Ausstellung in Krefeld Weng verkauft Ai Weiweis Stinkefinger

Krefeld · Ein Künstler wie ein Popstar: In Düsseldorf ist ab heute Europas größte Einzelausstellung von Arbeiten des Chinesen Ai Weiwei zu sehen. Parallel dazu startet Wengcontemporary – vom Krefelder Rüdiger K. Weng gegründet – den Verkauf der Skulpturen „Perspective in Glass“ – Abgüsse der Hand Weiweis mit gezeigtem Stinkefinger.

 Das Foto stammt aus der Serie Ai Weiweis und zeigt seinen Mittelfinger auf dem Tiananmen Square (Platz des himmlischen Friedens) in Peking.

Das Foto stammt aus der Serie Ai Weiweis und zeigt seinen Mittelfinger auf dem Tiananmen Square (Platz des himmlischen Friedens) in Peking.

Foto: Kunstsammlung NRW

Der Krefelder Rüdiger K. Weng hat wenig Zeit. Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist in Düsseldorf. Das Ständehaus und die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zeigen in der Landeshauptstadt gemeinsam Europas größte Einzelausstellung mit Werken des weltbekannten Menschenrechtlers und Aktivisten, der nach regierungskritischen Äußerungen im Rahmen der Proteste in China zunächst inhaftiert und dann bis 2015 mit einem Reiseverbot belegt worden war.

Der gebürtige Bockumer Weng ist seit vielen Jahren als international tätiger Kunsthändler in der Welt unterwegs. Sein guter Ruf habe dazu geführt, dass seiner Firma „Weng Contemporary“ der Verkauf der auf jeweils 100 Exemplare limitierten Edition „Study of Perspective“ aus Murano-Glas in sechs verschiedenen Farben anvertraut worden sei. Zwischen 7000 und 8000 US-Dollar kostet eine Skulptur, die Ai Weiweis Hand mit erhobenem Mittelfinger in Originalgröße zeigt. „Weng Contemporary“ kann die Kunstwerke ab sofort liefern.

Über sein privates Treffen mit Ai Weiwei berichtet Weng nicht. Der 61-jährige Chinese sei stark auf seine Außenwirkung bedacht und komme in seinem Verhalten einem Popstar oder Schauspieler nahe. „Privat ist er anders“, sagte Weng und schweigt.

 ...Farben ist auf ...

...Farben ist auf ...

Foto: Weng

Die Skulpturen sind gleichsam eine dreidimensionale Weiterentwicklung seiner Fotoserie, mit der er 1995 begann. Dabei protestierte Ai Weiwei symbolisch vor den Machtzentren dieser Welt gegen Unterdrückung und Korruption, indem er den Stinkefinger zeigte. Dafür suchte er sich unter anderem das Weiße Haus in Washington DC und den Platz am Tor des himmlischen Friedens in Peking aus.

 Über den privaten Kontakt zu Ai Weiwei schweigt der Krefelder Rüdiger Weng.

Über den privaten Kontakt zu Ai Weiwei schweigt der Krefelder Rüdiger Weng.

Foto: Kunstsammlung NRW

Everything is art. Everything is politics“ so brachte der international bekannte Gegenwartskünstler Ai Weiwei das Grundprinzip seiner Arbeitsweise auf den Punkt. Dieses Motto „Alles ist Kunst, alles ist Politik“ ist auch Leitmotiv der umfangreichen Ausstellung, die die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ab Frühjahr 2019 zeigt. Im Mittelpunkt steht dabei die enge Verzahnung von politischem Engagement und künstlerischer Arbeit Ai Weiweis. Mit seinen regimekritischen Äußerungen gegenüber der Regierung in China und als lange verfolgter Dissident wird Ai Weiwei zumeist als politischer Kunst-Aktivist wahrgenommen, der sich in seinen jüngsten Arbeiten mit Migration als Massenphänomen und Beispiel einer grundsätzlichen menschlichen Krise beschäftigt. „Als Aktivist ist er Künstler, und als Künstler ist er Aktivist. Mit dieser Erweiterung seines Kunstbegriffs, bei dem politisches und künstlerisches Handeln nicht zu trennen sind, stehe Ai Weiwei sicherlich den Gedanken des gebürtigen Krefelders Joseph Beuys sehr nahe, erklären die Kuratoren Susanne Gaensheimer, Doris Krystof und Falk Wolf.

Die Ausstellung bietet einen umfassenden Überblick über Ai Weiweis Schaffen des vergangen Jahrzehnts und konzentriert sich auf Schlüsselthemen, die sein Werk seit den 1980er Jahren auszeichnen: die Flüchtlingskrise und das Spannungsfeld von Individualität und Staat. Ai Weiweis Werke entstehen mit dem Grundgedanken der Humanität, sei es beim Erdbeben von Sichuan, der globalen Flüchtlingskrise oder bei Fragen freier Meinungsäußerung.

Im K21 wird seine monumentale Arbeit „Life Cycle“ (2018) erstmals in Europa zu sehen sein. Über 17 Meter misst die fragile, fast transparente Skulptur aus Bambus und Sisalgarn. Sie stellt eine Vielzahl von Figuren in einem Schlauchboot dar, wie es von vielen Geflüchteten bei der lebensgefährlichen Passage über das Mittelmeer benutzt wird.

In den großen Ausstellungshallen des K20 werden die beiden Schlüsselwerke „Straight“ und „Sunflower-Seeds“ zum ersten Mal überhaupt in ihrer vollständigen Form gemeinsam in einer Ausstellung zu sehen sein. Auf fast 800 Quadratmetern breitet sich die spektakuläre Installation „Sunflower-Seeds“ (2010) aus: 100 Millionen handgefertigte und individuell bemalte Sonnenblumenkerne aus Porzellan, hergestellt in der traditionsreichen chinesischen Porzellan-Metropole Jingdezhen.

 Ai Weiweis Edition...

Ai Weiweis Edition...

Foto: Kunstsamnmlung NRW/Kunstsammlung NRW
 limitiert.

limitiert.

Foto: Weng
 ...jeweils 100 Exemplare“

...jeweils 100 Exemplare“

Foto: Weng
 ...in sechs verschiedenen...

...in sechs verschiedenen...

Foto: Weng
 ... „Study of Perspective“...

... „Study of Perspective“...

Foto: Weng

Die noch nie zuvor in Europa komplett gezeigte Installation „Straight“ besteht aus 164 Tonnen Armierungseisen, die Ai Weiwei nach dem verheerenden Erdbeben von Sichuan 2008 aus eingestürzten Schulgebäuden bergen ließ. In einem zeitaufwendigen Prozess wurden die verbogenen Stahlstäbe wieder geradegebogen und zu einer Landschaft modelliert.

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