Krefeld Neues Heimmodell - einziger Test in Krefeld

Krefeld · Alle vier Einrichtungen der Städtischen Seniorenheime Krefeld können jetzt auch ambulant tätig werden und im Umkreis lebende Menschen versorgen. Es ist der landesweit einzige Träger, der dieses Modell erproben darf.

 Vor dem Seniorenheim Bischofstraße in Oppum (v. l.): Jürgen Ortmanns (Eichrichtungsleiter), Jörg Schmidt (Geschäftsführer Seniorenheime) und Thilo Forkel, Vorsitzender des Bürgervereins in Oppum.

Vor dem Seniorenheim Bischofstraße in Oppum (v. l.): Jürgen Ortmanns (Eichrichtungsleiter), Jörg Schmidt (Geschäftsführer Seniorenheime) und Thilo Forkel, Vorsitzender des Bürgervereins in Oppum.

Foto: Thomas Lammertz

Zwei Jahre hat die Geschäftsleitung der Städtischen Seniorenheime mit den Pflegekassen verhandelt; das Ergebnis ist ein in Nordrhein-Westfalen einzigartiges Vertragswerk: Der neue Gesamtversorgungsvertrag ermöglicht erstmals, dass alle vier Einrichtungsstandorte in Oppum, Linn, Hüls und Kempener Feld jetzt auch ambulant tätig werden können und im Umkreis lebenden Senioren pflegerische sowie hauswirtschaftliche Leistungen anbieten dürfen.

"Die Vertragskonstruktion sieht vor, dass diese Leistungen ausschließlich in definierten Straßenzügen in einem Umkreis von 800 Metern um die jeweiligen Einrichtungen erbracht werden dürfen", erklärt Geschäftsführer Jörg Schmidt. Die Städtischen Seniorenheime sind einziger Träger in NRW, die das zukunftsweisende Konzept erproben dürfen. Das zunächst für drei Jahre geplante Modell soll vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen wissenschaftlich begleitet werden.

"Die Besonderheit ist, dass wir keinen eigenen Pflegedienst gegründet haben, sondern die Leistungen mit Personal aus unserem Haus erbringen", erklärt Jürgen Ortmanns, Einrichtungsleiter in Oppum. Die Idee, die dahintersteckt, ist die Entwicklung eines Quartierskonzepts, mit dem Ziel, eine niederschwellige Öffnung der Senioreneinrichtungen zu erreichen und sie mit den Stadtteilen zu verknüpfen. Pflegekräfte können auf kurzen Wegen die Patienten in der Nachbarschaft erreichen, umgekehrt können Senioren Angebote in der Einrichtung, zum Beispiel das Mittagsessen, wahrnehmen, ohne dort zu wohnen, aber Einrichtung und Personal kennenlernen.

"Seit geraumer Zeit beobachten wir, dass unsere Einrichtungen als Anlaufpunkt für Versorgungs- und Betreuungswünsche genutzt werden. Dabei stellen wir zunehmend fest, dass die Bedürfnisse der Nachfragenden sich verändern", sagt Schmidt. Da sich die körperlichen aber auch kognitiven Situationen älterer Menschen oft veränderten, benötigten die Betroffenen flexible Angebote, die sich mit ihrem Bedarf entwickeln können - von Lebensmitteleinkauf und Rasenmähen bis hin zur Palliativpflege.

Einer der Leitgedanken des Konzepts sei es, den "Einbahnstraßencharakter" der stationären Pflege aufzubrechen, erklärt der Geschäftsführer. "Unter Umständen kann in diesem Zusammenhang auch mit dem Dogma gebrochen werden, dass die stationäre Betreuung fast immer auch der Endpunkt in der pflegerischen Versorgungskette ist. Aus unserer Sicht können stationär betreute Bewohner durchaus wieder in das ursprüngliche oder in ein alternatives häusliches Umfeld zurückziehen, wenn dort eine angemessene pflegerische, soziale und hauswirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist." Als Beispiel nennt Jürgen Ortmanns die Demenzerkrankung. "Die hohe Mobilität von Demenzerkrankten kann Angehörige überfordern, so dass eine stationäre Pflege angebracht ist. Im Verlauf der Erkrankung nimmt die Mobilität dann aber oft wieder ab, so dass der Erkrankte durchaus wieder ins familiäre Umfeld zurückkehren könnte. Das wird viel leichter, wenn der pflegerische Anteil von Personal erbracht wird, das bereits bekannt ist."

Ein Prozess, der Zeit brauche, und politisch gewünscht sei. "Das ist das Modell der Zukunft: Die Trennung zwischen ambulant, teilstationär und stationär aufheben", sagt Schmidt. "Die Pflege wird dadurch bezahlbarer, auch, weil wir, im Gegensatz zu ambulanten Pflegediensten, keine hohen Vorhaltekosten für Personal und Fahrzeuge haben."

Die ambulanten Angebote gelten ab sofort für alle vier städtischen Einrichtungen, Ansprechpartner sind die Einrichtungsleiter. Der Bürgerverein Oppum informiert zudem im Rahmen seiner Mitgliederversammlung am Dienstag, 19. Mai, 19 Uhr, in der Gaststätte Zum Hochfeld, Hochfelder Straße 59, über das Konzept.

(RP)
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