Interview „Handball ist ein Eventsport“

Interview | Krefeld · Beim Handballdrittligisten HSG Krefeld Niederrhein wird derzeit nur dreimal in der Woche trainiert. Torwart Oliver Krechel sieht die Mannschaft auf einem guten Weg und hofft, dass in dieser Saison noch um Punkte gespielt wid.

 Torwart Oliver Krechel kann sich derzeit nicht über gehaltene Bälle freuen.

Torwart Oliver Krechel kann sich derzeit nicht über gehaltene Bälle freuen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Der Kapitän und Torwart des Handball-Drittligisten HSG Krefeld Niederrhein vermisst neben den Spielen in der Meisterschaft auch die Zuschauer und Fans, was auch bei ihm zu Unsicherheiten, wie es weitergeht,  führt.

Die Saison ist im Moment unterbrochen und es gibt natürlich eine große Unsicherheit. Wie geht es Ihnen damit?

Krechel Unsicherheit haben wir ja im Prinzip schon das ganze Jahr. Darum ist es gar nicht wirklich was Neues. Unsicher ist nur die Frage: Spielen wir im Januar oder später oder gar nicht. Aktuell ist jetzt der Januar raus. Damit bleibt es ist wie das ganze Jahr über komisch, aber keine neue Situation. Aber klar ist es belastend. Jeder Sportler will den Wettkampf. Keiner lebt für das Training. Da kannst Du Dich nicht ausleben und an Deine Leistungsgrenze gehen, wie wir das gewohnt sind. Training ist da was ganz anderes und das belastet natürlich. 

Sie können trainieren. Aber wie schwer ist es, sich zu motivieren?

Krechel Wir haben natürlich die Trainingsumfänge auch reduziert. Mit Training, das wie gewohnt jeden Tag stattfindet, wäre das unfassbar schwer, sich täglich zu motivieren und aufzuraffen. Wir trainieren jetzt dreimal die Woche und da geht es noch. Jeder will ja auch Handball spielen und trainieren. Nur dieses Ziel fehlt, dieser Moment des Spiels am Wochenende, auf den wir hinarbeiten. Aber die Lust auf Handball ist ja da. Klar gibt es mal Tage, an denen man denkt „wofür mache ich den Scheiß jetzt“. 

Die ersten Spiele hat die HSG gemischte Ergebnisse geboten. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Krechel Natürlich war es auffällig, dass wir zu Hause gewonnen und auswärts verloren haben. Ich weiß aber nicht, ob man das daran festmachen kann. Wir hatten auswärts klar die stärkeren Gegner. Ich würde da nicht zwischen Heim und Auswärts, sondern der Stärke der Gegner unterscheiden. Aber man hat gesehen, dass wir noch nicht die eingespielte Truppe sind, die wir werden wollen. Da ist noch viel Arbeit. Wir sind aber Woche für Woche besser geworden und haben in Saarlouis eine hervorragende erste Halbzeit gespielt und dann den Kopf verloren. Wir waren, denke ich, auf einem sehr guten Weg und dann kam leider die Unterbrechung. Jetzt müssen wir sehen, ob, wie und wann es weiter geht.

Aktuell gibt es keine konkreten Pläne für eine Fortsetzung der Saison. Wie sehr sehnen Sie einen irgendwie gearteten Restart herbei?

Krechel Wir sehnen uns alle danach. Man hat natürlich oft den Gedanken „wie wäre es jetzt, wenn wir spielen würden?“ Das kann man gar nicht außen vor lassen. Wir stehen ja dreimal die Woche in der Halle und trainieren auf etwas hin. Wir machen das ja nicht so vor uns hin, ohne Grund und Verstand, sondern mit dem Ziel, mal wieder zu spielen. Aber es ist schon schwer, sich das vorzustellen. Man weiß ja nicht mal mehr, wer der nächste Gegner gewesen wäre oder ist. Darum ist es nicht wirklich greifbar und schon schwer, aber die Sehnsucht ist da. Keine Frage.

Gut möglich, dass weiter ohne Zuschauer gespielt wird, wenn es wieder los geht. Die Inzidenzwerte sind immer noch hoch. Wie haben Sie die „Geisterspiele“ bislang erlebt?

Krechel Wir hatten ja noch ein paar Zuschauer bei den meisten Spielen, aber auch ein paar Geisterspiele und das ist eine andere Stimmung und eine komische Atmosphäre. Die Zuschauer fehlen einfach. Handball ist ein Eventsport und das geht auf die Spieler über. Die Stimmung in einem Spiel kann so schnell kippen, wenn die Zuschauer dich nach vorn pushen. Mir persönlich als emotionaler und lauter Spieler hat das sehr gefehlt. Aber ich glaube, das kann jeder Spieler brauchen. Keiner hat sich wohler gefühlt, als mit Zuschauern, da bin ich mir ganz sicher.

Aktuell läuft die Weltmeisterschaft. Deutschland ist in der Gruppenphase ausgeschieden. Wie sehen Sie die Leistungen?

Krechel Natürlich habe ich gehofft, dass die deutsche Mannschaft ins Viertelfinale kommt. Mit den vielen Ausfällen und Absagen war das zwar im Rahmen des Möglichen, aber nicht unbedingt zu erwarten. Wenn man aber sieht, dass die Baustellen in den Schlüsselspielen u.a. bei den Torhütern lagen, wo wir ja nominell voll besetzt waren und es auch beim Torabschluss in wichtigen Phasen nicht rund lief, dann tue ich mich trotzdem etwas schwer damit zu sagen, dass ja wichtige Spieler gefehlt haben. Insgesamt war mehr drin. Zum Turnier im Ganzen kann man nur sagen, dass es bereits einige spannende Spiele auf hohem Niveau gegeben hat. Immer wieder hervorheben kann ich nur Andy Schmid, dem ich einfach unglaublich gerne zuschaue. Auch Nachrücker Schweiz hat sich insgesamt sehr gut präsentiert. Zur Corona Situation, insbesondere der Bubble, kann man nur was sagen, wenn man auch vor Ort ist. Insgesamt scheint es so, als hätten sie die Veranstaltung bisher gut hinbekommen. Ich hoffe, dass das so bleibt.

Eigentlich sollte Ihr Mitspieler Paul Skorupa dabei sein. Aber die USA zogen wegen einer Corona-Welle im Team zurückgezogen. Hatten Sie schon Kontakt mit ihm? Wie enttäuscht ist er?

Krechel Lediglich zum WM-Start hätte man - im Nachhinein - die Mannschaften vorher anders isolieren sollen. Das möchte ich vorweg schicken. Aber, ob des straffen Zeitplans zwischen Saison und WM war das alles auch nicht einfach. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Für Paul und die US-Jungs ist das einfach nur schade. Ich weiß, wie hart Paul gearbeitet hat. Er hat sich dieses Turnier verdient, aber ich bin mir sicher, dass der junge Kerl, wenn er so weitermacht, bald vor dem nächsten großen Turnier steht. Ich habe natürlich gefragt, was da los war und wie es ihm geht, aber da muss man ehrlicherweise auch sagen - wie solls ihm schon gehen? Er hat gerade eine WM verpasst.

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