Krefeld Sinfoniker jazzen lustvoll und auch ein bisschen klassisch

Krefeld · Sinfoniker können auch ganz anders. Nicht sinfonisch, sondern jazzig klang es im Glasfoyer des Theaters, als jetzt sieben Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker zum vierten Sonderkonzert aufspielten. Dabei sah man einige Musiker an ganz anderen Instrumenten als im Sinfoniekonzert.

Albert Hametoff, Solobratschist im Hauptberuf, war der Pianist des Septetts. Kay Keßler spielte neben der gewohnten Posaune auch noch Trompete und Flügelhorn, Reinhard Groll Bassklarinette und Tenorsaxofon. Die anderen spielten zwar ihre angestammten Instrumente, aber auf andere Art und Weise als gewohnt: Georg Ruppert den Kontrabass, Christian Schott das Horn, Andreas Meyer-Krüger die Bassposaune und Ralf Baumann das Schlagzeug.

Natürlich braucht eine solche Formation auch einen Namen. "Trompicosax" verweist auf die eingesetzten Instrumente: "trom" steht für Trommel, Trompete und Trombone, "pi" für Piano, "co" für Contrabass und Corno (= Horn), "sax" für Saxofon.

Georg Ruppert zupfte nicht nur den Bass, er hatte für den Abend auch alle Stücke komponiert. Komposition ist im Jazz relativ zu verstehen, ein großer Raum wird in der Regel der variierenden Improvisation beigemessen. Ruppert hatte, hiervon abweichend, größere Partien auskomponiert. Dabei verleugnete er nicht seine musikalischen Wurzeln in der Klassik. Besonders deutlich wurde das, wie schon der Titel vermuten ließ, in "Passacaglia". Dabei denkt man unwillkürlich an Bach oder Pachelbel. Indessen war es Johannes Brahms, der Ruppert zu diesem Stück anregte. In seiner vierten Sinfonie greift Brahms das Passacaglia-Prinzip einer ostinaten Bassfigur auf, findet dann aber zu ganz neuen musikalischen Bausteinen. Die "Tricks" von Brahms habe er gewissermaßen in die Sprache des Jazz übertragen, erläuterte Ruppert seinen interessanten Ansatz. Normalerweise sind die Titel der Stücke im Jazz nicht lautmalerisch gemeint, das galt auch hier. "Amselgesang" imitierte kein Vogelgezwitscher. Vielmehr war eine ruhige Ballade zu hören, ein besinnliches Gespräch zwischen Piano, Posaune und Bass. Während sich im hektischen Menschenleben ständig alles ändert, bleibt der melodische Gesang der Amseln über Jahrtausende gleich, symbolisiert Kontinuität und Stabilität. Darüber wurden aber nicht die vergänglichen menschliche Freuden und Vergnügungen vergessen. "X + 1" bezog sich nicht auf eine trockene mathematische Formel, sondern bezeichnete das Rezept für einen Cocktail. Da ging es zu Recht vital und munter zu. Der Ausflug in die jazzigen Gefilde machte spürbar Spaß, den zahlreichen Zuhörern - und nicht zuletzt den Musikern selbst.

(RP)
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