Wirtschaft Henkelhausen ist Pionier für deutsche Kreuzfahrtschiffe mit Hybrid-Antrieb

Krefeld · Das erste deutsche Hybrid-Fahrgastschiff fährt mit einem in Krefeld bei der Firma Henkelhausen entwickelten und projektionierten Antrieb über die Havel. Die Taufe und die folgende Jungfernfahrt der 150 Tonnen schweren MS Schwielowsee fand beim Hafenfest in der brandenburgischen Hauptstadt Potsdam statt.

 Das erste deutsche Hybrid-Fahrgastschiff MS Schwielowsee fährt mit einem Antrieb projektiert von Henkelhausen in Krefeld.

Das erste deutsche Hybrid-Fahrgastschiff MS Schwielowsee fährt mit einem Antrieb projektiert von Henkelhausen in Krefeld.

Foto: Reederei Bolle

Die meisten Schiffsmotoren verbrennen Schweröl oder Dieselkraftstoff und stehen deshalb in der Kritik der Umweltschützer und Gesundheitsexperten. Mit dieser Art Antrieb geht ein großer Ausstoß an Ultrafeinstaub einher. Die Nanopartikel sind für Mensch und Tier bedenklich.

Pioniere auf dem Weg hin zu zukunftsweisenden Technologien sitzen in Krefeld bei der Firma Henkelhausen. Die Motorenexperten aus Linn an der Hafenstraße verantworten die Projektentwicklung für das erste deutsche Fahrgastschiff mit Hybrid-Antrieb. Bis zu ein-
einhalb Stunden kann die 41 Meter lange und 150 Tonnen schwere MS Schwielowsee geräuschlos und emissionsfrei übers Wasser gleiten. Möglich machen dies zwei 150 Kilowatt starke Elektromotoren, die die Schiffsschrauben antreiben. Den Strom liefern zwölf Lithium-Polymer-Akkus. Erst wenn die Akkus leer sind, sorgen während der Fahrt zwei Dieselgeneratoren dafür, dass der Elektroantrieb aufrechterhalten wird. Nach der Tour werden die Akkus des umweltfreundlichen Fahrgastschiffs an Ladesäulen wieder mit nachhaltig erzeugtem Strom aufgeladen.

Konstruiert und gebaut hat das moderne Fahrgastschiff die Schiffswerft Bolle GmbH in Derben. Bis zu 250 Gäste haben an Bord der MS Schwielowsee Platz, die mit einer Vollgastronomie aufwartet und großen Panoramafenstern, die eine beeindruckende Rundumsicht auf Potsdams Schlösser und die ganze Havellandschaft erlauben. Der Zugang zum Achteraußendeck ist rollstuhlgerecht, auf dem Vorschiff können gar bis zu 30 Fahrräder mitgenommen werden. Dabei können die E-Bikes auch gleich geladen werden. Da die Schiffsbrücke auf Knopfdruck absenkbar ist, stellen Brücken kein Hindernis für die MS Schwielowsee dar.

Mensch und Tier schätzen die MS Schwielowsee, bleibt sie doch auch leise, wenn sie mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von neun Knoten unterwegs ist. Neue Maßstäbe in der Fahrgastschifffahrt haben ihren Preis. Das innovative Hybrid-Schiff kostete knapp 3,5 Millionen Euro. Die Reederei betreibt insgesamt zehn Fahrgastschiffe und befördert jährlich rund 300.000 Gäste über die Havelgewässer.

In Krefeld werden die positiven Reaktionen auf den modernen Schiffsantrieb mit Stolz registriert. „Die E-Motoren entfalten bei Vollgas sofort ihr ganzen Drehmoment und bei Vollbremsung benötigt das Schiff nur anderthalb statt drei Schiffslängen“, lobte Jörg Winkler, einer der beiden Geschäftsführer der Reederei Weisse Flotte Potsdam GmbH.

Henkelhausen hat die MS Schwielowsee mit einem so genannten seriellen Hybridantrieb ausgestattet. Die beiden Volvo Penta Diesel-Motoren treiben nicht die Antriebswelle, sondern jeweils einen Stromgenerator an, berichtet Henkelhausen in der Mitarbeiter- und Kundenzeitschrift. Über Umrichter werde der produzierte Strom in ein Gleichstromnetz eingespeist, wo er – erneut über Umrichter – die elektrischen Antriebsmotoren und das Bordnetz versorge oder die Batterien auflade.

 Lutz Goebel, Geschäftsführer Henkelhausen, (links) freut sich über Lob aus Potsdam. Rechts: Mitarbeiter Denis Fettweis.

Lutz Goebel, Geschäftsführer Henkelhausen, (links) freut sich über Lob aus Potsdam. Rechts: Mitarbeiter Denis Fettweis.

Foto: Königs

Im vollelektrischen Betrieb würden der Antrieb und das Bordnetz des Schiffes nur aus den Batterien gespeist. Werde die volle Leistung benötigt, müssten beide Stromaggregate laufen, heißt es weiter. Das sei der Fall, wenn die MS Schwielowsee mit 18 Kilometern pro Stunde volle Fahrt aufnehme und zusätzlich das Bordnetz – beispielsweise durch die Küche und die Klimaanlage – komplett ausgelastet sei. „Der Kapitän kann dann ganz einfach per Touchscreen von Elektro- auf Dieselfahrt umschalten“, erklärte Jan Kunnen von der Henkelhausen GmbH & Co KG.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort