Ein Streitfall Schiedsrichter überstimmt Oberschiedsrichter

Krefeld · Tatsachenentscheidung lautet das Argument beim Streit in der Tennis-Bundesliga im Spiel zwischen Blau-Weiß Krefeld und TuS Sennelager. Doch die Szene bleibt umstritten. Einen Videobeweis gibt es nicht.

 Marco Cecchinato von Blau-Weiß Krefeld bekam den Punkt.

Marco Cecchinato von Blau-Weiß Krefeld bekam den Punkt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Es war sicherlich der Aufreger der Bundesligapartie des HTC Blau-Weiß Krefeld gegen den TuS Sennelager-Paderborn und ein Paradebeispiel für Regelkunde im Tennis. Was war passiert? Krefelds Italiener Marco Cecchinato schlug beim Stande von 5:4 und 40:30 zum möglichen Gewinn des ersten Satzes auf. „Out“, hallte laut und deutlich der Ruf von Schiedsrichter Jan Siebertz über den Court. Sennelagers Spieler, der Slowake Jozef Kovalik, hatte diesen Ball lediglich mit dem Schlägerrahmen getroffen und ins Aus befördert. Cecchinato aber hatte seinen Ball gut gesehen und intervenierte. Schiedsrichter Siebertz kletterte von seinem Hochsitz, nahm den Aufschlagpunkt der Filzkugel in Augenschein, korrigierte seine Entscheidung, gab den Punkt und entschied auf 6:4 und damit Satzgewinn für Krefeld.

Eine Entscheidung, mit der Gegner Kovalik nun überhaupt nicht einverstanden war. „Sie haben so früh ‚Aus‛ gerufen, da habe ich den Ball extra nicht mehr richtig gespielt“, herrschte er den 25-jährigen Unparteiischen auf Englisch an und forderte vehement eine Wiederholung des Ballwechsels. Mittlerweile war Oberschiedsrichter Wolfgang Bäsken (69) vom Balkon des Clubhauses in der ersten Etage, von wo aus er das Geschehen beobachtet hatte, an den Court geeilt. Auch er plädierte für eine Wiederholung des Ballwechsels. Das nun wiederum rief Cecchinato auf den Plan, der Blau-Weiß Teamchef Hajo Ploenes zur Hilfe bat.

Gemeinsam wurde dann dieser regeltechnische gordische Knoten durchschlagen. Da Student Siebertz den Punkt gegeben hatte, konnte auch Oberschiedsrichter Bäsken diese Tatsachenentscheidung nicht überstimmen. „Stimmt“, gab dieser zu Protokoll. „Ich hatte nicht mitbekommen, dass der Schiedsrichter bereits entschieden hatte.“ Das gleiche sagte auch Cecchinato selbst. „Erstens war mein Ball auf der Linie und damit gut;  und zweitens, Entscheidung ist Entscheidung. So ist das auch auf der ATP-Tour“, sagte der Italiener, der 2018 im Halbfinale der US-Open in New York gestanden hatte.

Letztendlich aufklären, was passiert war, konnte nur Siebertz selbst. „Mein Ruf ‚Aus‛ kam zu einem Zeitpunkt, zu dem der retournierende Jozef Kovalik den Ball schon nur mit dem Schlägerrand getroffen und ins Aus gespielt hatte. Mein Ruf hat seine Aktion nicht mehr beeinflusst. So war es ein As und deshalb habe ich den Punkt gegeben“, begründete der Unparteiische seine Entscheidung. Um dann aber anzufügen, „dass man so eine Millimeterentscheidung lieber beim Stand von 15:15 und 1:1 im ersten Satz trifft, als bei einem Satzball“. Ob sie letztendlich objektiv richtig war, lässt sich angesichts der Rasanz des Geschehens nur schwer beurteilen.

„Der Schiedsrichter muss entscheiden und der Schiedsrichter als Mensch kann und darf auch einmal einen Fehler machen“, sagte Oberschiedsrichter Bäsken väterlich weise. „Wohl wahr, das mit dem Fehler“, stimmte ihm Blau-Weiß-Teamchef Hajo-Ploenes zu und dachte dabei an seinen Aufstellungs-Lapsus von vor gut zwei Wochen, als er zwei Nicht-Eu-Ausländer nominierte, obwohl nur einer erlaubt ist.

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