Krefeld Neue Logistik-Studie: Krefeld ist Schlusslicht

Krefeld · Die Logistikbranche ist nicht überall willkommen: Verkehr, Lärm, Schmutz, Flächenverbrauch und vergleichsweise wenige, schlecht bezahlte Arbeitsplätze werden mit ihr in Zusammenhang gebracht. Die Branche hat ein echtes Imageproblem. Die IHK stellte gestern eine Studie über die Logistik am Mittleren Niederrhein vor, um die Diskussion zu versachlichen.

 Projektleiterin Jutta Peters von der Prognos AG.

Projektleiterin Jutta Peters von der Prognos AG.

Foto: Thomas Lammertz

Das Bild von Krefeld als Logistikstandort Nummer eins in der Region muss korrigiert werden: Die Stadt ist im Bezirk Mittlerer Niederrhein der Industrie- und Handelskammer nur Schlusslicht in Bezug auf die Zahl der Arbeitsplätze. Vorn liegt der Rhein Kreis Neuss mit 16.400 Beschäftigten, gefolgt von der Stadt Mönchengladbach mit 12.500 und dem Kreis Viersen mit 10.500 Beschäftigten in den Sparten Verkehr und Lagerung. Für Krefeld stehen 8890 zu Buche; 2008 waren es noch 4530. Mit einem Anteil von 10,4 Prozent aller 85.480 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Krefeld bleibt der Bereich Logistik hinter dem Durchschnitt im Kammerbezirk von zwölf Prozent zurück.

Überraschung Nummer zwei: Einige große Logistikzentren in der Seidenstadt wie Netto, DSV, Asics, DHL, Bauhaus und andere dominieren zwar das Bild, sind aber nicht maßgebend. Rund 80 Prozent der Unternehmen haben weniger als 50 Mitarbeiter auf der Lohnliste, und sie arbeiten in der Region für die Region. Die Geschäftsbeziehungen sind oft über die Jahre gewachsen. "Die Logistikbranche ist der Schmierstoff für die heimische Wirtschaft", bilanziert die Prognos AG im Auftrag der IHK. 700 Logistiker und 2000 Verladerbetriebe sind schriftlich befragt worden. Rund 15 Prozent haben geantwortet. "Wir kommen deshalb zu repräsentativen Ergebnissen", sagt Projektleiterin Jutta Peters.

Das Aufgabenfeld steige in Umfang und Anspruch mit der Größe des Unternehmens. Vom reinen Transport und der Lagerhaltung bis hin zu Etikettierungen und Vormontagen. Damit einher geht auch der Anspruch an die Mitarbeiter. Ausbildung und Qualifizierung stehe für die Firmenleitungen an vorderer Stelle.

Die Logistikbranche wachse. Seit 2008 ist die Zahl der Beschäftigten um 36 Prozent gestiegen. Auf Landesebene waren es nur 9,7 Prozent. Angeboten werden überwiegend Stück- und Massenguttransporte auf der Straße mit dem Lastwagen. 96,5 Prozent der Touren erfolgen mit Lkw, 18,4 Prozent mit dem Schiff, 14,9 Prozent über die Schiene und 12,9 Prozent durch die Luft (Mehrfachnennungen waren möglich).

Der Großteil der verladenden Wirtschaft aus den regionalen Schlüsselbranchen Nahrungsmittelindustrie, metallverarbeitende Industrie, Chemie, Maschinenbau und Automatisation vergebe ihre Aufträge an Logistiker aus der Region, informiert Jutta Peters.

Logistik habe mit Vorurteilen zu kämpfen, die durch die Studie wiederlegt würden, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Die Branche sei am Niederrhein ein Wachstums- und Beschäftigungsmotor. Davon profitiere die Region sehr.

Wichtig seien in diesem Zusammenhang der Erhalt und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die Verfügbarkeit von Flächen. Für Industrie und Gewerbe stehe weniger als drei Prozent der Fläche zur Verfügung, und die sei nur zu zwei Drittel für die Belange der Wirtschaft zu nutzen, erklärt Steinmetz. Im Hinblick auf die Verkehrsinfrastruktur lenkt Steinmetz den Blick noch einmal auf das bis 2030 prognostizierte Umschlagwachstum von 60 Prozent in den so genannten ZARA-Häfen - Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam - und die Anregungen der IHK zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans. Darin stimmt die Kammer für den sechsspurigen Ausbau der Autobahnen A61, A44 und A52; die Ertüchtigung der Schienentrassen Eiserner Rhein und Betuwe-Linie sowie für den Ausbau des Hafenbahnhofs in Krefeld-Linn.

Steinmetz begrüßt die Ausweisung interkommunaler Gewerbeflächen wie im Krefelder Süden an der A 44 mit der Stadt Meerbusch vorgesehen. Beim Nachbarn muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. "Wir müssen den Imagewandel der Logistikbranche vorantreiben", erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

(sti)
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