Krefeld Primus - ein Kult-Kino wird 50 Jahre

Krefeld · Am 16. April 1964 eröffnete das Lux-Kino im Primus-Palast. Doch die Geschichte beginnt bereits 1926 mit "Wiener Walzer"

Dass Krefeld in den 1920er und 30er Jahren eine Stadt der Kino-Premieren war, in deren Lichtspielhäusern die tollsten Streifen ihrer Zeit ihre deutschen oder Welt-Uraufführungen erlebten - in Anwesenheit der großen Stars und mit allem Drum und Dran - daran erinnern sich heute nur noch die ältesten Mitbürger. Eines der überlebenden Relikte dieser Zeit, in der eben nicht aller Leinwand-Glamour nur in Berlin stattfand, ist der Primus-Palast an der Lewerentzstraße. Er feiert ab heute 50-Jähriges, aber seine Wurzeln sind älter.

Die Vorgeschichte begann 1926 mit dem großen Saal des Hauses in der damaligen Malmedystraße 40. Er bot 1085 Plätze, von denen nach einem Umbau noch 850 verblieben. 1932 erwarb Julius Bourdoux aus Düsseldorf das Kino, in dem die Kassenknüller der "Goldenen 20er" und der weniger goldenen 30er Jahre liefen, bis der "Palast" unter den Bombardements des Zweiten Weltkriegs in Schutt und Asche sank. 1951 wurde er von der beherzten Charlotte Bourdoux neu eröffnet - mit dem Musik-Drama "Wiener Walzer" von Emil E. Reinert, in dem Anton Walbrook den Walzerkönig Johann Strauß verkörperte.

Der Primus-Palast blieb in Betrieb, bis er 2004 wegen baulicher Mängel stillgelegt werden musste. Im ehemaligen Tanzsaal "Ölmühle" im gleichen Gebäude hatte besagte Charlotte allerdings zwischenzeitlich, genauer gesagt am 16. April 1964, einen zusätzlichen kleineren Kinosaal mit 120 Sitzplätzen unter dem Namen "Lux" eröffnet. Als erstes lief dort der komödiantische Streifen "40 Millionen suchen einen Mann" von David Swift mit Glenn Ford, Hope Lange und Telly Savalas, und auf dieses Datum bezieht man sich mit dem aktuellen Jubiläum.

Als die Gründerin 1982 starb, übernahmen ihre beiden Söhne das Unternehmen. Klaus-Dieter Bourdoux zeichnet seitdem für die technische Anlage des Hauses verantwortlich, Jürgen wurde Geschäftsführer und gab dem großen Saal 1984 den Namen "Casablanca im Primus-Palast", während er den kleinen Saal in "Cinema im Primus-Palast" umbenannte. So kam es, dass die bereits traditionsreiche Kino-Adresse Lewerentzstraße 40 nun unter vier verschiedenen Namen firmierte, wovon dem Krefelder Publikum "Casablanca" am besten gefiel. Die anderen drei führten fortan ein Schattendasein im Bewusstsein der Filmfreunde.

Jürgen Bourdoux, ein Cineast mit Leib und Seele, sprang nur zu gern auf den Zug der Programm- und Kunstkinos auf, mit dem man in Düsseldorf-Oberkassel bereits Erfolg hatte, weil er einerseits ein anspruchsvolles Programm bieten und sich andererseits vor dem beginnenden Siegeszug der neuen finanzmächtigen Kinoketten in eine solide Nische retten wollte. Viele Jahre ging das gut, aber nicht nur die Maximal-Kinos setzten den kleinen Betrieben zu, auch der Publikumsgeschmack änderte sich, und so saß Jürgen 2009 nach 27 Jahren wirtschaftlich in der Sackgasse. Bruder Klaus-Dieter Bourdoux setzte den Überlebenskampf dieses kleinen Juwels aus Krefelds großer Kinogeschichte allein, aber mit Unterstützung von seinem Sohn Karsten fort, nahm fortan auch Mainstream-Filme ins Programm und schuf auf diese Weise nach und nach einen behutsamen Repertoire-Mix aus Kunst und Kommerz.

Inzwischen droht indes neues Ungemach. Seit dem vergangenen Jahr gibt es neue Filme nicht mehr analog im Verleih, und die Umrüstung des Primus-Palastes auf digitale Technik für etwa 150 000 Euro erscheint dem Betreiber dann doch zu risikoreich. "Im Prinzip brauchen wir nur drei Tage lang so schönes Wetter, dass niemand Lust auf Kino hat, und schon fahren wir wirtschaftlich vor die Wand", bringt Karsten Bourdoux die Lage auf den Punkt.

Aber mit analogen Streifen bis zum Entstehungsjahr 2013 und einem Beamer-System für DVDs hofft man trotzdem, weiterhin ein Programm zu machen, mit dem der heute 77-jährige Klaus-Dieter Bourdoux sein Herzblut-Kino noch viele Jahre offen halten und viele auch jüngere Freunde für großes Kino im kleinen Saal begeistern kann.

(mojo)
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