Neues Künstlerbuch Paris - Krefeld: Künstler und ihre Farben

Krefeld · Jeder Künstler hat seine Farbe: Dieser These ist Band II der Forschungsreihe „Paris - Krefeld“ gewidmet. Kunstwissenschaftler decken spannende Bezüge zwischen Yves Klein und Beuys, Zangs und Luther auf.

 Herausgeberin Magdalena Broska mit  „Paris -Krefeld: Jedem Künstler seine Farbe“, das nächste Woche im Pagina-Verlag erscheint in einer Auflage von 1000 Stück.

Herausgeberin Magdalena Broska mit  „Paris -Krefeld: Jedem Künstler seine Farbe“, das nächste Woche im Pagina-Verlag erscheint in einer Auflage von 1000 Stück.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wenn es in der Kunst um Farben geht, genügt ein Name, damit jeder weiß, welcher Blauton gemeint ist: Yves Klein. Der Franzose hat den intensiven Farbton registrieren lassen. Er ist sein Markenzeichen. Das Blau hat er mit dem Konzept der Monochromie nach Deutschland gebracht: 1957 stellte er erstmals in der Düsseldorfer Galerie Schmela aus, 1961, ein Jahr vor seinem Tod, hatte er eine von der ganzen Kunstwelt beachtete Retrospektive im Krefelder Museum Haus Lange. Das war nicht nur der Beginn der Zero-Bewegung. Auch Joseph Beuys, Herbert Zangs und Adolf Luther hat Kleins Kunstkosmos beeinflusst, auch sie haben ihre Farbmarken gesetzt.

Ein Forschungsprojekt der Krefelder Adolf-Luther-Stiftung untersucht im Band II der Reihe „Paris-Krefeld“ die Zusammenhänge und die Entwicklungen, in denen die Künstler zu ihren Farben kamen. Das Cover zu „Jedem Künstler seine Farbe“ gibt sie in entsprechender Schrift bereits vor: Joseph Beuys ist braun, Yves Klein blau, Herbert Zangs grau und Adolf Luther weiß.

Doch die Kunstgeschichte ist nicht so simpel wie Malen nach Zahlen. Deshalb ist der reich bebilderte, 200 Seiten starke Band, der in der kommenden Woche in deutscher und französischer Sprache erscheint, ein Buch, um sich darin zu vertiefen, um neue Zusammenhänge zu sehen, neue Quellen zu deuten und zu erkennen, dass manches ganz selbstverständlich hingenommen wurde, was eigentlich längst eine spannende These verdient hatte.

Magdalena Broska, Vorsitzende der Adolf-Luther-Stiftung und Herausgeberin des Bandes, zeigt, wie eng Krefeld und Paris über die Farbe verbunden sind. In der französischen Kunst hatte die Farbe seit ihren Anfängen große Bedeutung. „Und in Krefeld als Textilstadt war der Boden für das Thema vorbereitet“, sagt Broska. Bevor der damalige Museumsdirektor Paul Wember Yves Klein entdeckte und das Blau-Fieber mit erhöhte, hatte sein Amtsvorgänger Max Creutz schon der Farbe eine große Ausstellung gewidmet.

Für Yves Klein war das Blau die Farbe des Himmels von Nizza, Symbol von Weite und Freiheit und sollte sein Erkennungszeichen bleiben, auch wenn er mit Rot, Pink, Gold monochrom arbeitete. Joseph Beuys, der Klein nie kennengelernt hat, muss beeindruckt gewesen sein. 1962 zeichnete er die „Demonstration zur Todesstunde von Yves Klein“, deren Chiffren, skizzierte Symbole und deckende weiße Farbflächen sich nicht einfach entschlüsseln lassen. Broska stellt den Zusammenhang zu der Symbolsprache der Freimaurer und Rosenkreuzer her, denen Yves Klein gehörte, und legt eine innige, spirituell geprägte Verbindung zwischen den Künstlern dar und stößt eine Tür zu einer geheimnisvollen Welt auf.

Beuys Reaktion auf das strahlende Blau war sein „Fußbodenbraun“, heißt Broskas These. Beuys hat den wichtigen Künstlern seiner Zeit immer etwas entgegengesetzt. Das Braun, belegt Broska, war schon in den frühen Zeichnungen da: Beuys benutzte Eisenchlorid  und Blut, Flüssigkeiten, die chemische Reaktionen auslösten. „Die chemische Bewegung war analog zu seinem Frauenbild. Für Beuys war die Frau Bewegung und Aktivität“, so Broska. Um 1960 verändern sich die Materialien, es entstehen monochrome Flächen, das Braun wird deckend wie ein Fußbodenbelag. Und ein Erkennungszeichen der Beuys-Kunst.

Von Adolf Luther, der auf der Suche nach der Entmaterialisierung auf das Schwarz kam, heute als Künstler des Lichts viel öfter mit Weiß in Verbindung gebracht wird; von Herbert Zangs, der mit Verweißungen berühmt wurde, und auch mal das Schwarz für sich beanspruchte, was zu einem vehementen Streit mit Luther führte, an dem ihre Freundschaft zerbrach, erzählt das Buch. Klaus Honnef, ein Weggefährte Luthers, schlägt das Beziehungskapitel der beiden berühmten Krefelder auf.

Die Kunsthistorikerin Susannah Cremer-Bermbach, die sich seit 1993 intensiv mit Herbert Zangs und seinem Werk beschäftigt und 1996 eine Maßstäbe setzende Werkmonografie veröffentlichte, verfolgt die Farbspuren des Künstlers vom Frühwerk bis zu den weißen Jahren und setzt sie in Kontext zu jenen Künstlern der Avantgarde, die ebenfalls mit Weiß und Alltagsmaterialien arbeiteten. – Eine intensive Lektüre, die sich lohnt.

„Paris-Krefeld: Jedem Künstler seine Farbe“ erscheint in der kommenden Woche. Im Buchhandel kostet der Band 30 Euro. ISBN-Nr. 978-3-9803321-2-5

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