Krefeld Sozialbündnis greift mit "Chronik der Krefelder Skandale" in den Wahlkampf ein

Krefeld · In einer neuen Broschüre wärmt das Krefelder Sozialbündnisse altbekannte Krefelder Schlagzeilen auf. 1000 Exemplare liegen bei beteiligten Institutionen aus. Mitautor Ulrich Knur räumt ein: Ein juristisches Restrisiko ist durchaus vorhanden.

 So sieht das 42-seitige Heftchen aus, das in Mitgliedsverbänden des Sozialbündnisses ausliegt. Als schonungslose Analyse der Krefelder Zustände verstehen es die Autoren, oft liest es sich wie eine Kampfschrift von links.

So sieht das 42-seitige Heftchen aus, das in Mitgliedsverbänden des Sozialbündnisses ausliegt. Als schonungslose Analyse der Krefelder Zustände verstehen es die Autoren, oft liest es sich wie eine Kampfschrift von links.

Foto: RP

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht zufällig gewählt: Mitten im Krefelder Kommunalwahlkampf hat das Sozialbündnis, ein von Oppositionsparteien, Gewerkschaften und Kirchen gebildeter Zusammenschluss, eine 42-seitige Broschüre veröffentlicht, die für 500 Euro Druckkosten in einer Auflage von 1000 Stück in Krefeld ausliegt. Die "Chronik der Krefelder Skandale" liefert inhaltlich kaum Überraschendes - Zeitungsartikel der vergangenen 25 Jahre werden dort mit persönlichen Beobachtungen und Archivmaterial zu Texten vermengt, in denen umstrittenes Verwaltungshandeln oder strittige politische Beschlüsse aufgelistet werden: Fehlbuchung, Laternenabschaltung oder die Belastungen für den Haushalt durch den König-Palast. Auffällig ist aber der scharfe Ton: Bei einigen Attacken gegen die politischen Entscheider - Expressis verbis: Wilfrid Fabel - bewegen sich die Autoren auf juristisch dünnem Eis. Vorwürfe werden mit Fragezeichen versehen oder im Konjunktiv formuliert. Mitautor Ulrich Knur räumte bei der gestrigen Vorstellung der Broschüre ein, die Texte nicht durch juristischen Beistand prüfen haben zu lassen. "Aber wir haben versucht, wasserdicht zu formulieren."

Zum Ende des Heftchens werden die Beschlüsse über Kürzungen aufgelistet, die der Rat am 12. Dezember 2013 gefällt hat, ehe das Heft unter der Überschrift "Ein lokalpolitisches Märchen" mit einem Text schließt, der wenig subtil auf Wilfrid Fabel und seinen Schwager Josef Krings gemünzt ist - von "Landwirt Jupp" ist dort Rede, dem die Stadt und die Politik bei seiner persönlichen Bereicherung hülfen. "Etwaige Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit sind rein zufällig", heißt es unter der Überschrift.

Protest gegen die Veröffentlichung innerhalb des Bündnisses - ein illustrer Zusammenschluss unter anderem von Deutscher Kommunistischer Partei, Katholikenrat, Grünen, DGB, Piratenpartei und Attac - habe es nicht gegeben: Knur betonte gestern, dass alle 22 am Sozialbündnis beteiligten Vereine und Verbände sowie Privatpersonen die Texte vorher zugesendet bekommen hätten. "Es gab keine kontroverse Diskussion." Dass die Broschüre zum Zeitpunkt der Kommunalwahl veröffentlicht wird, sei "in gewisser Weise intendiert", erklärte Knur. Er verstehe das kleine Heftchen als "Anstoß an die Bürger, sich zu engagieren". Man kann es auch anders lesen - als eine scharfe Abrechnung mit der Politik der CDU-geführten Stadt. Denn im Zeitraum von 1990 bis heute, den die Autoren untersuchten, regierte die CDU 20 Jahre. Zwar versuchte Autor Ulrich Knur gestern zu betonen, dass ein Zeitraum von knapp 25 Jahren untersucht wurde, also auch Jahre ohne CDU-Regierung in Krefeld. Im Vorwort allerdings ist von einer "Chronik der letzten 20 Jahre" die Rede. Wörtlich heißt es dort auch: "Den Zeitraum 20 Jahre haben wir deshalb gewählt, weil ebenso lange eine einzige Partei im Stadtparlament die Mehrheit hatte." Faktisch liegen die Autoren in dieser Aussage falsch: Eine alleinige Mehrheit hatte die CDU in dieser Zeit nicht durchweg.

An der Chronik haben vier Autoren gearbeitet: Neben Knur als Sprecher des Sozialbündnisses sind dies Heidrun von der Stück als Vorstandssprecherin der Krefelder Linken, Jo Greyn vom Arbeitslosenzentrum und der Krefelder Journalist Egon Traxler. Heidrun von der Stück zeichnet auch verantwortlich im Sinne des Presserechts; sie müsste also im Falle einer juristischen Auseinandersetzung das Heft verantworten.

Aufgelockert werden die Texte mit Zeichnungen des Krefelder Karikaturisten Jari Banas ("Eine Karikatur sollte die Geschichte auf den Punkt bringen"). Banas betont, für die Zeichnungen kein Geld erhalten zu haben. Stattdessen werde er die Originale der Karikaturen bei Veranstaltungen verkaufen, in einer Plastiktüte, mit Schnipseln von echten alten D-Mark-Scheinen. Banas hatte wie viele andere Künstler nach Einführung des Euro von der Bundesbank zerschredderte D-Mark-Scheine erhalten. Geldscheine mit einem Gesamtwert von drei Millionen D-Mark lagern bei ihm, Banas hatte sich verpflichtet, sie für eine "künstlerische Performance" zu verwenden und lange gelagert. Jetzt sollen die Schredder-Scheine - ganz originell - Sinnbild für Krefelder Geldverschwendung sein.

(RP)
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