Krefeld Sanierung der Mies-Villen als Kunstprojekt

Krefeld · Volker Döhne begleitet die Sanierungsarbeiten der Häuser Esters und Lange mit der Kamera. Die Fotografien des Becher-Schülers sind mehr als bloße Chronik, sie sind Kunst - und als solche in einer neuen Museumsreihe zu sehen: in Ladenlokalen, auf Litfaßsäulen, in Kirchen.

 Der Eingangsbereich von Haus Esters: Die Haustür ist herausgenommen. Eine Provisoriumstür dient als Zugang. Treppenstufen und Türbereich sind mit Holz abgedeckt. Denn auch die Fugen zwischen den Klinkern müssen neu verfüllt werden. Dieses Foto ist eines der Motive von "Moving Mies", das demnächst auf Plakaten und Litfaßsäulen zu sehen sein wird.

Der Eingangsbereich von Haus Esters: Die Haustür ist herausgenommen. Eine Provisoriumstür dient als Zugang. Treppenstufen und Türbereich sind mit Holz abgedeckt. Denn auch die Fugen zwischen den Klinkern müssen neu verfüllt werden. Dieses Foto ist eines der Motive von "Moving Mies", das demnächst auf Plakaten und Litfaßsäulen zu sehen sein wird.

Foto: Volker Döhne

Das Zentrum der Wand aus unterschiedlich gebrannten Ziegeln nimmt ein rechteckiges Fenster ein, das das Grün des Gartens wie ein Gemälde widerspiegelt. Dieses Bild gehört zu einer Fotoserie des in Krefeld lebenden Fotografen und Gestalters Volker Döhne. Die verblüffende Sichtweisen eröffnen dem Auge erst auf den zweiten Blick, dass es sich um die Ende der 1920er Jahre von dem späteren Bauhausdirektor Mies van der Rohe entworfenen Häuser Lange und Esters handelt. In diesem Jahr bleiben die von Museumsvillen geschlossen, um rechtzeitig zum "100 Jahre Bauhaus"-Jubiläum 2019 in neuem Glanz zu erstrahlen.

 Die Rückansicht von Haus Lange ist auf den ersten Blick Architektur-Kunst, aber Metallpfeiler und Steine haben gelitten.

Die Rückansicht von Haus Lange ist auf den ersten Blick Architektur-Kunst, aber Metallpfeiler und Steine haben gelitten.

Foto: Doehne Volker

Die Häuser Esters und Lange sind Orte der Kunst. In der Zeit, in der sie als Spielorte der Krefelder Kunstmuseen ausfallen, werden sie nun selbst zu Exponaten. In der ganzen Stadt werden künftig die ehemaligen Privathäuser, die während der Sanierungsmonate für die Öffentlichkeit geschlossen sind, zu sehen sein. "Moving Mies" ist der Titel des Projekts, mit dem die Kunstmuseen ihre neue Reihe der "Sammlungssatelliten" starten. Bei "Kultur findet Stadt(t)" am Samstag, 9. Juni, werden die Fotografien erstmals in den öffentlichen Raum projiziert.

 Rost am Geländer und den Metallstreben des Balkons. Hier haben Wind und Regen Spuren hinterlassen.

Rost am Geländer und den Metallstreben des Balkons. Hier haben Wind und Regen Spuren hinterlassen.

Foto: Doehne Volker

Döhne begleitet die Bauarbeiten in den Mies-Villen mit der Kamera. Dabei geht es ihm nicht um die Dokumentation von Bauabschnitten oder -schäden sondern um eine sachlich-poetische Bildsprache, die alle seine Fotoarbeiten ausmacht. Der distanzierte Blick, der nach Objektivität sucht, ist sein Prinzip. Döhne gehörte 1976 zu den Schülern der ersten Fotoklasse von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie, die heute als Düsseldorfer Schule für ihren Stil aus rationaler Systematik und erfindungsreicher Beobachtungsgabe weltweit bekannt ist. Zu seinen Kommilitonen gehörten Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth.

 Für den Bildaufbau hervorragend, als Mauer ein Fall von Handlungsbedarf: die Fugen sind fast ganz ausgespült.

Für den Bildaufbau hervorragend, als Mauer ein Fall von Handlungsbedarf: die Fugen sind fast ganz ausgespült.

Foto: Doehne Volker

Döhne kennt die beiden Häuser wie kein Zweiter, da er sein bisheriges Arbeitsleben am Kaiser-Wilhelm-Museum (KWM) verbracht hat. Er gestaltete Ausstellungsplakate und Kataloge. In diesem Sommer geht er nach fast 40 Jahren als Fotograf und Gestalter an den Kunstmuseen Krefeld in Ruhestand"Für mich ist dies ein Resümee der vergangenen Jahre", erklärte der Fotograf seine Motivation. "Meine Bilder sind eine Mitteilung, das Foto das Medium."

Mit der Präsentation der Bilder Volker Döhnes beginnt das KWM eine neue Ausstellungsreihe, zu der Künstler und Designer eingeladen werden, sich mit Einzelwerken oder Konvoluten der museumseigenen Sammlung auseinanderzusetzen - an Außenspielplätzen. So gibt es am Samstag um 15 Uhr beim Kulturfest ein "Fotogespräch" zwischen KWM-Chefin Katia Baudin und Volker Döhne in der Mennonitenkirche. Von 12 bis 18 Uhr werden die Fotografien der Häuser Lange und Esters als Projektionen in den leerstehenden Ladenlokalen an der Friedrichstraße 12, Ecke St.-Anton-Straße, an der Königstraße 89 und der Marktstraße 36 präsentiert. Unter der Devise "Fragt mich!" laden Moderatoren dabei zu Gesprächen mit Passanten ein. Bis Ende Juli werden die Fotoprojektionen montags bis samstags von 12 bis 19 Uhr zu sehen sein. Ab 12. Juni werden die Fotos auf Litfaßsäulen und Werbetafeln im gesamten Stadtgebiet vorgestellt. Dieser erste Sammlungssatellit wird weitergeführt mit einem Workshop mit Volker Döhne zur sachlichen Architekturfotografie am Sonntag, 8. Juli, 13 bis 17 Uhr, und am Sonntag, 22. Juli, 13 bis 17 Uhr, bis er dann mit einer von der Sparda-Bank-Stiftung Kunst, Kultur und Soziales ausgerichteten Radtour endet. Die Teilnehmer entdecken Bilder des Sammlungssatelliten und fotografieren interessante Bauten. "Selbstverständlich fahren wir Bauten mit Bauhaus-Elementen ab, aber auch die bestgehassten Gebäude der -Stadt", erklärt Museumspädagoge Thomas Janzen, dessen Fazit auch für die nachfolgenden Sammlungssatelliten gilt: "Dies ist ein Weg für die Kunst, das Museum zu verlassen. Unser Wunsch ist, dass Menschen eher zufällig auf uns treffen und dabei eine Kunsterfahrung machen." Das Projekt ist nicht nur ein Krefelder Prespektivwechsel, es wird außerdem vom Bundesprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" gefördert. Die Kunststiftung der Sparda-Bank wird auch den zweiten Sammlungssatelliten fördern, der von Kunstvolontärin Constanze Zawadzki kuratiert wird. Dazu ist das Rotterdamer Künstler Duo Bik Van der Pol eingeladen. Bei ihren Installationen wird das Publikum intensiv eingebunden.

KWM-Direktorin Baudin ist mit dem Trend zufrieden, den die zunächst auf zwei Jahre veranschlagten Sammlungssatelliten vorgeben: "Zu den Veranstaltungsräumen KWM und den Häusern Lange und Esters tritt verstärkt der öffentliche Raum hinzu."

(oes)
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