Krefelder sind bei der Wahl des Bundespräsidenten dabei „Ich freue mich riesig, es ist eine Ehre“

Krefeld · Am Sonntag wird  Bundespräsident Steinmeier in Berlin wiedergewählt – acht Krefelder Politiker sind dabei. Wir fragten nach Gefühlen, Erwartungen und Erlebnissen – und wie Corona die Stimmung verändert.

 Frank-Walter Steinmeier nach seiner ersten Wahl zum Bundespräsidenten am 12.Februar 2017 im Reichstag in Berlin. Das Bild macht unfreiwillig deutlich wie viel seitdem passiert ist: Neben ihm steht der damalige Außenminister Sigmar Gabriel, der heute in der SPD keine Rolle mehr spielt. Das gleiche gilt für die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).  Rechts der damalige Fraktionsvorsitzender der SPD, Thomas Oppermann, der überraschend und zum Entsetzen vieler Kollegen plötzlich und unerwartet im Oktober 2020 gestorben ist.

Frank-Walter Steinmeier nach seiner ersten Wahl zum Bundespräsidenten am 12.Februar 2017 im Reichstag in Berlin. Das Bild macht unfreiwillig deutlich wie viel seitdem passiert ist: Neben ihm steht der damalige Außenminister Sigmar Gabriel, der heute in der SPD keine Rolle mehr spielt. Das gleiche gilt für die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).  Rechts der damalige Fraktionsvorsitzender der SPD, Thomas Oppermann, der überraschend und zum Entsetzen vieler Kollegen plötzlich und unerwartet im Oktober 2020 gestorben ist.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws hat bei einer Bundespräsidentenwahl die Kabarettistin Carolin Kebekus kennengelernt und sich mit ihr prächtig verstanden, „natürlich haben wir uns bei einem Glas Wein über Frauenpolitik und Feminismus ausgetauscht“, berichtet sie. Die CDU-Landtagsabgeordnete und Ratsfrau Britta Oellers nimmt durch Losglück an der Bundesversammlung teil; sie freut sich riesig und sagt, es sei der Höhepunkt ihres politischen Lebens. Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling berichtet, diese Versammlung sei früher stets eine schöne Gelegenheit gewesen, sich entspannt mit Kollegen auszutauschen. Der AFD-Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk fragt, warum die Aufstellung eines CDU-Mannes als AFD-Kandidat eigentlich für so viel Wirbel und Empörung gesorgt hat. Wir fragten die acht Krefelder Politiker, die an der Wahl teilnehmen, nach ihren Erwartungen – hier ihre Antworten.

 Jan Dieren (SPD), Bundestagsabgeordneter.

Jan Dieren (SPD), Bundestagsabgeordneter.

Foto: Norbert Prümen

Jan Dieren (SPD)

 Otto Fricke (FDP),  Bundestagsabgeordneter.

Otto Fricke (FDP),  Bundestagsabgeordneter.

Foto: Christian Kaufels

„Man kann stark davon ausgehen, dass Frank-Walter Steinmeier bei der Wahl zum Bundespräsidenten eine deutliche Mehrheit erzielen wird. Dieses Amt ist vor allem ein repräsentatives, und das Wahlverhalten der Parteien hat eine starke symbolische Bedeutung. Dass die Wiederwahl Steinmeiers nicht nur durch die SPD, sondern auch durch große Teile anderer Parteien getragen wird, ist ein Zeichen für parteiübergreifenden Konsens. Auch die Kandidatur des CDU-Mannes Max Ottes für die AfD hat symbolische Bedeutung. Interessant wird es zu sehen, wie die Union sich dazu verhält. Die AfD wirbt mit der Aufstellung Ottes ganz klar um die bürgerliche Mitte. In einigen Teilen der CDU /CSU wie der Werteunion wird dieser Werbeversuch begrüßt. Ich bin gespannt, ob die Zahl der Stimmen für Max Otte die Zahl der AfD-Abgeordneten in der Bundesversammlung übersteigen wird – denn das würde offensichtlich zeigen, dass die Union Probleme mit der Abgrenzung nach rechts außen hat. Wir haben also den großen Konsens auf der einen Seite und die Frage, ob die bürgerliche Mitte sich diesem Konsens anschließen oder sich nach ganz rechts orientieren wird, auf der anderen.“

 Ulle Schauws (Grüne), Bundestagsabgeordnete.

Ulle Schauws (Grüne), Bundestagsabgeordnete.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Otto Fricke (FDP)

 Kay Gottschalk (AfD), Bundestagsabgeordneter.

