Krefeld O du fröhliche – Weihnachten in aller Welt

Krefeld · Mit ihren Gastfamilien werden sieben Austauschschüler der Friedensorganisation AFS ihr erstes Weihnachten in Deutschland feiern.

 Die Austauschschüler bei ihrem Besuch in der Redaktion (von links): Hanna, Anastasia, Stephen, Marta, Leo , Buket und Natascha.

Die Austauschschüler bei ihrem Besuch in der Redaktion (von links): Hanna, Anastasia, Stephen, Marta, Leo , Buket und Natascha.

Foto: THOMAS LAMMERTZ

Seit September lebt Natasha Tadic nun schon bei ihren Gasteltern in Krefeld. Die 17-Jährige stammt aus Bosnien-Herzegowina und wird weitere zehn Wochen lang eine fremde Familie und die Montessori-Gesamtschule am Inrath besuchen. Viele Eigenschaften und Marotten der Deutschen hat sie bereits liebgewonnen, etwa die berühmt-berüchtigte Pünktlichkeit oder unseren Hang zur Ordnung.

Dagegen dürfte das anstehende Weihnachtsfest eine Zäsur für sie darstellen, so grundlegend anders wird es in ihrem osteuropäischen Heimatland gefeiert. "Wir beschenken uns nicht zu Weihnachten, sondern an Neujahr", erklärt Natasha. Das eigentliche Fest wird nach dem julianischen Kalender dann am 6. Januar gefeiert.

"Es ist unser Brauch, dass die Frauen Brot backen und eine Geldmünze darin verstecken. Wer sie findet, hat im neuen Jahr Glück." Die zahnfreundlichere Variante lernt Natasha in diesem Jahr kennen, sie wird den kulturellen Balanceakt meistern, indem sie einfach zweimal feiert: "Einmal mit meinen Gasteltern am 24. Dezember und zusätzlich am Neujahrstag so, wie ich es kenne. Allerdings habe ich gehört, dass hier in Deutschland am Tag nach Silvester alles stillsteht."

In Russland, der Heimat von Anastasia Sapiga, feiern die Menschen auch erst am 6. Januar: "Den ganzen Tag über wird gebetet, um Mitternacht gibt es dann schließlich ein riesiges Festessen", frohlockt die ansonsten eher stille und zurückhaltende 15-Jährige. Für die Russen endet dann eine 40-tägige Fastenzeit, deren Ende zelebriert wird.

Nur wenig umstellen muss sich dagegen der 16-jährige Stephen Sarver aus Ohio. Die vorweihnachtliche Zeit wird in seiner Heimat wie auch hierzulande immer stärker durch Konsum geprägt. "Der größte Unterschied liegt darin, dass wir Heiligabend am 25. Dezember feiern."

Wenn er jedoch einen Tag zuvor mit seiner Gastfamilie anstößt, dürfte ein Weihnachtsgericht ganz oben der Wunschliste stehen, denn er hat es erst hier kennengelernt und Gefallen daran gefunden: "Knödel." Seine Gastmutter Susanne Hurter hört zu, als er das sagt, und muss lachen. Hurter betreut ehrenamtlich das Austauschprogramm der AFS und nimmt jedes Jahr selbst Jugendliche auf. "Das hat angefangen, als meine Kinder jünger waren. Die fanden es immer toll, Gleichaltrige im Haus zu haben, mit denen sie etwas unternehmen konnten."

Ihre Kinder sind mittlerweile älter geworden und helfen der Mutter, die Gäste zu betreuen. Wie etwa Leo Urquieta Rocha (17) und Hanna Unzueta Schink (16) aus Bolivien. Die Beiden kannten bislang nur ein Weihnachtsfest, das ohne große Inszenierungen auskommt. "In Bolivien gibt es zwar auch Geschenke zu Weihnachten, aber die sind weniger wichtig als hier. Außerdem schmücken wir keinen Weihnachtsbaum", sagt Leo.

Hanna ergänzt: "Wir beschränken uns auf Heiligabend und den ersten Weihnachtsfeiertag. Eine Adventszeit gibt es bei uns in Bolivien nicht."

Buket Hepdaraan (16) aus dem islamisch geprägten Istanbul feiert als Nicht-Christin qua Religion kein Weihnachten. "Unser großes Fest ist Silvester, dann schmücken wir mehrere Weihnachtsbäume mit Lametta. Den Rutsch ins neue Jahr wird Buket aber wohl nicht mit hier geborenen Deutschtürken feiern, obwohl diese einen großen Bevölkerungsanteil in Krefeld ausmachen.

"Ich verstehe das mir fremde Deutsch besser als deren Türkisch - und das will schon etwas heißen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden." Wenn das mal keine versöhnlichen Schlussworte sind, passend zum Fest.

(RP/rl)
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