Krefeld Rheinblick — das unterschätzte Juwel

Krefeld · Mit der Nutzung des Uerdinger Rheinufers und der historischen Bauten würde Krefeld in die erste Liga der Rheinanlieger aufsteigen.

Rheinblick – das unterschätzte Juwel
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Der Rhein fließt auf 6698 Meter Länge durch Krefeld. Richtig erlebbar ist der Fluss und seine Atmosphäre für die Bewohner und Gäste der Stadt an keiner Stelle. Dabei schlummert in Uerdingen seit vielen Jahren ein Gelände, welches das Potenzial besitzt, Düsseldorf mit seiner Rheinuferpromenade auf eine ganz eigene Art Konkurrenz zu machen.

Es ist jetzt genau zehn Jahre her, dass die wunderbaren Zeugnisse vergangener Wirtschaftskultur in den Fokus geraten waren. Mit einem aufwendigen Workshop, renommierten Planern und ambitionierten Grundstückeigentümern waren Ideen für eine Nutzung der Brachen der Speditionen Müncker und Erlenwein, der Firma Holtz & Willemsen sowie des Alten Zollamtes zu Papier gebracht worden. Seitdem ist viel passiert, ein Ergebnis aber immer noch nicht in Sicht.

Spaziergängern, die verbotenerweise die Absperrung überschreiten und auf dem kopfsteingepflasterten Rheinwerft entlang der imposanten Backsteinarchitektur schlendern, bietet sich ein Bild, das unweigerlich zum Träumen anregt.

Vor dem inneren Auge entfaltet sich ein Szenario, dessen Realisierung den Uferabschnitt zu einer ersten Krefelder Adresse machen würde. Hier könnte ein Tor, ein Zugang ans Wasser und gleichzeit ein Aufenthaltsort für Krefelder und deren Besucher entstehen.

Öffentliche und private Einrichtungen für Kultur und Gastronomie, Wohnen und Arbeiten in einem Stilmix aus Moderne mit viel Glas, Stahl und Beton sowie liebevoll sanierten Lagergebäuden mit Lofts und Showrooms, Ateliers und Wellnessbereiche, Büros und Schulung könnten für Betriebsamkeit rund um die Uhr sorgen.

Die denkmalgeschützte Müncker-Villa wäre ein Zentrum, das bereits hervorragend restaurierte Dujardin-Areal die perfekte Ergänzung. Heinrich Yoksulian teilt diese Visionen nur allzu gerne: Er ist seit 1998 Eigentümer der nördlichen, 3500 Quadratmeter großen Fläche mit dem prägenden Howinol-Turm.

Ein Lagergebäude, das in der Substanz wie auch andere Bauten kerngesund ist. Die Zwischendecken tragen pro Quadratmeter eine Last von 2000 Kilogramm. Yoksulian ist Uerdinger und Krefelder aus Überzeugung. Er hat seine Immobilie lange kulturell bespielt, weil es gut für die Sache sein sollte.

Der Verein Werkhaus Krefeld hat unter dem Namen Kulturhafen den Standort im öffentlichen Bewusstsein gehalten. Das war vor zehn Jahren in dem Workshop als Voraussetzung genannt worden, damit die anspruchsvollen Pläne nicht in Vergessenheit geraten.

Yoksulian stört sich daran, dass vieles nicht rund laufe. Er moniert, dass zuletzt das Interesse von Politik und Verwaltung allein auf die Innenstadtentwicklung gerichtet war. Der Inhaber eines Metallbaubetriebs weiß, dass er zwischenzeitlich auch als Bremser der Entwicklung galt.

Der 69-Jährige will sich aber auch nicht übers Ohr hauen lassen. Einen erster Bebauungsplan der Stadt brachte er vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster zu Fall. derzeit legt die Kommune einen neuen Bebauungsplan auf.

Yoksulian verlangt von der Stadt, dass sie die Abstandsregelung zu den benachbarten Industrieanlagen im Rahmen ihres Ermessens zu seinen Gunsten auslegt. "Ich lasse mich nicht auf kaltem Weg enteignen, indem auf meinen Flächen nur noch Parken infrage kommt", sagt er ganz ruhig und scheinbar entspannt.

Dass er noch eine Rechnung mit der Stadt offen hat, unterstreichen seine anderen Aktivitäten. Er hat bei der Kommune beantragt, die Genehmigung für den Betrieb eines Bordells in seinen umzubauenden Gewerberäumen an der Hohenbudberger Straße zu erteilen.

Dazu hat er sich den Sachverstand eines Kölner Verwaltungsrechtlers eingekauft. "Die Stadt hat eine Entscheidung über meinen Antrag für ein Jahr ausgesetzt. Das darf sie, kommt aber auf Dauer nicht daran vorbei, mir eine Genehmigung auszuhändigen", erklärt er. Als Druckmittel will er sein Vorgehen nicht verstanden wissen. Er sei gesprächsbereit.

Yoksulian ist am Rhein großgeworden. Sein Metallbaubetrieb hat Verladereinrichtungen für nahezu alle Uerdinger Betriebe gebaut. Er hat die gewaltigen, fast 20 Meter hohen Stahlgebilde selbst konstruiert und gerade erst ein altes Exemplar auf dem alten Müncker-Speditionsgelände erworben, abgebaut und weiterverkauft.

Der Stand der Dinge: Düsseldorf prüft Abstände

Zurzeit werden die erforderlichen Fachgutachten und Festsetzungsinhalte für den Bebauungsplan Nummer 772 für das Vorhaben mit Namen Rheinblick erarbeitet, teilte die Stadt Krefeld auf Anfrage unserer Zeitung mit: Das überarbeitete Luftqualitätsgutachten liege im Entwurf vor und werde zurzeit durch den Fachbereich Umwelt geprüft, berichtete Stadtsprecherin Angelika Peters.

Die erforderlichen Sicherheitsabstände zu Warte- und Liegeplätzen würden zurzeit durch die Bezirksregierung in der Landeshauptstadt geprüft. Die Überarbeitung des Schallgutachtens sei noch in Bearbeitung durch den Schallgutachter. Sobald die ausstehenden Informationen und Prüfergebnisse vorlägen, werde die Vorlage für den Offenlagebeschluss zum Bebauungsplan erarbeitet. Dann könnte die Öffentlichkeit Bedenken und Anregungen einreichen und die Politik darüber befinden.

Im November vergangenen Jahres ist das 18.000 Quadratmeter große Müncker-Gelände an die Projektgesellschaft KRP-Finanz GmbH & Co. Quartier Rheinblick KG mit Sitz in Bielefeld verkauft worden. Sie möchte dort 110 Wohnungen, Seniorenheim, Gastronomie und Kindertageseinrichtung bauen.
Ein anderes Grundstück mit dem Hauptgebäude von Holtz & Willemsen sei im Eigentum von NRW urban, eine Nachfolgerin der LEG Stadtentwicklung als 100-prozentige Beteiligungsgesellschaft des Landes NRW.

Im Gegensatz zu Yoksulians Grundstück liegen die übrigen Flächen unterhalb der Hochwassermarke. Für eine Realisierung etwaiger Nutzungsideen muss der Hochwasserschutz geregelt werden. Krefelds Planungsdezernent Martin Linne sprach in dem Zusammenhang von Spundwänden, die bei Gefahr wie in der Kölner Altstadt aufgebaut würden, um das Vordringen des Rheins zu verhindern. Das Problem: Die Landesregierung will sparen und Fördergelder für Hochwasserschutz nicht mehr als Zuschuss, sondern in Zukunft nun noch als Darlehn auszahlen.

(anch)
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