Kay Gottschalk (AfD), Bundestagsabgeordneter.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

„Das Privileg, an einer Bundesversammlung teilnehmen zu dürfen, hatte ich erstmals 1999, damals noch als Referent der FDP-Bundestagsfraktion. Zum Bundespräsidenten gewählt wurde Johannes Rau. In den Jahren 2004, 2009, 2010 und 2012 war ich als stimmberechtigtes Mitglied dabei. Die diesjährige Bundesversammlung wird also die fünfte sein, bei der ich die Ehre habe, einen Bundespräsidenten mitwählen zu dürfen. Dass Frank-Walter Steinmeier sich ein zweites Mal zur Wahl stellt, freut mich sehr, denn er übt sein Amt mit Würde, Zuversicht und in ständiger Dialogbereitschaft aus. Seine Wiederwahl wäre für unser Land ein Zeichen der Stabilität in einer Zeit, die von Umbrüchen und Unsicherheit geprägt ist. Meine Stimme und die Stimmen der FDP wird er deshalb bei der Bundesversammlung bekommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mit die Begegnung mit dem Fußballtrainer Otto Rehagel, den ich 2012 am Rande der 15. Bundesversammlung traf.“

 Kerstin Radomski (CDU), Bundestagsabgeordnete.

Kerstin Radomski (CDU), Bundestagsabgeordnete.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Ulle Schauws (Die Grünen)

 Ina Spanier-Oppermann (SPD), Landtagsabgeordnete und Ratsmitglied.

Ina Spanier-Oppermann (SPD), Landtagsabgeordnete und Ratsmitglied.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Die Bundesversammlung ist ein großes Ereignis. Ich war zum ersten Mal bei der Wahl des 12. Bundespräsidenten dabei - in guter Atmosphäre. Bereits am Vorabend hatte unsere Bundestagsfraktion alle Gästen, die über die Grünen nominiert worden waren, zu einem tollen Empfang eingeladen. Ich hatte die große Freude, Carolin Kebekus persönlich kennenzulernen - und natürlich haben wir uns bei einem Glas Wein über Frauenpolitik und Feminismus ausgetauscht. Unvergesslich war auch die Begegnung mit Jogi Löw und mit Olivia Jones, die als Dragqueen der leuchtendste Punkt in der Versammlung im Bundestag war. Der Wahlablauf am Sonntag dauerte erwartungsgemäß stundenlang. Ich hatte später am Tag Dienst im Präsidium (als Schriftführerin) - und just als ich da oben saß, wurde die Auszählung beendet und Frank Walter Steinmeier trat ans Rednerpult und hielt seine Antrittsrede. Da hat er neben vielen anderen Themen seine Demokratietour angekündigt - und eine seiner Stationen war dann ja auch der Besuch in der Demokratiewerkstatt bei uns in Krefeld. Die 13. Bundesversammlung wird aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen im großen Ausschussgebäude des Bundestages, im Paul-Löbe-Haus, stattfinden. Alle Wahlberechtigten müssen richtigerweise vorher einen aktuellen Test nachweisen. Es wird sicher weniger entspannt sein als 2017 - aber ein großes Ereignis bleibt es.

 Ansgar Heveling (CDU), Bundestagsabgeordneter.

Ansgar Heveling (CDU), Bundestagsabgeordneter.

Foto: privat

Kay Gottschalk (AfD)

 Britta Oellers (CDU), Landtagsabgeordnete, Ratsmitglied.

Britta Oellers (CDU), Landtagsabgeordnete, Ratsmitglied.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Die AfD hat mit Professor Max Otte einen exzellenten Kandidaten mitten aus dem bürgerlichen Lager nominiert. Der Aufschrei war groß! Warum eigentlich? Ist das Amt des Bundespräsidenten inzwischen ein Erbhof für linke Politiker? Warum muss die CDU sich derart echauffieren und einen Parteiausschluss einleiten? Reichte es nicht, dass deren Gottkanzlerin aus Südafrika in unfassbarer Art und Weise die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten annulliert hat?  (Anm.d.Red.: Gemeint ist die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit AFD-Stimmen zum Ministerpräsidenten von Thüringen) Was ist das eigentlich für ein Demokratieverständnis? Warum hat sein Rücktritt bei der CDU-nahen Werteunion weiteren politischen Schaden abgewendet? Was für ein Schaden wäre denn entstanden? Das alles sind berechtigte Fragen die mich im Vorfeld der Bundesversammlung am 13. Februar bewegen.“

Kerstin Radomski (CDU)

