Krefeld Preis mit Nebenwirkung

Krefeld · Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ist Freitag von der CDU Niederrhein auf Burg Linn mit der Niederrhein-Eule ausgezeichnet worden. Knapp 50 Hartz-IV-Empfänger demonstrierten friedlich.

 Ursula von der Leyen schreitet voran, begleitet von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, Oberbürgermeister Gregor Kathstede, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sowie den CDU-Landtagsabgeordneten Christian Weisbrich aus Viersen und Winfried Schittges aus Krefeld. Links im Bild der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz.

Ursula von der Leyen schreitet voran, begleitet von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, Oberbürgermeister Gregor Kathstede, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sowie den CDU-Landtagsabgeordneten Christian Weisbrich aus Viersen und Winfried Schittges aus Krefeld. Links im Bild der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz.

Foto: Thomas Lammertz

Die Bundesarbeitsministerin eilt aus ihrer schwarzen Dienst-S-Klasse auf die fast 50 Demonstranten zu, die sie mit Buh-Rufen begrüßten. Sagt "So, guten Tag" und blickt in die Runde. Deutet Gesprächsbereitschaft an. Eine Atac-Fahne weht im Hintergrund, Ratsherr Basri Cakir von der Linken ist da. Torsten Flanhardt hat sich ein Plakat umgebunden. "Ich bekomme 364 Euro Hartz IV", sagt der Akademiker. "Ich habe Elektrotechnik studiert." Er kritisiert: "Für Akademiker gibt's von der Arge keine speziellen Fördermaßnahmen." Er steht ein Stück zurück. Ursula von der Leyen spricht mit Ulrich Knur vom Krefelder Sozialbündnis zum Mindestlohn. Den findet Knur gut, vorausgesetzt, die Höhe stimmt. "Wir haben in zehn Tagen einen Parteitag zu dem Thema", sagt von der Leyen.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Eigentlich ist die Arbeitsministerin nach Krefeld gekommen, um eine Ehrung in Empfang zu nehmen. Auf Burg Linn zeichnet die CDU Niederrhein von der Leyen für politische Klugheit und Weitsicht aus. Doch erstmal muss sie an der Linner Burggarde vorbei. Die hat einen Blumenstrauß für die Ministerin vorbereitet. "Vielen Dank", sagt von der Leyen zum Gardisten Bruno Preuten. "Sie rufe ich mal an, wenn ich in Berlin eine Drohkulisse aufbauen muss." Dann eilt sie weiter, hinauf in den Rittersaal. Krefelds CDU-Vorsitzender Winfried Schittges entschuldigt sich: "Es tut mir Leid, dass nicht alle Gäste hier Platz finden." Es sind so viele, dass die Veranstaltung auch in den darunterliegenden Saal übertragen wird. Oberbürgermeister Gregor Kathstede erläutert der Niedersächsin das Wesen des Niederrheiners. "Die Rheinische Post hat's mal so erklärt: Der Niederrheiner ist die tiefergelegte Version des Rheinländers."

Die Laudatio hält Ronald Pofalla. Niederrheiner, Kanzleramtsminister. Lobt die "familienpolitische Vordenkerin", das "politische Schwergewicht" der Frau, die erst 1990 in die CDU eintrat. Und er verrät von der Leyen mögliche Nebenwirkungen des Preises. "Helmut Kohl hat erst die Niederrhein-Eule bekommen und ist dann Bundeskanzler geworden. Jacques Chirac wurde Staatspräsident, Angela Merkel Bundeskanzlerin..." Mehr wolle er nicht sagen. "Sonst bekomme ich als Kanzleramtsminister ein Problem."

Von der Leyen bedankt sich "von Herzen" für die Auszeichnung, schlägt geschwind den Bogen von den Wurzeln der von der Leyens in Krefeld ("Sie waren im 17. Jahrhundert als Seidenbarone sehr erfolgreich, haben sich aber nicht rechtzeitig auf die elektrischen Webstühle eingestellt.") zu ihrem Lieblingsthema: "Wer sich nicht ändert, kann seine Werte nicht behalten." Das gelte bei der Familienpolitik ebenso wie beim Mindestlohn. ",Wohlstand für alle' hat schon Ludwig Erhard versprochen. Wenn die Rahmenbedingungen dafür nicht mehr stimmen, müssen wir neue Leitplanken einziehen", sagt von der Leyen. Die Höhe des Mindestlohns dürfe aber nicht die Politik festsetzen, sondern eine Kommission aus Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften.

Auch die Euro-Krise klammert von der Leyen nicht aus. "Die Schuldenkrise stellt Europa infrage", sagt sie. Um den Wert Europa zu erhalten, müsse sich Europa verändern. "Das bedeutet: mehr Europa, weniger Nationalstaaten, weniger Deutschland. Wir gewinnen dadurch!" Das klingt staatsmännischer als Ministerinnen gemeinhin sprechen. Entfaltet die Niederrhein-Eule bereits ihre Nebenwirkung?

(RP)
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