Krefeld Sektenarzt – Anwohner in Sorge

Krefeld · Ein führendes Mitglied der Deutschen-Kolonie "Colonia Dignidad" in Chile will ab 1. September in Krefeld wohnen. Anwohner waren ebenso überrascht von der Nachricht wie die Behörden. Hopp gilt als unbescholtener Bürger – und hat deshalb auch ein Anrecht auf Sozialhilfe.

Bei den neuen Nachbarn von Hartmut Hopp im Krefelder Stadtteil Linn herrschte gestern große Aufregung. Alle sind überrascht von der kriminellen Vorgeschichte des Hartmut Hopp, ehemals zweiter Mann der deutschen Kolonie "Colonia Dignidad" in Chile, in der seit den Sechziger Jahren zahlreiche Kinder misshandelt wurden. Hartmut Hopp (66) gilt als rechte Hand des mittlerweile verstorbenen Sektenführers Paul Schäfer.

Teile der Familie wohnen schon in Krefeld, Bruder und Adoptivsohn mit Frau und Kind. Am 1. September wollen Hartmut Hopp und Ehefrau ebenfalls Krefelder werden: in drei Zimmern, Küche, Bad in Linn. Seit Anfang der Woche wird die Wohnung saniert. "Meist abends nach 20 Uhr", sagen Nachbarn. Thomas Siegert, Chef der Wohnstätte Krefeld, setzt auf ein Gespräch: "Wir haben Herrn Hopp eingeladen." Die Hoffnung: Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Verbrecher könne vom Mietvertrag zurücktreten.

"Hier liegt nichts vor"

Die Krefelder Justiz hat bisher vom Fall Hopp nur über die Medien Kenntnis. "Hier liegt kein Strafbefehl vor", sagte gestern Hans-Dieter Menden, Sprecher der Krefelder Staatsanwaltschaft. Zwar könnten deutsche Staatsanwaltschaften auch bei Straftaten Deutscher im Ausland vorgehen – die Beihilfe zum Kindesmissbrauch in Chile, die Hopp in Lateinamerika vorgeworfen wird, sei jedoch nach deutschem Recht verjährt. Im Auslieferungsantrag, den die chilenischen Justizbehörden senden wollen, geht es jedoch um einen anderen Tatbestand. 1976 sollen drei Regimegegner in Chile entführt worden sein – mit Beteiligung von Hopp, sagt Ermittlungsrichter Jorge Zepeda in Chile. Wenn Chile einen Haftbefehl ausstellt, gehe der an die Oberstaatsanwaltschaft Düsseldorf. Auch eine Strafanzeige durch in Deutschland lebende Opfer wäre möglich – nach Informationen unserer Zeitung wird auch dies angedacht. Konkrete Schritte sind nicht eingeleitet.

Hopp tendiert offenbar dazu, am Niederrhein zu bleiben. Er kommt gebürtig aus Gronau. Sein Vater starb im September 1944 bei einem Fallschirmabsturz bei Palermo. Mittlerweile ist Hartmut Hopp selbst Großvater. Anwohner sagen, dass beim Renovieren der Wohnung in den vergangenen Tagen auch jüngere Eltern mit Kindern dabei waren. Zuvor soll Hopp schon versucht haben, eine Wohnung an der Uerdinger Straße anzumieten. Der Vermieter soll Wind von der kriminellen Vorgeschichte bekommen haben – und sah von einem Mietverhältnis ab.

Die Krefelder Stadtverwaltung muss zum neuen Einwohner schweigen – aus Datenschutz. Nur so viel drang gestern an die Öffentlichkeit. Falls Hopp Krefelder wird, müsste er über kurz oder lang auch Sozialhilfe in Krefeld kassieren. Das Sozialamt in Willich, wo Hopp zuvor lebte, gewährte ihm diese Zahlung ebenfalls. "Er gilt bisher als unbescholtener Bürger", sagen die Behörden.

(RP)
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