Radsport Trauer um den Tour-Helden Hennes Junkermann
Krefeld · Die beliebte und erfolgreiche Krefelder Radsportlegende ist am Montag im Alter von 87 Jahren gestorben. Zum Radsport kam er als 15-Jähriger nur zufällig. Eigentlich wollte er Fußballer werden.
Hans „Hennes“ Junkermann, die deutsche Radsport-Legende aus Krefeld und ein Aushängeschild des Sports der Seidenstadt, ist am Montag im Alter von 87 Jahren gestorben. Besonders bei seinem Heimatverein Staubwolke Fischeln sowie seinen vielen Weggefährten und Freunden ist die Trauer groß. Sie verlieren mit ihrem „Hennes“ einen bodenständigen, treuen, beliebten und sympathischen Menschen.
Zum Radsport kam Hennes Junkermann, der eigentlich eine Laufbahn als Fußballer anstrebte, zufällig. Als 15-Jähriger stand er bei einem kleinen Rennen an der Straße und fasste den Entschluss, selber auf das Rennrad zu steigen. Im Alter von 21 unterschrieb er 1955 beim deutschen Rabeneck-Team seinen ersten Profi-Vertrag. Vier Jahre später gewann er die Tour de Suisse. Im Winter absolvierte er viele Rennen auf der Bahn. So wurde aus ihm ein gefürchteter Allrounder, der keinen Berg scheute und auf der Zielgeraden durchaus Stehvermögen bewies.
Beim Giro d‘Italia startete er von 1958 bis 1961 und gehörte neben so bekannten Größen wie Fausto Coppi, Jacques Anquetil oder Rick Van Looy zum engeren Favoriten-Kreis. Die 20. Giro-Etappe von 1961, die Königsetappe über 275 Kilometer mit dem Anstieg hoch zum Stilfser-Joch, hat Hennes Junkermann nie vergessen. Mit zehn Minuten Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten waren Etappensieg und der Gesamtsieg greifbar nahe. Nach einem Schluck aus einer fremden Trinkflasche, die ihm gereicht worden war, litt er unter heftigen Magenkrämpfen. Der schon sicher geglaubte Triumph war dahin, es blieb ihm nur ein sechster Platz. Bis zu seinem Tod glaubte er noch, dass seine Gegner die Trinkflasche manipuliert hatten.
Ein Jahr zuvor war er auch bei der Tour de France als Mitfavorit gestartet. Damals gingen Nationalmannschaften an den Start. Die Top-Teams traten mit 14 Fahrern an, Deutschland nur mit acht. Während alle Italiener ins Ziel kamen, erreichten nur drei Deutsche Paris, darunter Junkermann, der sich mit Platz vier begnügen musste.
1962 mussten die Tour-Organisatoren wieder Firmen-Mannschaften zulassen. Junkermann gehörte mit dem Groene-Leeuw-Team hinter sich zu den Favoriten, zumal er kurz zuvor souverän die Tour de Suisse, einschließlich zweier Etappen und der Bergwertung, für sich entschieden hatte. Diesmal beendete eine angebliche Fischvergiftung auf der 14. Etappe alle Träume. Er saß als kleines Häuflein Elend im Graben. „Hätt ich misch doch dä Fisch nit jejesse“, jammerte Junkermann damals - der Ausspruch wurde wie er selbst zur Legende. Im Quartier in Luchon habe man das Essen manipuliert. „Das war aber keine Fischvergiftung, wie es immer hieß“, erzählt er vor fünf Jahren.
Unter seinen prominenten Kollegen genoss Hennes Junkermann großes Ansehen, mit Weltklasse wurden seine Fähigkeiten umschrieben. Vor allem sein Klettertalent nötigte ihnen Respekt ab, und seine Ausdauer über lange Distanzen machten ihn immer gefährlich. Hätte er etwas mehr Endschnelligkeit mitgebracht, sähe seine Erfolgsbilanz sicherlich weitaus beeindruckender aus. Im „hohen“ Alter von 39 Jahren verabschiedete sich Hennes Junkermann vom aktiven Radsport. Und das vor mehr als 40.000 Zuschauern, ein Beweis für seine Popularität.
Doch die hat ihm leider nicht geholfen, die Tour nach Krefeld zu holen. Für die Interessengemeinschaft, die Krefeld als Etappen-Durchfahrt wollte, war er Zugpferd. Sven Teutenberg, in Düsseldorf Event-Direktor der Tour, war einst mit Erik Zabel ein Schützling von Trainer Junkermann. So hatten die Organisatoren aus der Seidenstadt auf Fürsprache gehofft. Es klappte nicht. Ganz umsonst war die Arbeit der „IG Tour 17“ allerdings nicht. Die Sponsoren unterstützen das Rennen auf dem Krefelder Westwall kurz nach der Tour.
Auch nach seiner aktiven Zeit blieb Hennes Junkermann dem Radsport treu. Er arbeitete zunächst erfolgreich als Trainer und Teamleiter beim RSV City Neuwied und später beim RC Olympia Dortmund. Dort betreute er unter anderen Rolf Aldag und Erik Zabel. Bei vielen großen Radrennen war er ein gerngesehener Gast und ehrte dabei oft die Sieger. Er selbst saß fast täglich auf dem Rennrad. Dabei steuerte er regelmäßig die Xantener Eisdiele von Fausto Santin an. Der organisierte 2013 ein Treffen mit dem Italiener Franco Balmamion, der 1962 bei der Tour de Swiss hinter Hennes Junkermann Platz zwei belegt hatte.
Ein Jahr später luden ihn die Vereine Staubwolke Fischeln und der Hülser SV anlässlich seines 80. Geburtstages zur sogenannten Hennes-Runde über Tönisberg, Issum und Geldern ein. Das Besondere dabei war, dass die Teilnehmer wenn möglich mit alten Rennrädern und in ebenso alten Outfits gekleidet erscheinen sollten. Gut 60 Radsportfreunde trafen am Sprudeldyk ein, um von dort aus nicht nur die gut 60 Kilometer lange Strecke zu fahren, sondern auch die teilweise sehr alten Schmuckstücke aus vergangenen Zeiten des Rennradsportes zu präsentieren. Hennes Junkermann selber holte ein altes Rennrad aus dem Keller, das er einst als Trainer von Erik Zabel im Einsatz hatte. Und dass er in einem gelben Trikot kam, war auch kein Zufall. Es war das Original-Siegertrikot, mit dem der Krefelder zweimal die Tour de Suisse gewann.
Anfang 2015 stürzte Hennes Junkermann, als er mit dem Rennrad auf der Moerser Landstraße in Richtung Verberg unterwegs war. Er zog sich schwere, aber nicht lebensbedrohliche Verletzungen zu, musste aber im Krankenhaus bleiben. Er stieg aber nochmal aufs Rad. Doch seine Touren wurden immer weniger und kürzer. In den vergangenen Jahren hatte er aber zunehmend mit gesundheitlichen Probleme zu kämpfen. „Hennes war ja schon länger krank“, sagte seine langjährige Lebensgefährtin Annelie Zajec am Dienstag gegenüber der Presseagentur dpa.