Krefeld Krefeld und der Fußball: Eine neue Ära

Krefeld · Die Karten sind neu gemischt: Zwei Jahrzehnte sorgte der KfC für Negativ-Schlagzeilen. Unser Sportredakteur Thomas Schulze hat das Team acht Tage im Trainingslager beobachtet und kehrt mit einer guten Nachricht für die Stadt zurück.

Legendär war das Trainingslager der deutschen Fußball-Nationalelf vor der Weltmeisterschaft 1982 am Schluchsee im Schwarzwald. Damals büchsten die Spieler abends regelmäßig aus und kamen erst nachts angeheitert zurück, weshalb bis heute der "Schlucksee" im Fußball ein geflügeltes Wort ist. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Fußball ist professionell geworden, die Spieler auch. Das zeigte sich auch im einwöchigen Trainingslager des KFC Uerdingen in der Türkei. Die Spieler zogen nicht über die Dörfer, sondern präsentierten sich auf und neben dem Platz diszipliniert und lebten für den Sport. Nicht nur im Fußball, auch beim KFC hat sich einiges geändert.

Mikhail Ponomarev dürfte das gefallen. Der Mann hat Spaß am Fußball und ist Unternehmer. Nachdem er in England als Trikotsponsor beim AFC Bournemouth fungierte, dort im Aufsichtsrat saß und mit ihm den Aufstieg in die Premiere League gefeiert hat, suchte der 43 Jahre alte Russe eine neue Herausforderung - im Westen, denn er wohnt in Düsseldorf. Dabei fiel seine Wahl auf den KFC Uerdingen, bei dem er sich eine nicht ganz einfache Aufgabe gestellt hat: "Der KFC Uerdingen ist ein Verein mit großer Tradition. Ich bin Geschäftsmann. Also ist es mein großes Ziel, den Verein profitabel zu machen, dass er alleine auf gesunden Füßen stehen kann. Das kann er aber nicht in der vierten und auch nicht in der dritten Liga, sondern nur in der zweiten oder ersten Liga."

Ist das realistisch? Oder ist das Utopie? Sicher ist zumindest, dass Mikhail Ponomarev in dieser Saison eine siebenstellige Summe in den Verein investiert, damit die Mannschaft an der Spitze der Fußball-Regionalliga mitmischen kann. Und noch eines ist sicher: dass der Unternehmer nicht nur Geld zur Verfügung stellt, sondern gestaltend Einfluss nimmt - auf allen Ebenen.

So hat er im Vorstand zwei Personen seines Vertrauens installiert. Neben Präsident Ponomarev amtiert Nicolas Weinhart als Geschäftsführer und zweiter sowie der Jurist und Unternehmensberater Frank Strüver als dritter Vorsitzender.

Im operativen Geschäft bildet Ponomarev gemeinsam mit Weinhart und Trainer Michael Wiesinger ein Trio, das sämtliche Entscheidungen trifft. Der 35 Jahre alte Weinhart, der über die Vereinsmanager-Lizenz des Deutschen Fußball-Bundes verfügt, war in der Szene ein relativ unbeschriebenes Blatt. Zuvor war er nur beim Oberligisten Turu Düsseldorf und beim Regionalligisten Wuppertaler SV tätig.

Ganz anders Michael Wiesinger. Der 45 Jahre alte Trainer absolvierte über 200 Bundesligaspiele, u.a. für Bayern München, mit denen er die Champions League, die Meisterschaft und den DFB-Pokal gewann. Als Trainer führte er den FC Ingolstadt in die zweite Liga und arbeitete beim Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Den SV Elversberg führte er zuletzt zwei Mal in Folge in die Relegationsspiele zur dritten Liga. "Dass der Präsident so mitwirkt, das kannte ich so auch noch nicht, aber es hat mich gereizt", sagt Wiesinger. "In dem Modell gibt es keinen Sportvorstand, da ist keiner zwischengeschaltet. Ich stehe mit Herrn Ponomarev in einem direkten Austausch, wir haben fast täglich Meetings. Er verfügt über Fachkenntnisse, was ich so nicht unbedingt erwartet hatte. Da bin ich überrascht."

Das Trio hat im Sommer im sportlichen Bereich einen radikalen Schnitt gemacht. 18 neue Spieler wurden geholt, 19 mussten gehen. Solch ein Umbruch benötigt normalerweise Zeit. So war es Wiesingers vornehmlichste und schwierigste Aufgabe, die nachweislich gut ausgebildeten Fußballer zu einer Mannschaft zu formen und auf das Ziel einzuschwören. Zu zahlreichen ehemaligen Junioren-Nationalspielern, darunter Kapitän Mario Erb und Torhüter Rene Vollath, wurde jetzt in der Winterpause noch Maximilian Beister geholt. Der 27 Jahre alte Torjäger mit Bundesligaerfahrung soll der Offensive zusätzlichen Schwung verleihen.

Ob all das ausreicht, um in dieser Saison aufzusteigen? "Es ist eine Teufels-Liga", sagt Wiesinger, der Meister werden und zum dritten Mal in Folge die Relegation zur dritten Liga erreichen will. Darin würde in Hin- und Rückspiel gegen Gegner wie 1860 München, Energie Cottbus, 1. FC Saarbrücken oder Kickers Offenbach der Aufsteiger ermittelt. Zukunftsmusik. Und wirtschaftlich? "Das Image des Vereins hat in den vergangenen Jahren gelitten", sagt Ponomarev und schätzt die Situation nüchtern ein. "Daher müssen wir in Vorleistung treten mit sportlichem Erfolg und seriöser Arbeit." Die Skandalnudel KFC gehört der Vergangenheit an. Dass aber auf dem Weg nach oben nicht alles glatt läuft und er bisweilen auch mal anecken kann, hat Ponomarev längst bemerkt: "Wer glaubt, ich investiere blind und zahle alles, der irrt. Ich bin mit ganzem Herzen dabei, aber ich bin kein Depp." Der Erfolg gibt ihm Recht.

(ths)
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