Hockey Wie Michlers dem Iren Matthew Bell das Leben retten

Krefeld · Die Hockey-Familie – das ist oft mehr als nur ein Begriff. Das wissen sie auch beim Crefelder HTC zu schätzen. In einem Fall war der Zusammenhalt sogar Leben rettend. Eine ganz besondere Geschichte.

 Matthew Bell hatte großes Glück und ist auf dem Weg der Besserung.

Matthew Bell hatte großes Glück und ist auf dem Weg der Besserung.

Foto: chtc

Viele vermeintlich kleinere Sportarten, die oft keine große Profiliga besitzen, beschreiben den Zusammenhalt und die Gemeinschaft der Aktiven schnell als Familie. Dass dies mehr als nur eine Worthülle sein kann zeigt sich bei den Hockeyteams des Crefelder HTC.

Die sportliche Verantwortung liegt zwar bei den Cheftrainern, Andre Schiefer bei den Damen und dem ehemaligen CHTC-Spieler Ronan Gormley bei den Herren, doch damit die Aktiven in der Lage sind gute Leistungen abzurufen, ist viel mehr als nur die sportliche Arbeit nötig. Dies fängt bei der Organisation von Spielansetzungen und den zahlreichen Reisen quer durch Deutschland an, geht über die Verpflegung während der Spiele bis zu Aspekten, die über den eigentlichen Sport hinaus reichen. 

In den Bereichen abseits des Flutlichts liegt der Zuständigkeitsbereich von Teammanagerin Perdita Michler. „Oft unterstütze ich die neuen, oft ausländischen Spieler, zum Beispiel dabei, eine Wohnung zu finden, sie mit der Sprache vertraut zu machen oder für alle Spieler einfach ein offenes Ohr zu haben“, erzählt sie. „Es gibt eben auch Dinge, die sie vielleicht nicht direkt mit dem Trainer besprechen wollen, sondern zu mir kommen. Dadurch habe ich einen engen Kontakt zu den Spielern.“

Dieser wird auch dadurch verstärkt, dass ihr Sohn Linus (22) bei den Herren spielt und mittlerweile der Kapitän ist. Auch Tochter Nike (20) ist als Spielführerin fester Bestandteil des Damenteams. Und auch die jüngeren Zwillinge Nele und Lotta spielen in der Jugend des Krefelder Vereins. Damit treten die vier Kinder ganz in die Fußstapfen ihres Vaters Klaus Michler, seines Zeichens langjähriger Hockeyspieler und Olympiasieger von 1992 sowie Facharzt für Orthopädie. Oft nimmt die Familie neue Spielerinnen und Spieler für eine Übergangszeit bei sich auf, bis diese eine Wohnung gefunden haben, so dass bereits Aktive aus Irland, Neuseeland und Indien bei ihnen gewohnt haben. 

Dass Perdita Michler selbst nie Hockey gespielt hat, stellt dabei kein Problem dar. Sie sei von ihrer Mutter mal zu einem Training gebracht worden, habe aber schnell gemerkt, dass dies eher nichts für sie sei. Sie zog es vor, zu rudern und Volleyball zu spielen. Durch ihren engen Freund Matthias Mahn, langjähriger Herrentrainer des CHTC, ist sie schließlich Teil der Mannschaft geworden.

„Sie opfert wahnsinnig viel Zeit, organisiert sensationell, ist dabei unglaublich witzig und immer gut gelaunt, total hilfsbereit“, sagt Mahn über Perdita Michler und ihre Arbeit. „Sie hat einen Blick für die Zwischentöne und gleicht zwischen Mannschaft und Staff aus, dabei wird ihr das Ganze nie zu viel.“

Eine der Besonderheiten des Hockey beschreibt Perdita Michler so: „Viele Menschen und oft ganze Familien bleiben dem Hockeysport einfach sehr lange erhalten, egal bei welchem Verein wir spielen, man sieht immer wieder die selben vertrauten Gesichter und mit einigen Hockeyfamilien sind wir auch eng befreundet.“

Eine außergewöhnliche Geschichte erlebte sie mit dem irischen Spieler Matthew Bell. Nach einer kurzen Zwischenstation im Ausland kehrte er 2019 zum CHTC zurück. Plötzlich brach er während eines Abendessens am Buffet zusammen. Da dies nicht der erste Vorfall war und er bereits vorher über Sehstörungen und Kopfschmerzen beklagt hatte, wollten Perdita und ihr Mann Klaus auf Nummer sicher gehen und besorgten dem 27-jährigen einen MRT-Termin. Mit dem Ergebnis folgte der Schock: Matthew Bell hatte einen Tumor im Kopf, der so groß wie drei Golfbälle war und bereits großen Druck auf sein Gehirn ausübte und somit die Symptome verursachte. Quasi mit dem MRT-Ergebnissen in der Hand folgte eine Einweisung ins Krankenhaus und eine Not-OP. Seine Eltern, die in aller Eile verständigt wurden und aus Irland einflogen, trafen erst nach Beginn des Eingriffs ein. Die Ärzte konnten erfolgreich den Großteil des Tumors entfernen, doch der junge Ire musste noch mehrere Wochen und aufgrund weiterer Operationen im Krankenhaus verbringen. In der Folgezeit musste er erst wieder grundlegende Fähigkeiten wie sprechen und laufen erlernen.

 Perdita Michler

Perdita Michler

Foto: Schoofs

„Wir sind unglaublich froh, ihm geholfen zu haben und sind erleichtert, dass er auf dem Weg der Besserung ist. Wäre der Tumor nur wenige Tage später entdeckt worden, wäre es laut dem Arzt wohl zu spät gewesen,“ erinnert sich Perdita an ihr wohl bewegendestes Erlebnis beim CHTC. Nach über einem Jahr harter Arbeit in der Reha kann Matthew Bell heute sogar erste vorsichtige Schritte auf dem Hockeyplatz machen.

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