Lokalsport Bereit für den Olympia-Notfall

Lokalsport · INterview Lisa Schmidla vom Crefelder Ruder-Club fährt als Ersatzfrau mit zu den Olympischen Spielen nach London. Heute bricht sie auf ins Trainingslager nach Ratzeburg. Im Gepäck hat sie fast einen Einkaufswagen voll mit Kleidungsstücken: das Olympiaoutfit der deutschen Delegation.

Herzlichen Glückwunsch zur Nominierung zu den Olympischen Spielen in London. Wann haben Sie davon erfahren?

Lisa Schmidla Vielen Dank. Endgültig wurde mir das am vergangenen Mittwoch durch den Deutschen Olympischen Sportbund mitgeteilt, aber ich hatte schon im Vorfeld im Trainingslager in Berlin Hoffnung, dass es klappen könnte.

Wie lief die Vorbereitung in den vergangenen Monaten, und wie haben Sie auf dieses Ziel hingearbeitet?

Schmidla Mein Trainingsstandort ist der Oympiastützpunkt in Dortmund. Hier kann ich unter Thomas Affeld optimal trainieren, und das lässt sich auch gut mit meinem Studium an der Ruhr Uni in Bochum verbinden. In den vergangen drei Monaten habe ich aber in Berlin mit dem Nationalkader an der Olympiavorbereitung unter Nationaltrainer Hartmut Buschbacher teilgenommen und deshalb mit dem Studium ausgesetzt.

Was gehört bei Ihnen, außer im Ruderboot zu sitzen, noch zum Trainingsprogramm?

Schmidla Wichtig sind Ausdauersport und eine spezielle Gymnastik, um das Gleichgewicht im Boot zu halten. Ich fahre sehr viel mit dem Rennrad, gehe schwimmen und mache Ausdauerläufe. Hinzu kommt noch die Arbeit an der Rudermaschine.

Sie sind zunächst als Ersatzfahrerin für den Doppelzweier und für den Doppelvierer nominiert. Wie geht man mit dieser Rolle um? Hofft man vielleicht insgeheim, dass eine Kollegin noch ausfällt?

Schmidla Ich hoffe natürlich nicht, dass eine Stammfahrerin noch ausfällt, aber ich bereite mich so vor, als wenn ich im Boot sitzen würde, um wirklich auch bereit zu sein. Wenn ich nicht eingesetzt werde, kann ich sicher auch Einiges an Erfahrung für die Olympischen Spiele 2016 mitnehmen.

Ist es einfacher, im Zweier oder im Vierer als Ersatzfrau zu fahren?

Schmidla Einfacher ist es im Vierer. Da macht die einzelne Ruderin nur 25 Prozent aus, während im Zweier ja die halbe Mannschaft getauscht wird.

Wie sind die Medaillenchancen in beiden Bootsklassen, und welche Nationen sind favorisiert?

Schmidla Im Zweier wäre schon der Finaleinzug ein Erfolg. Hier sind die Britinnen der große Favorit. Im Vierer haben wir Medaillenchancen, vielleicht kann es sogar Gold werden, wenn wir die Ukraine hinter uns lassen.

Am Freitag waren Sie zur Einkleidung für Olympia in Mainz. Welche Kleidungsstücke haben Sie bekommen, und wissen Sie schon wann Sie was anziehen sollen?

Schmidla Wir sind sehr gut aus gestattet worden. Das war ein riesiger Einkaufswagen voll und alles bekannte Marken. Neben vielen Schuhen gab es verschiedene Hosen und Jacken und auch gleich eine Liste, zu welchem Anlass wir was tragen sollen.

Dann kann es ja schon Richtung London gehen. Wie sieht die finale Vorbereitung auf die Spiele in London aus, die am 27. Juli beginnen?

Schmidla Am 9. Juli fahre ich nach Ratzeburg. Dort findet das letzte Trainingslager vor den Spielen statt, und wir fliegen dann am 23. Juli von Hamburg aus nach London.

Wann beginnen für Sie die Wettkämpfe, und werden Sie im Oympischen Dorf wohnen?

Schmidla Die Ruderwettkämpfe beginnen bereits einen Tag nach der Eröffnungsfeier. Weil die Ruderstrecke in Eton etwa 40 Kilometer von London entfernt liegt, werden wir nicht im Oympischen Dorf wohnen, sondern in der Nähe der Ruderstrecke untergebracht sein.

Da werden Sie aber nicht mit vielen Aktiven aus anderen Sportarten zusammen kommen. Nehmen sie an der Eröffnungsfeier teil?

Schmidla So wie es aussieht, werde ich an der Eröffnungsfeier teilnehmen, weil ich ja nur als Ersatzfahrerin nominiert bin. Wenn man ein oder zwei Tage nach der Feier, wo man gut vier Stunden stehen muss, ins Boot steigt, ist das nicht so gut. Deshalb werden einige Ruderer wahrscheinlich nicht bei der Eröffnungsfeier sein. Weil die Ruderwettkämpfe am 5. August beendet sind, hat man uns gesagt, dass wir dann ins Oympische Dorf umziehen werden und uns auch Wettkämpfe in anderen Sportarten ansehen können.

Wie sind Sie zum Rudersport gekommen, liegt das bei Ihnen in der Familie?

Schmidla Nein, meine Mutter reitet, und mein Vater fährt Rennrad. Ich bin durch die Schul AG an der Gesamtschule Kaiserplatz im Jahr 2003 zum Rudern gekommen.

Wie war Ihr sportlicher Werdegang, und was waren bislang Ihre größten Erfolge?

Schmidla Mit zwölf Jahren habe ich mit dem Rudern begonnen, bin dann als 14-Jährige zu den B-Jugendlichen gekommen, und mit 16 ging es dann bei den A-Juniorinnen weiter. Mit 19 kam ich dann in die die U 23-Auswahl, und dort habe ich 2010 bei der WM Gold im Doppelzweier und 2011 Gold im Doppelvierer gewonnen. Als A-Juniorin gewann ich 2009 WM-Gold im Einer und holte 2008 WM-Bronze im Achter.

Worauf kommt es beim Rudern an, wenn man ganz vorne mitfahren will?

Schmidla Eine gute Physis braucht man, das macht etwa 50 Prozent aus. Die anderen 50 Prozent sind beim Rudern reine Kopfsache. Man muss einen großen Willen haben und immer voll konzentriert im Boot sitzen.

Was sind Sie für eine Ruderin, und wo liegen Ihre Stärken auf der 2000 Meter langen Strecke?

Schmidla Ich sehe mich eher als ruhigen Typen und versuche, auf der gesamten Strecke ein gleichmäßiges Tempo zu fahren. Wenn ich zurück liege, ziehe ich mal einen Spurt an, um die Lücke nicht zu groß werden zu lassen.

(RP)
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