Krefeld Gutachter favorisiert privaten Neubau
Krefeld · Das Gutachten externer Experten zum Thema Seidenweberhaus ist eindeutig: Am kostengünstigsten ist ein privater Neubau – und zwar an einem anderen Standort als dem Theaterplatz.
Es wird immer wahrscheinlicher, dass das Seidenweberhaus abgerissen und eine neue Halle an anderem Ort gebaut wird. Ein möglicher Standort, der ebenso wirtschaftlich wie attraktiv wäre, ist das denkmalwerte Kesselhaus im Mies-van-der-Rohe-Business-Park an der Girmesgath. Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens, das gestern Oberbürgermeister Frank Meyer, Planungsdezernent Martin Linne und Prof. Dieter Haselbach von der „Integrated Consulting Group (ICE) im Rathaus vorgestellt haben. Das Ergebnis sei „so eindeutig“, betonte Meyer, dass die Stadtverwaltung der Politik vorschlagen werde, eine Ausschreibung für einen alternativen Standort zum Theaterplatz gegebenenfalls mit einem privaten Bauherrn auf den Weg zu bringen.
Damit wird folgendes Zukunftsszenario immer wahrscheinlicher: Auf dem Theaterplatz wird ein neues Technisches Rathaus gebaut, das zum einen weniger teuer wäre als die Sanierung des heutigen Stadthauses von Egon Eiermann; Krefeld bekommt zudem eine neue Veranstaltungshalle an anderem Ort, wobei das Kesselhaus aufgrund seines Ambientes mittlerweile Favorit sein dürfte.
Die ICE hatte den Auftrage, drei Varianten durchzurechnen: (I) Sanierung des Seidenweberhauses durch die Stadt; (II) Abriss und Neubau einer Veranstaltungshalle auf dem Theaterplatz durch die Stadt und (III) Neubau einer Halle an einem anderen Standort durch einen privaten Bauherrn. Die Zahlen, die Haselbach gestern vorgelegt hat, sprechen eine klare Sprache.
Mit 78,2 Millionen Euro am teuersten wäre die Sanierung des Seidenweberhauses (inklusive Sanierung der Tiefgarage und Neugestaltung des Platzes). „Wir müssten das Seidenweberhaus komplett entkernen und völlig neu aufbauen“, sagte Haselbach, „aber die Probleme des Hauses blieben uns erhalten.“ Gemeint war unter anderem die städtebaulich unbefriedigende Lage des Komplexes, der den Platz zur Stadt hin wie eine Wand abschottet.
Abriss und Neubau auf dem Theaterplatz mit der Stadt als Bauausführenden würde auf 77,7 Millionen Euro kommen. Der Neubau würde dann parallel zum Ostwall errichtet und zum Platz hin geöffnet. Damit wäre ein städtebauliches Manko geheilt. Dennoch bleiben Nachteile: Wegen der geringen Fläche müsste man wiederum teuer und wenig ansprechend in die Höhe bauen; und der Baukörper für den großen Saal müsste in die Sichtachse zum Theater hin hineinragen.
Geradezu dramatisch kostengünstiger käme nach ICE-Berechnungen ein Neubau an anderem Ort mit einem privaten Bauträger: Variante III würde 49,6 Millionen Euro kosten. Haselbach hat als möglichen Standort das Kesselhaus ins Auge gefasst, wobei Meyer betonte, dass damit keine Vorentscheidung verbunden ist. Denkbar sei auch ein anderer Standort; dies müsse die Politik beraten und entscheiden.
Das Kesselhaus bündelt aus Sicht des Gutachters mehrere Vorteile: Es ist genug Platz da, um ebenerdig zu bleiben; die Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr sei gut, genug Parkraum vorhanden. Das Ambiente – die Verbindung von modernen Elementen wie einer neuen großen Halle und dem historischen Industriebau – biete zudem besonderen Reiz. Zur Lage außerhalb der City sagte Haselbach: „Es gibt die Vorstellung, eine Stadthalle müsse in der Innenstadt liegen, und es gibt die Praxis, dass sie nicht in der Innenstadt liegt und gut erreichbar ist.“
Meyer betonte, er favorisiere für den Theaterplatz eine Nutzung, die die Innenstadt belebt; in Krefeld im Gespräch ist bekanntlich der Plan, ein neues Stadthaus auf dem Theaterplatz zu errichten. Mitarbeiter und Besucher würden den Platz positiv beleben, betonte Planungsdezernent Linne. Dazu kommt: „Man könnte bei einem Stadthaus schlanker bauen als bei einer Veranstaltungshalle; damit wäre der Blick auf das Theater frei.“
Auch beim Vergleich der jährlichen Kosten schneidet Variante III laut ICE am besten ab. Demnach kosten die Stadt Finanzierung, Bau, Unterhalt und Betrieb eines sanierten Seidenweberhauses pro Jahr 6,8 Millionen Euro; der Neubau einer Halle in Regie der Stadt käme auf 6,3 Millionen Euro; der Neubau von privat an anderem Standort läge bei 4,1 Millionen Euro an jährlichen Kosten.
Meyer zeigte sich zuversichtlich, dass es nun auf der Grundlage der neuen Zahlen zu einer raschen Entscheidung kommt. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir entscheiden müssen“, sagte er.