebaut werden.

Willems war es wichtig, das Gebäude in dem Zustand zu zeigen, in dem es sich zurzeit befindet — in seiner maroden Schönheit. Aus diesem Grunde verzichtete er auf künstliches Licht und Nachbearbeitung der Fotos.

Das Stadtbad galt bei seiner Eröffnung im Mai 1890 als das schönste, größte und teuerste Bad im Kaiserreich. Seine prachtvolle Ausstattung im historisierenden Stil der Gründerzeit beeindruckt noch heute. Die Krefelder nutzten zu Tausenden die Möglichkeit, einmal pro Woche eine Dusche oder ein Bad zu nehmen, denn nur die Oberschicht verfügte über den Luxus eines eigenen Badezimmers. Die Eröffnung der Freibadanlage im Jahre 1925 machte das Schwimmzentrum komplett.

Im Krieg wurde das Bad durch eine Bombe beschädigt; 1950 war das Bad wieder vollständig eröffnet. 1950 kamen 423 000 Badegäste, 1951 schon 508 000. Doch die in den 50er Jahren einsetzende Modernisierung der Wohnungen läutete den Niedergang des Bades ein. Die Bürger waren immer weniger auf die städtischen Dusch- und Wannenbäder angewiesen. Auch die Besucherzahlen im Sportbereich gingen durch die Eröffnung des Bockumer Badezentrums 1967 zurück. 1989 nutzten noch 155 000 Gäste das Stadtbad.

Im April 1992 verursachte ein Erdbeben Risse in den Becken der Damen- und Herrenhalle. Eine vorübergehende Schließung wurde unausweichlich. Während 1994 das Herrenbad als Bestandteil des seit 1985 unter Denkmalschutz stehenden historischen Komplexes mit Landeszuschüssen in Millionenhöhe saniert und wiedereröffnet wurde, blieben das Damenbad und die übrigen Abteilungen geschlossen. In das Herrenbad kamen 1999, dem letzten Jahr des Bestehens, nur 11 000 Badegäste. Die jährlichen Betriebskosten von mehr als einer Million Mark waren einfach zu viel. 2000 wurde das Bad stillgelegt.

(RP)
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