Krefelder Vereine und Randsportarten Ein als Tanz getarnter Kampf

Serie · Bei diesem Kampf ist nicht nur der andere der Gegner, sondern auch man selbst: Capoeira ist eine Sportart zwischen Tanz, Kampfkunst und Akrobatik. Der Sport aus Brasilien hat eine besondere Geschichte.

 Capoeira wird auch im Krefelder Stadtwald trainiert. Ein wichtiger Teil dieses Sports ist die Musik.

Capoeira wird auch im Krefelder Stadtwald trainiert. Ein wichtiger Teil dieses Sports ist die Musik.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Brasilianische Rhythmen, Menschen, die singen, klatschen und Instrumente spielen, in ihrer Mitte mehrere Capoeiristas, die umeinander tanzen – oder kämpfen? Die Tritte gehen ins Leere, wie in einer perfekt abgestimmten Choreografie bewegen sie sich umeinander, schlagen Saltos, drehen sich, holen aus. Das ist Capoeira. Ein als Tanz getarnter Kampf, wie Tugce Yetim erklärt. „Capoeira ist entstanden, weil den Sklaven in Brasilien das Kämpfen verboten war. Sie trainierten, indem sie die Kampfübungen als Tanz ausgaben.“ Die 27-Jährige ist seit vier Jahren Capoeirista im Krefelder Verein Biriba Brasil. Seit mehr als einem Jahr ist Tugce Yetim Mitglied des Vorstandes und organisiert die Trainings.

Der Verein „Die Wurzeln der Capoeira liegen im westlichen Afrika, von wo aus die meisten Sklaven während der Kolonialzeit nach Brasilien verschleppt wurden“, heißt es auf der Internetseite des Vereines. „Die Ursprünge unseres Vereines hingegen liegen in den 1980ern“, berichtet Yetim. „1989 folgte Mestre Requeijão im Alter von 19 Jahren seinem Meister von Brasilien nach Europa. Er lebte zunächst in Amsterdam und ging dann nach Deutschland, wo er in Köln, Düsseldorf und Bochum Capoeira unterrichtete und als Showkünstler arbeitete.“ In den darauffolgenden Jahren seien auch die Brüder nach Europa gegangen, und im Jahr 2002 gründeten sie ihre eigene Gruppe und gaben ihr den Namen Biriba Brasil. „Heute ist die Gruppe in acht deutschen Städten, in Frankreich, Irland, Israel, Ecuador, Spanien und Brasilien vertreten“, erzählt Yetim.

Die Krefelder Vereinsmitglieder haben somit die Möglichkeit, ihre Vereinsfreunde auf der ganzen Welt zu besuchen und mit ihnen in anderen Ländern zu trainieren. „Es ist toll, dort hinzureisen und die Leute kennenzulernen“, sagt die 27-Jährige.

 Tugce Yetim ist seit vier Jahren Capoeirista im Verein Biriba Brasil.

Tugce Yetim ist seit vier Jahren Capoeirista im Verein Biriba Brasil.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Rhythmus im Blut Früher hatte der Krefelder Verein auch eine Kindergruppe, heute starten die Gruppen ab einem Alter von zehn Jahren. „Durch Corona ist die Zahl der Mitglieder leider zurückgegangen“, sagt Yetim. Beginnen könne man in der Regel mit Capoeira, „sobald die Kinder laufen können“, sagt Yetim und lacht. Die Jüngsten hätten einfach die Beweglichkeit und würden einfach machen. „Je älter man wird, desto nachdenklicher ist man.“

Ein wichtiger Teil des Trainings sei die Musik. „Ohne Musik kein Capoeira“, so die Sportlerin. Und so gehört es zum Aufwärmtraining, zunächst die typischen Instrumente anzustimmen: Berimbau, Atabaque, Pandeiro – dazu werden traditionelle Lieder gesungen. „Die Musik leitet die Capoeirista. Es ist wie ein Spiel in einem Kreis. Mal spielen sie schnell, mal in einem Flow, alles ist spontan und improvisiert, wirkt aber oft wie einstudiert“, sagt Yetim.

Für Körper und Seele Capoeira sei eine Sportart, die nicht nur die Fitness, Ausdauer und Muskeln stärke, sagt Yetim. Auch die musikalischen Fähigkeiten würden verbessert, genau wie das Rhythmusgefühl. Wettkämpfe gibt es bei dieser Kampfsportart nicht. „Wir nennen das Batizado – das bedeutet Taufe auf Portugiesisch.“ Einmal im Jahr treten die Mitglieder des Vereines gegeneinander an, wobei der Gegner nicht nur der andere ist, sondern auch man selbst. „Man verdient sich dabei seine nächste Kordel“, erklärt Yetim.

Kosten und Ausrüstung Um Capoeira zu betreiben, braucht es nicht viel. „Die Instrumente stellt der Verein. Wer einsteigen möchte, braucht zunächst nur bequeme Kleidung. Trainiert wird barfuß, Schuhe sind also nicht unbedingt nötig“, sagt Yetim. Trainiert wird zweimal wöchentlich. Viele Capoeirista trainieren auch zwischendurch, „im Park oder in einer Lernpause. Das tolle ist, dass man nicht unbedingt Equipment benötigt und es überall machen kann.“ Wer Capoeira dauerhaft betreiben möchte, für den gibt es eine Trainingsuniform. Kostenpunkt 40 Euro, so Yetim. Wichtig sei weiße Kleidung, denn das sei die Farbe der Reinheit. Mitglieder zahlen 35 Euro monatlich, Studenten und Azubis 25 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort