Porträt einer Radsportlegende aus Krefeld Hennes Junkermann — der Tourheld vom Niederrhein

Krefeld · Hennes Junkermann gehörte in den 60er Jahren zum Favoritenkreis der Tour de France - der Sieg blieb ihm verwehrt, weil Gegner das Essen manipulierten, sagt er. Der Tour-Start am Wochenende in Düsseldorf macht ihn nicht richtig froh.

 Nach einem schweren Sturz ist der 83-Jährige wieder bei einem Tagespensum von rund 100 Kilometern auf dem Rennrad angelangt.

Nach einem schweren Sturz ist der 83-Jährige wieder bei einem Tagespensum von rund 100 Kilometern auf dem Rennrad angelangt.

Foto: Lammertz

Auf dem Schreibtisch von Hennes Junkermann liegt eine Einladung für den Start der Tour de France. Samstag und Sonntag kann eine der bekanntesten deutschen Persönlichkeiten des Radsports das Spektakel an der Kö hautnah erleben. "Ich weiß nicht, ob ich dabei bin. Ich bin sauer, weil die Tour nicht durch meine Heimatstadt Krefeld führt. Dann wäre für mich ein Traum in Erfüllung gegangen", sagt der 83-jährige Ex-Profi.

Zum Radsport kam Hennes Junkermann zufällig. Als 15-Jähriger stand er bei einem kleinen Rennen an der Straße und fasste den Entschluss, selber auf das Rennrad zu steigen. Im Alter von 21 unterschrieb er 1955 beim deutschen Rabeneck-Team seinen ersten Profi-Vertrag. Vier Jahre später gewann er die Tour de Suisse. Im Winter absolvierte er viele Rennen auf der Bahn. So wurde aus ihm ein gefürchteter Allrounder, der keinen Berg scheute und auf der Zielgeraden durchaus Stehvermögen bewies.

Gab es 1961 beim Giro eine Sabotage?

Beim Giro d'Italia startete er von 1958 bis 1961 und gehörte neben so bekannten Größen wie Fausto Coppi, Jacques Anquetil oder Rick Van Looy zum engeren Favoriten-Kreis. Die 20. Giro-Etappe von 1961, die Königsetappe über 275 Kilometer mit dem Anstieg hoch zum Stilfser-Joch, wird Hennes Junkermann nie vergessen. Mit zehn Minuten Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten waren Etappensieg und der Gesamtsieg greifbar nahe. Nach einem Schluck aus einer fremden Trinkflasche, die ihm gereicht worden war, litt er unter heftigen Magenkrämpfen. Der schon sicher geglaubte Triumph war dahin, es blieb ihm nur ein sechster Platz. Auch heute glaubt er noch, dass seine Gegner die Trinkflasche manipuliert haben.

Ein Jahr zuvor war er auch bei der Tour de France als Mitfavorit gestartet. Damals gingen Nationalmannschaften an den Start. Die Top-Teams traten mit 14 Fahrern an, Deutschland nur mit acht. Während alle Italiener ins Ziel kamen, erreichten nur drei Deutsche Paris, darunter Junkermann, der sich mit Platz vier begnügen musste.

"Hätt ich misch doch dä Fisch nit jejesse"

1962 mussten die Tour-Organisatoren wieder Firmen-Mannschaften zulassen. Junkermann gehörte mit dem Groene-Leeuw-Team hinter sich zu den Favoriten, zumal er kurz zuvor souverän die Tour de Suisse, einschließlich zweier Etappen und der Bergwertung, für sich entschieden hatte. Diesmal beendete eine angebliche Fischvergiftung auf der 14. Etappe alle Träume. Er saß als kleines Häuflein Elend im Graben. "Hätt ich misch doch dä Fisch nit jejesse", jammerte Junkermann damals - der Ausspruch wurde wie er selbst zur Legende. "In unserem Quartier in Luchon hatte man unser Essen manipuliert. Ich wäre fast draufgegangen. Das war aber keine Fischvergiftung, wie es immer hieß", erzählt er heute.

Unter seinen prominenten Kollegen genoss Hennes Junkermann großes Ansehen, mit Weltklasse wurden seine Fähigkeiten umschrieben. Vor allem sein Klettertalent nötigte ihnen Respekt ab, und seine Ausdauer über lange Distanzen machten ihn immer gefährlich. Hätte er etwas mehr Endschnelligkeit mitgebracht, sähe seine Erfolgsbilanz sicherlich weitaus beeindruckender aus. Im "hohen" Alter von 39 Jahren verabschiedete sich Hennes Junkermann vom aktiven Radsport. Und das vor mehr als 40.000 Zuschauern, ein Beweis für seine Popularität. Auch heute noch genießt er höchste Wertschätzung.

Für Krefeld reicht es 2017 nicht

Doch die hat ihm nicht geholfen, die Tour nach Krefeld zu holen. Für die Interessengemeinschaft, die Krefeld als Etappen-Durchfahrt wollte, war er Zugpferd. Sven Teutenberg, in Düsseldorf Event-Direktor der Tour, war einst mit Erik Zabel ein Schützling von Trainer Junkermann. So hatten die Organisatoren aus der Seidenstadt auf Fürsprache gehofft. Es klappte nicht. Ganz umsonst war die Arbeit der "IG Tour 17" allerdings nicht. Die gewonnenen Sponsoren unterstützen jetzt das Rennen auf dem Krefelder Westwall kurz nach der Tour (28. Juli).

Hennes Junkermann sitzt auch heute noch bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter, auf dem Rennrad. Selbst ein schwerer Sturz vor zwei Jahren, bei dem er sich sechs Rippen brach und am rechten Arm schwere Prellungen zuzog, stoppte ihn nicht: "Ich fahre mittlerweile wieder fast täglich etwa 100 Kilometer. Früher traf ich mich häufiger mit einer ganzen Horde Rennradfahrer." Heute fährt er meist alleine. "Die jungen Leute fahren mir zu flott." Sein beliebtestes Ziel ist das Eiscafé Santin in Xanten. Dort stärkt er sich vor dem Rückweg bei seinem Freund und Café-Inhaber Fausto Santin mit einem Cappuccino und einem Stückchen Tiramisu-Torte.

(RP)
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