Fußball "Kein Freund der Relegation"

Friedhelm Funkel ist scharfer Kritiker der Relegation. Derzeit bereitet er sich am Löschenhofweg mit dem VfL Bochum auf die Entscheidungsspiele gegen Borussia Mönchengladbach vor.

Da wurden auch bei Friedhelm Funkel viele Erinnerungen wach, als er am Mittwoch als Trainer des Zweitligisten VfL Bochum auf der Bayer-Sportanlage am Löschenhofweg erschien und seine Spieler mit einer kurzen Trainingseinheit auf das heutige Relegationsspiel gegen Borussia Mönchengladbach vorbereitete. Schließlich steht dort seine Wiege als Bundesliga-Trainer und schaffte mit den Uerdingern zweimal den Aufstieg ins Oberhaus. Seit Dienstagabend haben die Bochumer im Mercure-Hotel in Traar ihr Zelte aufgeschlagen. Am Mittwoch fuhr das komplette Team nach dem Training zum Tennis-World-Team-Cup nach Düsseldorf. Heute früh wird in Uerdingen nochmal kurz trainiert, ehe es am frühen Abend zum Borussia-Park geht.

Herr Funkel, Glückwunsch zum Relegationsplatz...

Funkel Der ist ein Erfolg für uns. Und auch die Punkteausbeute. Wir haben 65 Punkte geholt. Das hat in den vergangenen Jahren immer zum Aufstieg gereicht. Wir hatten das Pech, dass Berlin und Augsburg eben noch besser waren.

Dass es ausgerechnet gegen Borussia geht, ist schon etwas ironisch. Sie müssen Ihre alte Liebe aus der Bundesliga schießen.

Funkel Tja, das werden wir versuchen. Es ist tatsächlich so, dass ich von Kindheit an ein Gladbach-Fan war und früher in der Kurve auf dem Bökelberg gestanden habe. Ich habe solche Spiele gesehen wie das 7:1 gegen Inter Mailand mit dem Büchsenwurf. Aber so ist das nun mal im Fußball: Borussia will drin bleiben und wir wollen aufsteigen.

Ihr Kollege Lucien Favre geht die Sache psychologisch geschickt an. Er sagt, die Chancen stehen 50:50. Das dürften Sie anders sehen?

Funkel Der Bundesligist ist in der Relegation immer Favorit. Und Borussia hat zuletzt gut gepunktet. Gladbach ist ein Top-Verein mit einem Top-Team und einem Top-Trainer. Darum sind wir Außenseiter. Aber auch Außenseiter können eine Überraschung landen.

Wie?

Funkel Wir wollen als Team kompakt sein und aus einer gut gesicherten Grundordnung Nadelstiche setzen. Wir sind immer und überall in der Lage, ein Tor zu machen. Das haben wir in der Zweitliga-Saison gezeigt. Und das wollen wir auch in der Relegation tun.

Die Statistik spricht für Bochum. Der VfL hat seit 15 Spielen nicht gegen Gladbach verloren.

Funkel Das ist schön zu lesen, bringt uns aber nicht viel. Beide Mannschaften haben sich über die Jahre verändert. Jetzt spielen die aktuellen Teams gegeneinander und am Anfang steht es 0:0.

Es ist die erste Relegation, an der Sie teilnehmen.

Funkel Ja, leider.

Leider, weil Sie nicht direkt aufgestiegen sind?

Funkel Ich kein Freund der Relegation. Als sie vor einigen Jahren wieder eingeführt wurde, habe ich mich klar dagegen ausgesprochen. Drei Absteiger, drei Aufsteiger: Das ist eine ehrliche und sportlich faire Lösung. Daran hätte man nichts ändern sollen.

Auch, weil Borussia Frankfurt überholt hat. Sie haben dort lange gearbeitet. Sind Sie traurig über den Absturz der Eintracht?

Funkel Absolut. Mit tut das weh, denn nach so langer Zeit ist natürlich eine Verbundenheit da. Wir haben uns damals immer an Werder Bremen orientiert, das immer ruhig und solide und mit sportlichem Erfolg arbeitet. Wir haben etwas Stabiles aufgebaut bei der Eintracht. Leider ist im letzten halben Jahr viel schief gelaufen.

Sie bevorzugen einen defensiven Ansatz des Fußballs. Wie tief wird Bochum in Gladbach stehen?

Funkel Wie ich gerade schon gesagt habe: Wir wollen aus einer guten Grundordnung heraus Nadelstiche setzen. Zuletzt haben wir in drei Spielen jeweils drei Tore erzielt. Dabei haben wir sehr viel nach vorn gespielt und viele Partien in der Schlussphase gewonnen. In Gladbach wollen wir auf jeden Fall ein Tor machen.

Als der VfL in Osnabrück in der Nachspielzeit noch 3:1 siegte, sind Sie ein wenig ausgerastet vor Freude. So kennt man Sie gar nicht.

Funkel Ausgerastet würde ich nicht sagen. Die Anspannung war sehr hoch und es war am Ende für uns ein wichtiger Schritt. Ich habe in dem Moment ganz einfach meine Gefühle rausgelassen. So wie Lucien Favre gegen Freiburg. Der ist ja sonst auch nicht so.

Was halten Sie von Lucien Favre?

Funkel Er ist ein hervorragender Trainer. Und er leistet in Gladbach phantastische Arbeit. Ich war ja sein Nachfolger in Berlin. Er hatte dort viel Verletzungspech und musste wichtige Leistungsträger abgeben. Das ist nun mal das Leid von uns Trainern: Wenn es mal eine Zeit lang nicht so gut läuft, werden wir gleich entlassen. Wie gut Favre ist, zeigt er in Gladbach. Borussia ist total stabil geworden und spielt guten Fußball.

Bleibt der Gladbach-Fan Friedhelm Funkel in den beiden Relegationsspielen zuhause?

Funkel Da ist mir das Hemd näher als die Hose. Ich bin Bochums Trainer und will in die Bundesliga. Ich freue mich sehr auf die Spiele. Beide werden ausverkauft sein und sehr spannend werden.

(RP)
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