Schwimmen "Ein recht egoistisches Klima"
Krefeld · Rainer Vorderwülbecke, der neue 1. Vorsitzende des SV Bayer 08 Uerdingen, erlebt seit seiner Wahl unruhige Zeiten. Sein Vorgänger Harald Pielartzik möchte den neuen Vorstand wieder abwählen lassen. Die nächste außerordentliche Mitgliederversammlung ist am 15. Juli.
Seit Anfang April ist Rainer Vorderwülbecke der neue Vorsitzende des SV Bayer 08 Uerdingen. Seitdem gibt es Unruhen im Verein durch einen Antrag des Ex-Vorsitzenden Harald Pielartzik. Er möchte den neuen Vorstand wieder abwählen lassen. Eine Sitzung im Mai wurde abgebrochen, weil der Mitgliederandrang zu groß war. Neue Ansetzung und Entscheidungstag der außerordentlichen Mitgliederversammlung ist der 15. Juli. Dann wird sich zeigen, ob Vorderwülbecke weiterhin mit dem neu gewählten Vorstand im Amt bleiben kann.
Herr Vorderwülbecke, Sie sind jetzt seit April im Amt. Der Antrag des ehemaligen Vorsitzenden Harald Pielartzik steht weiter im Raum, der den neuen Vorstand abwählen lassen möchte. Wie sehen Sie der Versammlung am 15. Juni entgegen?
Vorderwülbecke Es wird ziemlich sicher keine Abwahl geben, denn die Mehrheit, die es laut Herrn Pielartzik gegen den neuen Vorstand geben soll, gibt es meines Erachtens nicht. Ich kenne viele Mitglieder des Vereins und auch die, die zur Jahreshauptversammlung kommen, aus dem täglichen Leben. Die sehen Herrn Pielartziks Ansichten ganz anders. Die Schwebesituation, die er künstlich erzeugen will, sehe ich als sehr fragwürdig an. Man braucht eine konstante Vereinsführung. Aber jeder hat das gute Recht einen Antrag zu stellen. Wir, der neue Vorstand, sehen dem Ganzen gelassen entgegen.
Was würden Sie tun, wenn Sie abgewählt werden würden, würden Sie auch einen Antrag auf Abwahl des Vorstandes stellen?
Vorderwülbecke.: Wir würden nicht einen neuen Antrag stellen. Außerdem kann so ein Antrag nur bei einer Jahreshauptversammlung gestellt werden und die gibt es eben nur einmal im Jahr. Es gibt noch die Möglichkeit sie vom Vorstand selbst einzuberufen oder von zehn Prozent der Stimmberechtigten. Aber das würden wir nicht tun. Ich habe versucht mit Herrn Pielartzik Kontakt aufzunehmen, um auch mit ihm die Tagesordnung abzustimmen. Bis heute jedoch ohne Erfolg. Trotzdem - ich glaube nicht, dass wir abgewählt werden. Über die Hälfte des neuen Vorstandes ist im Verein und ist hier groß geworden. Wir mögen den Verein und haben wieder die Anbindung zu den Mitgliedern.
Hatte der vorige Vorstand nicht eine solche Bindung?
Vorderwülbecke: Ich möchte die Arbeit des ehemaligen Vorstandes auf keinen Fall schlechtmachen. Damals wurden die Ämter zum Teil Personen zugetragen, die nicht im Verein waren. Es ist auf jeden Fall ehrenhaft, dass Personen, die erst kurz im Verein sind oder noch gar nicht, eine solche Herausforderung annehmen. Dadurch baute sich aber leider keine Beziehung zu den Mitgliedern auf.
Die Arbeit war nicht transparent genug und es hat sich ein recht egoistisches Klima entwickelt. Als ich klein war, war mein Vater hier Vorsitzender im Bereich Technik. Die meisten, die im Vorstand waren, hatten auch Kinder in den verschiedenen Abteilungen. Dieses Wir-Gefühl wollen wir wieder aufbauen. Dass das funktionieren kann, haben wir in den letzten Wochen schon gespürt. Das liegt wahrscheinlich auch darin, dass wir im Schnitt zehn Jahre jünger sind als der vorige Vorstand.
Können Sie denn bisher ohne Probleme arbeiten?
Vorderwülbecke Ganz normal. Wir haben unsere regelmäßigen Sitzungen und in den einzelnen Fachbereichen stellen wir momentan Zweijahres-Pläne auf. Wir haben verstärkt den Dialog zu den Mitgliedern gesucht und mussten viele Zweifel ausräumen, die vom vorigen Vorstand in die Welt gesetzt wurden. Zum Beispiel gab es das Gerücht, dass die Bayer AG nicht weiter als Geldgeber fungieren würde. Das stimmt nicht. Das haben wir schriftlich. So ein Hin und Her ist für die Mitglieder nicht hilfreich. Natürlich ärgert uns das, das wir falsche Aussagen richtigstellen mussten, aber das ist uns, denke ich, gelungen.
In welchem Bereich muss denn am meisten getan werden?
Vorderwülbecke: Vor allem der Leistungssport hat in den letzten zehn Jahren gelitten. Wir möchten den Sportlern wieder das Vertrauen geben, dass investiert wird, zum Beispiel in neue Trainer. Aber ich meine nicht nur finanziell. Mehr Wasserzeiten sind wichtig. Mehr Engagement unsererseits auch und so weiter. Dass damit die Breitensportler Einschränkungen haben, ist nicht der Fall. Das hat in den 80er und 90er Jahren auch gut funktioniert. Daher versuchen wir, die Trainingszeiten nicht in die Hauptschwimmzeiten der Breitensportler zu legen. Wir müssen wieder zu einer komplexen Einheit finden. Das ist schwierig, aber machbar.
Hat sich denn in den letzten Wochen schon etwas bedeutend verändert?
Vorderwülbecke: Es kommen auf jeden Fall mehr Mitglieder auf uns zu. Ich habe zum Beispiel auch meine Handy-Nummer für jeden, der sie möchte, hinterlegt. Wir möchten Anregungen haben und Fragen beantworten. Nur so funktioniert das. Im sportlichen Bereich können wir bereits auch einige Erfolge verbuchen. Viele hochrangige Wasserballer aus dem Leistungssport wollten zu einem anderen Verein wechseln. Nachdem der neue Trainer für die 1. Herren, Rainer Hoppe, feststand und gezeigt wurde, dass wir weiterhin in den Leistungssport Energie reinstecken wollen, sind alle geblieben.
Wie sieht es mit Breitensport aus?
Vorderwülbecke: Wir möchten auf jeden Fall Zusatzangebote aufbauen. Wir haben ja zum Beispiel schon eine Volleyball-, Basketball- und Triathlon-Abteilung. Da bekommen wir auch gute Resonanz. In den Sommerferien sind weitere Aktionen geplant. Außerdem muss man die Mitglieder bedenken, die nur zum Saunen kommen oder sich nur auf die Terrasse setzen.
Die möchten auch, dass die Anlage funktioniert. Aus meiner Erfahrung funktioniert ein Verein nur, wenn alle zusammenarbeiten: die Sportler, Familien, die Breitensportler, der Vorstand. Natürlich geht es jetzt nicht darum, nur Spitzensportler hervorzubringen. Wir müssen die große Masse adäquat behandeln.
Corinna Uhlrich führte das Gespräch.