Premiere in Krefeld Mit Verve und Samthandschuhen

Krefeld · Donizettis „Don Pasquale“ ist eine ziemlich lustige Oper. Sogar unter den Erschwernissen der Corona-Zeit. Ansgar Weigner hat die Szenen mit Comics aufgehübscht, Yorgos Ziavras dirigiert mit so viel Temperament, dass ihm der Taktstock aus der Hand fliegt.

 Bei Gold geht ihm das Herz auf: Don Pasquale ist reich und geizig. Johannes Schwärsky sang die Titelrolle bei der Premiere.

Bei Gold geht ihm das Herz auf: Don Pasquale ist reich und geizig. Johannes Schwärsky sang die Titelrolle bei der Premiere.

Foto: Matthias Stutte

Was bleibt uns übrig? Wir müssen, bei aller waltenden Vernunft, der Seuche die Stirn bieten. Das gilt selbstredend auch für einen Theaterbesuch, bei dem neben lästigen Zugangskontrollen und Maskenpflicht im Saal so eine wirklich komische Oper wie Donizettis „Don Pasquale“ nur ein eingeschränktes Vergnügen bereiten kann – bei aller Liebe und Mühe aller Beteiligten. Wir gehen trotzdem hin und berichten von einer Premiere, bei der die Sänger-Solisten lediglich auf der schmalen Vorderbühne agieren, während hinter ihnen die Niederrheinischen Sinfoniker in Schrumpf-Formation ihren Dienst versehen. Der Chor ist gestrichen.

An Stelle eines Bühnenbilds hat der Krefelder Karikaturist Peter Schmitz ein biederes Wohnzimmer auf den illuminierten Bühnen-Hintergrund gemalt. Die Sängerinnen und Sänger tragen Handschuhe gegen Kontakt-Infektionen, kommen sich nicht näher als 250 Zentimeter. Und wenn doch – etwa weil sich das junge Paar endlich mal küssen will – grätscht ein Faktotum mit einem Verboten!-Plakat dazwischen. Gleichwohl trällert man nach 90 pausenlosen Minuten heiter beschwingt den Heimweg an.

Für dieses dann doch erfreuliche Ergebnis ist zuvorderst Regisseur Ansgar Weigner verantwortlich, der das „Szenische Arrangement“ dieser noch in vormaligen Lockdown-Zeiten entstandenen Produktion einrichtete. Er erfindet zusammen mit seiner Ausstatterin Anne Weiler zwei wirklich lustige rollbare Multifunktions-Ohrensessel in Karo-Optik, steckt gleichermaßen den ollen Schwerenöter Pasquale wie den jungen Liebhaber Ernesto in spießige Rauten-Pullunder, beider Objekt der Begierde: die süße Norina in ein süßes Blümchenkleid, den fiesen Malatesta in fieses Business-Anthrazit. Dazu werden Schmitz-Karikaturen auf einen Bildschirm projiziert, die eine gewisse, etwas gewollt wirkende interaktive Dimension entfalten. Und weil die Handlung dieses schon damals wie aus der Zeit gefallenen Donizetti-Lustspiels völlig unkompliziert ist, schnurren die Szenen schnurstracks aufs Ende zu, das für die meisten Beteiligten recht happy wird.

Gesungen wird in erwartbarer Qualität. Johannes Schwärsky gestaltet die Pasquale-Partie überaus differenziert und sonor, geradezu überlegen. Dazu spielt der Bassist mit einer fast schwerelosen Lust am Klamauk. Sophie Witte koloriert mit ihrem hübschen Sopran die Norina-Partie und ist – egal ob in Nachthemd oder Rüschenkleid – ein adrettes, raffiniertes Ding. Woongyi Lee zeigt als Ernseto ausgiebig seinen höhensicheren, etwas eindimensionalen lyrischen Tenor, der Ohrwurm „Com’e gentil“ gelingt ihm aber ausgesprochen fein. Guillem Batllori, Bariton des Opernstudios, gibt dem Malatesta bemerkenswerte schauspielerische Präsenz, an stimmlichen Zwischentönen fehlt es noch. Gereon Grundmann hat eine stumme, tragende, durchweg witzige Rolle als Mann für alle Fälle.

Das alles umgibt der aufstrebende Dirigent Yorgos Ziavras, der vor ein paar Jahren noch im Opernstudio repetierte, mit äußerst temperamentvoll musizierten Klängen. Donizettis altersweise Meisterschaft blitzt aus jedem Takt, Ziavras führt den Taktstock mit so viel Verve, dass er ihm einmal sogar aus der Hand fliegt. Seine, auf das Können der Niederrheinischen Sinfoniker fußende Leistung trägt ganz wesentlich zum ausgiebig beklatschten Erfolg des Abends bei. Dieser „Don Pasquale“ trotzt funkelnd dunklen Zeiten.

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