Während im Männer-Wasserball vor allem die Profiligen Süd- und Osteuropas als die großen Talentschmieden gelten, sind im Frauenbereich die US-Universitäten eine echte Alternative, zumal sich dort auch Spitzensport und Ausbildung bestens miteinander verbinden lassen. In den Toppligen besitzen die Teams ein absolut professionelles Umfeld. Dieses gilt auch für das Team aus der drittgrößten Stadt Kaliforniens nach Los Angeles und San Diego: Die "Spartans, wie die Sportteams der dortigen Universität genannt werden, spielen beim Frauenwasserball in der obersten "Conference" und treffen dort auf nationalen Schwergewichte: Mit Stanford und Berkely sowie der USC und der UCLA aus Los Angeles kommen diese mehrheitlich ebenfalls aus Kalifornien, doch auch die berühmte Harvard-Universität aus Boston mischt mit.

Mit dem Aufenthalt im Lande des frischgebackenen Olympiasiegers der Frauen geht für Bianca Seyfert geht aber nicht nur sportlich ein Traum in Erfüllung: Die 19-Jährige hatte immer schon daran gedacht, nach der Schule ins Ausland zu gehen. Besonders freut sie, nun das Studium mit dem Hobby verbinden zu können: "Jetzt, wo es auch noch Kalifornien ist, ist es perfekt", sagt die Jung-Nationalspielerin, die 2012 mit der A-Auswahl bereits bei der Europameisterschaft in Eindhoven (Niederlande) und der Weltliga-Endrunde in Changshu (China) ins Wasser gestiegen ist. Bei den internationalen Jugendchampionaten war die Bayer-Spielerin gleich mehreren der US-College-Trainer, die regelmäßig zum "Scouting" nach Europa reisen, aufgefallen. Auf Vermittlung des niederländischen Trainers Koen Plasmeyer, Europapokalsieger 2010 mit der griechischen Vereinsmannschaft von Ethnikos Piräus, erhielt sie dann einen Platz in San José.

Besonders erfreulich für die Bayer-Spielerin ist zugleich, dass sie eines der Vollstipendien erhalten wird. Damit fallen unter anderem auch die von der hiesigen Universität erhobenen Studiengebühren in Höhe von 62.000 Dollar pro Jahr weg. Da auch Topuniversitäten wie Stanford oder Berkeley jedes Jahr einige Studienplätze an Wasserballspieler vergeben, ist die Sportart in einigen Regionen sogar ein Mittel des sozialen Aufstiegs, doch auch die akademische Leistung muss stimmen. Beim Studium, das ohne weitere Vergünstigungen absolviert werden muss, stehen für die Krefelderin zunächst Vorbereitungskurse auf dem Programm; die Wahl des eigentlichen Studiengangs erfolgt erst vor Ort. Auch einem anderen vermeintlichen Klischee aus US-Fernsehserien wird Bianca Seyfert nicht entkommen: Im ersten Studienjahr muss sie zusammen mit einer Zimmernachbarin in einem Studentenwohnheim residieren.

Der erste Auftritt im Spartans-Badeanzug soll bereits am 19. Januar bei einem Vorbereitungsturnier im fernen Ann Arbor (US-Bundesstaat Michigan) erfolgen. Eine Woche später kommt Ann Arbor dann zum Ligastart in das direkt auf dem SJSU-Campus gelegene Aquatics Center, wo wie in den meisten anderen Wasserballstandorten Kaliforniens unter freiem Himmel gespielt wird. Doch davor stehen erst einmal hektische Tage des Umzugs und der Eingewöhnung an, zumal es nun auch vielfach Abschied zu nehmen gilt. "Nur schweren Herzens gehe ich so weit weg weg - von meiner Familie und den 'Seidenstadtmädels'", sieht die 19-Jährige den Sprung an die berühmte San Francisco Bay nicht nur mit einen lachenden, sondern auch einem weinenden Auge.

Fehlen wird sie damit der Werkssieben auch in den weiteren Spielen der Deutschen Wasserball-Liga (DWL). Ob es dann im Frühsommer ein Comeback in den Play-offs oder der Pokalendrunde gibt, vermochten die Bayer-Verantwortlichen noch nicht zu sagen.