Fechten "Goldjunge" zittert um Olympia

Krefeld/Berlin · Seit seinem Olympiasieg wird der Krefelder Florettfecher Benjamin Kleibrink vom Pech verfolgt. Bei der EM in Sheffield ist der Goldmedaillengewinner von Peking nicht dabei - wegen eines Motorradunfalls.

 Derzeit nicht auf der Planche, sondern in der Reha: Olympiasieger Benjamin Kleibrink.

Derzeit nicht auf der Planche, sondern in der Reha: Olympiasieger Benjamin Kleibrink.

Foto: AFP

Seine Mannschaftskollegen kämpfen um Medaillen und die Olympiaqualifikation, doch Fecht-Olympiasieger Benjamin Kleibrink bleibt bei der Europameisterschaft in Sheffield nur die Zuschauerrolle. Ein Motorradunfall im April beendete die sich seinerzeit abzeichnende Rückkehr des Florett-Spezialisten aus dem Krefelder Stadtteil Fischeln in die Weltspitze. Quälen in der Reha statt Fechten auf der Planche heißt das derzeitige Programm für den 25-Jährigen.

"Benjamin nimmt das alles sehr pragmatisch. Er arbeitet fleißig an seinem Comeback und ordnet dem alles unter", sagt Bundestrainer Ulrich Schreck über seinen Schützling, der sich 2008 in Peking zum ersten deutschen Olympiasieger im Florett krönte: "Er ist wieder heiß auf Olympia."

Dabei war der große Erfolg des mittlerweile für Tauberbischofsheim startenden Kleibrink auch eine Zäsur in seiner Karriere. Anstatt den Medienrummel zu suchen und sein Olympiagold sprichwörtlich zu versilbern, nahm er sich eine Auszeit vom Fechten. In einem Streit um angeblich zugesagte Prämien verlor Kleibrink vor Gericht gegen seinen alten Verein OFC Bonn. Er wechselte den Klub und wurde daraufhin für nationale Turniere gesperrt.

Doch auch international ließen die Erfolge auf sich warten. Die Unbeschwertheit, mit der er in Peking über die Planche fegte - sie war weg. "Es war schwierig, die Motivation nach dem Olympiasieg aufrechtzuerhalten. Es hat nie wirklich am Fechterischen gelegen, mehr an der Motivation", erklärte Kleibrink. Er rutschte in der Weltrangliste ab, musste teilweise bei Weltcups in die Qualifikation für die Hauptfelder und dadurch früh im Turnier gegen starke Gegner antreten - was wiederum frühe Niederlage nach sich zog. Ein Teufelskreis.

So wie auch bei der WM im vergangenen Jahr in Paris. Mit neuem Mut und neuer Motivation hatte sich Kleibrink ohne Probleme durch die Qualifikation gefochten - allerdings wartete dann bereits in der zweiten Hauptrunde der damalige Weltranglistenerste Sheng Lei aus China. Kleibrink unterlag äußerst knapp - Sheng wurde später Vizeweltmeister.

So gut wie die Vorbereitung auf die Olympiaqualifikation in diesem Jahr begonnen hatte, so bitter war der erneute Rückschag durch den Unfall. Mit Platz zwei beim Weltcup in La Coruna und Rang drei beim Turnier in Paris meldete sich Kleibrink eindrucksvoll in der Weltspitze zurück. Die Olympiaquali konnte kommen - ehe die durch den Unfall verursachte Schulterverletzung alle Pläne zunichte machte. "Das war natürlich der denkbar ungünstigste Zeitpunkt", sagt Schreck, denn durch den Ausfall des Leistungsträgers erlebten auch die Olympiahoffnungen des deutschen Florettteams einen herben Rückschlag. Da bei einer geglückten Qualifikation mit der Mannschaft auch drei Starter im Einzelwettbewerb an den Start gehen dürfen, liegt bei den Deutschen auf diesem Wettbewerb der Fokus - ohne Kleibrink naturgemäß ein deutlich schwierigeres Unterfangen.

So dämpft Schreck auch vor dem Mannschaftswettbewerb der EM am kommenden Sonntag die Erwartungen. "Ich werde keine Medaillen ausloben", sagt der Bundestrainer. Die Hoffnungen richten sich derzeit auf die WM im Oktober in Catania - dann soll Kleibrink endlich wieder mitfechten können.

(RP)
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