Krefeld Pädophiler verübt Straftat unter Aufsicht

Krefeld · Ein vorbestrafter Krefelder näherte sich trotz gerichtlich verhängter Führungsaufsicht unerlaubt einem achtjährigen Mädchen. Die Führungsaufsicht soll auch Straftaten verhindern – das ist im konkreten Fall offensichtlich nicht gelungen.

 Die Stelle für Führungsaufsicht in der Samt- und Seidenstadt ist beim Landgericht in Krefeld angesiedelt.

Die Stelle für Führungsaufsicht in der Samt- und Seidenstadt ist beim Landgericht in Krefeld angesiedelt.

Foto: Thomas Lammertz

Ein vorbestrafter Krefelder näherte sich trotz gerichtlich verhängter Führungsaufsicht unerlaubt einem achtjährigen Mädchen. Die Führungsaufsicht soll auch Straftaten verhindern — das ist im konkreten Fall offensichtlich nicht gelungen.

Die Gefährlichkeit des 25-jährigen Krefelders war aktenkundig. Der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern mehrfach vorbestrafte Mann musste sich deshalb von Minderjährigen fernhalten. Eine Strafvollstreckungskammer hatte ihn vorsorglich unter Führungsaufsicht gestellt.

Prozessbeobachter im Landgericht Krefeld fragten sich nun allerdings, was eine solche Auflage zu leisten imstande ist: Der erneut Angeklagte konnte trotz Aufsicht offenbar unbemerkt über längere Zeit munteren Kontakt zu einer Achtjährigen aus dem Kinderheim Kastanienhof pflegen, ihr Briefe schreiben und sie auf den Mund küssen.

Simone Grupe, Sprecherin des Landgerichts in Krefeld, machte gestern auf Anfrage unserer Zeitung deutlich, dass mit einer Führungsaufsicht keine "lückenlose Betreuung" der Person verbunden sei. Die Führungshilfe sei wie auch die Bewährungshilfe beim Ambulante Sozialen Dienst (ASD) angesiedelt. Dort kümmere man sich um den Menschen, treffe sich regelmäßig, um ihn zu beraten. Der Rhythmus zunächst wöchentlicher Kontakte könnte mit der Zeit gelockert werden. Das hänge vom Fortschritt der Person ab. Es gehe darum, den Schritt zurück in die Gesellschaft zu begleiten.

"Die Führungsaufsicht hat Straftätern mit ungünstiger Sozialprognose unter anderem nach Verbüßung der Strafhaft oder dem Ende einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie einer Entziehungsanstalt eine Lebenshilfe für den Übergang in die Freiheit zu geben und sie zu überwachen", heißt es in einer Information des Landgerichts. Die Führungsaufsicht wurde 1975 eingeführt und löste die rechtsstaatlich als bedenklich angesehene Polizeiaufsicht ab.

Sie soll dem Gedanken der Resozialisierung Rechnung tragen, aber mit ihren erweiterten Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten Straftaten verhindern und insbesondere relevante negative Sozialentwicklungen rechtzeitig feststellen sowie erforderliche Maßnahmen zur Abwehrhilfe ergreifen", heißt es weiter. Der Erfolg der Führungsaufsicht hänge ganz wesentlich von der inhaltlichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen ASD und Führungsaufsichtsstelle, aber auch mit dem aufsichtsführenden Gericht ab, beschreiben die Verantwortlichen selbst die Voraussetzungen für den Erfolg.

In besagtem Fall haben die Mechanismen offensichtlich über einen gewissen Zeitraum nicht optimal funktioniert. Gleichwohl musste der 25-Jährige sich erneut vor Gericht verantworten. Die Große Strafkammer verhängte eine Unterbringung in der Psychiatrie für unbestimmte Zeit. Ein Sachverständiger hatte ihm verminderte Schuldfähigkeit attestiert, weitere Störungen erkannt, die ihn gefährlich machten. Außerdem verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften.

"In diesem Monat stehen rund 250 Personen im Zuständigkeitsbereich unter Führungsaufsicht", berichtete Uwe Lambrecht, Sprecher des Landgerichts.

(RP/rl/anch)
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