„Ich freue mich, nach 2017 nun zum zweiten Mal einen Bundespräsidenten mitwählen zu dürfen. Für mich ist dies jedes Mal etwas Besonderes, zumal ich im Haushaltsausschuss des Bundestages für den Etat des Bundespräsidenten zuständig bin; das heißt für die Ausgaben, die er und das Bundespräsidialamt tätigen. Bei der Bundesversammlung ist die Sitzungsatmosphäre eine ganz eigene, weil nur dort Repräsentanten von Bund und Ländern in gleicher Zahl zusammenkommen. Diesmal finden die Wahlen unter Corona-Bedingungen nicht im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes, sondern im benachbarten Paul-Löbe-Haus statt - ich bin gespannt, ob die Atmosphäre dort ähnlich ist wie beim letzten Mal. Es ist gut, dass die Landtage auch Personen aus verschiedenen Gesellschaftsgruppen benennen können.“

Ina Spanier-Oppermann (SPD)

„Ich erwarte eine ganz besondere Atmosphäre, auch wenn es aufgrund der Corona-Situation zu organisatorischen Einschränkungen kommt. Die Bundesversammlung und die Wahl des Bundespräsidenten, sind ein Ereignis, welches gerade in dieser herausfordernden Zeit ein wichtiges Signal des demokratischen Zusammenhalts ausstrahlt. Dies wird  durch die parteiübergreifende Akzeptanz und Unterstützung der Kandidatur von Frank-Walter Steinmeier untermauert. Es ist für mich eine Ehre,  teilnehmen zu dürfen und die vielen Eindrücke rund um dieses Ereignis zu erfahren. Da mein Mann an diesem Wochenende zudem Geburtstag hat, reisen er und mein Sohn nach, und wir werden im Anschluss an die Bundesversammlung die Gelegenheit nutzen und zusammen einen Tag im schönen Berliner Umland verbringen. Aus einem meiner Lieblingswerke von Theodor Fontane, den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, habe ich die Landschaften in Brandenburg kennengelernt und nach der Wende bereist und freue mich, wieder dort hinzukommen.

Ansgar Heveling (CDU)

„Die Bundesversammlung ist die vierte Bundespräsidentenwahl, an der ich teilnehme. Durch das vorzeitige Ausscheiden sowohl von Horst Köhler als auch von Christian Wulff sind dies zwei Bundesversammlungen mehr, als es bei normalem Verlauf der Amtszeiten gewesen wären. Die Bundesversammlung in diesem Jahr wird sich pandemiebedingt sicherlich von den bisherigen unterscheiden und nüchterner vonstatten gehen. Statt unter dem Bundesadler und vor der Bundesflagge im Plenarsaal des Bundestages findet die Wahl dieses Mal im Paul-Löbe-Haus statt. Den sonst üblichen Empfang im Anschluss an die Wahl wird es ebenfalls nicht geben.

Unter normalen Umständen ist die Bundesversammlung eine gute Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern zu treffen, die man sonst nicht so trifft. Das wird sich allerdings wahrscheinlich in diesem Jahr auch auf ein Minimum reduzieren.“

Britta Oellers (CDU)

„Ich habe mich riesig darüber gefreut, dass ich am 13. Februar Mitglied der 17. Bundesversammlung bin und den Bundespräsidenten wählen darf. Es ist für mich eine absolute Ehre und ein Highlight in meinem politischen Leben. 156 Menschen aus NRW dürfen den Bundespräsidenten wählen, und ich bin einer davon. Dass ich nach Berlin fahren darf, verdanke ich dem Losglück. Jede Fraktion bekommt eine Anzahl an Plätzen zugeteilt. Diese ist natürlich geringer als die Zahl der Interessenten. Daher wurden bei uns die freien Plätze ausgelost. Ich kenne ja bisher die Wahl nur aus dem Fernsehen. Allerdings ist ja nun auch klar, dass diese Bundesversammlung ganz anders ablaufen wird als die Vorherigen – alles unter den Vorgaben von Corona. Von daher fallen alle Veranstaltungen und Treffen vor und nach der Wahl aus. Das Programm beschränkt sich auf die ökumenische Morgenandacht in der St. Marienkirche; um 12 Uhr beginnt die Bundesversammlung mit der Ansprache der Präsidentin des Deutschen Bundestages im Paul-Löbe-Haus. Gegen 12.15 Uhr startet der 1. Wahlgang mit Namensaufruf. Die Bundesversammlung endet mit der Ansprache des Gewählten. Eine feierliche Stimmung kommt natürlich unter der Corona-Situation nicht auf. Aber die Möglichkeit der Teilnahme begeistert mich sehr. Ich selber fühle mich erst als Mitglied der Bundesversammlung, wenn ich wirklich im Paul-Löbe-Haus sitze. Bis dahin hoffe ich sehr, dass ich mich nicht mit Corona infiziere und mein Traum vorher endet. Voraussetzung der Teilnahme ist natürlich ein negativer Test. Drücken Sie mir die Daumen, dass es klappt.“

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